Rz. 37
Der Schuldner kann sich im vorliegenden Fall mit der Vollstreckungsabwehrklage, auch Vollstreckungsgegenklage genannt, gem. § 767 ZPO gegen die Vollstreckung wehren. Sachlich und örtlich zuständig ist ausschließlich das erstinstanzliche Prozessgericht (vgl. §§ 767 Abs. 1, 802 ZPO).
Die Vollstreckungsgegenklage beseitigt nur die Vollstreckbarkeit eines Urteils, nicht den ursprünglichen materiellen Anspruch. Aus diesem Grunde kann die Klage auch nur auf solche Einwendungen gegen den materiellen Anspruch des jeweiligen Vollstreckungstitels gestützt werden, die nach der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung entstanden sind, § 767 Abs. 2 ZPO. Andere Einwendungen sind präkludiert. Hierbei kommt es lediglich auf das objektive Bestehen der Einwendungen im Vorprozess an, nicht auf die Kenntnis des Berechtigten. Die Klage ist begründet und hat Erfolg, wenn eine durch die Präklusionswirkung nicht ausgeschlossene Einwendung feststeht, der Kläger Vollstreckungsschuldner und der Beklagte Vollstreckungsgläubiger des fraglichen Titels ist.
Da die Vollstreckungsgegenklage lediglich die Vollstreckbarkeit des Titels beseitigt, ist sie nur und ausschließlich auf die Titel anwendbar, die einen vollstreckbaren Inhalt haben. Die Klage ist statthaft, wenn der Kläger materiell-rechtliche Einwendungen, also rechtsvernichtende (z.B. Erfüllung, Erlass, Aufrechnung etc.) oder rechtshemmende (z.B. Verjährung, Stundung etc.), gegenüber dem titulierten Anspruch erhebt. Bei Urteilen als Grundlage der Zwangsvollstreckung ist es zur Begründetheit der Klage gem. § 767 Abs. 2 ZPO erforderlich, dass diese Einwendungen erst nach dem Schluss der letzten mündlichen Verhandlung entstanden sind (Präklusionswirkung). Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Entstehung der Einwendung, nicht die Kenntnis des Schuldners. Bei Versäumnisurteilen und Vollstreckungsbescheiden sind Einwendungen, die bis zur mündlichen Verhandlung (bei Versäumnisurteilen) bzw. bis zur Zustellung (bei Vollstreckungsbescheiden) entstanden waren, präkludiert. Auch Einwendungen, die nach diesem Zeitpunkt, aber bis zum Ablauf der Einspruchsfrist entstanden sind, sind präkludiert. Bei anderen Vollstreckungstiteln, die der Rechtskraft fähig sind (z.B. § 794 Abs. 1 Nr. 2, 2a, 3 und 4a ZPO), gilt § 767 Abs. 2 ZPO entsprechend. Sind die Entscheidungen nicht aufgrund mündlicher Verhandlung ergangen, bestimmt sich die Präklusionswirkung nach dem Zeitpunkt, in dem die letzte Äußerung des Schuldners vor Entscheidungserlass eingegangen ist. Für Prozessvergleiche gilt die Präklusionswirkung des § 767 Abs. 2 ZPO nicht. Zu beachten ist aber, dass über rechtshindernde Einwendungen gegen Prozessvergleiche durch Fortsetzung des ursprünglichen Verfahrens entschieden wird. Auch vollstreckbare Urkunden sind nicht der Rechtskraft fähig. Bei diesen gilt daher die Beschränkung nach § 767 Abs. 2 ZPO ebenfalls nicht (§ 797 Abs. 4 ZPO), soweit nicht das Gegenteil in der Urkunde vereinbart ist.
Bei einer wiederholten Vollstreckungsgegenklage kommt die Präklusionswirkung des § 767 Abs. 3 ZPO zum Zuge. Der Schuldner ist mit allen Einwendungen ausgeschlossen, die er bis zum Schluss der letzten Tatsachenverhandlung der ersten Vollstreckungsgegenklage hätte geltend machen können. Die Präklusionswirkung des § 767 Abs. 3 ZPO gilt auch bei Titeln, die der Rechtskraft nicht fähig sind.
Gegen das Urteil steht dem jeweils Beschwerten die Berufung nach §§ 511 ff. ZPO zu. Einstweiliger Rechtsschutz kann nach § 569 ZPO gewährt werden.