Rz. 103
Der Schuldner steht regelmäßig auch in Rechtsbeziehungen zu anderen, aus denen ihm Ansprüche gegen diese Dritten zustehen, beispielhaft Ansprüche als Arbeitnehmer gegen den Dritten als Arbeitgeber oder als Kontoinhaber gegen das Kreditinstitut, bei dem seine Konten geführt werden. Bei der Forderungspfändung geht es um den Vollstreckungszugriff des Gläubigers auf die Forderung, die dem Schuldner gegen den Dritten, den sog. Drittschuldner, zusteht. Drittschuldner ist also der Schuldner des zu pfändenden Rechtes. Die Forderungspfändung bietet gegenüber der Sachpfändung den Vorteil, dass die Möglichkeiten des Schuldners, die Vollstreckung zu vereiteln, geringer sind, solange er von dem Zugriff keine Kenntnis hat. Eine vorherige Anhörung des Schuldners zum Pfändungsgesuch ist nach § 834 ZPO ausdrücklich nicht vorgesehen. Dies gilt auch für die Pfändung von Sozialgeldleistungen (vgl. § 54 SGB I).
a) Zulässigkeit
Rz. 104
Bzgl. der Zulässigkeit der Forderungspfändung kann auf die Ausführungen zu den allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen verwiesen werden. Diese Voraussetzungen müssen bei der Forderungspfändung ebenfalls vorliegen. Hinzu kommt allerdings, dass der Vollstreckungsantrag, der sogenannte Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, in besonderer Weise bestimmt sein muss, was die Bezeichnung von Gläubiger, Schuldner, Drittschuldner, der Vollstreckungsforderung und insbesondere der zu pfändenden Forderung betrifft. Funktionell zuständig für die Forderungspfändung ist das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht gem. §§ 828 Abs. 1, 2, 764 ZPO. Nach § 20 Nr. 17 RPflG entscheidet das Vollstreckungsgericht durch den Rechtspfleger. Örtlich ausschließlich zuständig ist das Amtsgericht, bei dem der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat (§§ 828 Abs. 2, 13, 17 ff. ZPO). Hilfsweise ist auch das Amtsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk sich das Vermögen des Schuldners befindet (§ 23 ZPO). Nach § 829 Abs. 4 ZPO i.V.m. der Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung ist der Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses formgebunden. Allerdings hat der BGH diese Verpflichtung aufgeweicht. Die den Formularzwang für Anträge auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses regelnden Rechtsnormen können nach dem BGH verfassungskonform dahin gehend ausgelegt werden, dass der Gläubiger vom Formularzwang entbunden ist, soweit das Formular unvollständig, unzutreffend, fehlerhaft oder missverständlich ist. Die in einer Reihe von Entscheidungen geäußerte Kritik des BGH hat der Verordnungsgeber aufgenommen und ein geändertes Formular mit Zustimmung des Bundesrates für verbindlich erklärt (siehe Rdn 114), das etwas flexibler ist – was die Frage nach der Sinnhaftigkeit eines Formularzwanges aufwirft –, gleichwohl aber noch eine Vielzahl von Praxisproblemen ungelöst lässt, die in diesem Formularbuch nicht angesprochen werden können. Die Rechtsprechung des BGH zu dem bisherigen Formular bleibt also weiter aktuell. Insbesondere bei zu berücksichtigenden Teilzahlungen ist die in dem Formular integrierte Forderungsaufstellung nicht zu gebrauchen.
Nach § 829a ZPO kann die Antragstellung unter den dort genannten Voraussetzungen auch elektronisch erfolgen. Davon sollte aus Kostengründen sowie zur Nutzung der Zeitvorteile Gebrauch gemacht werden. Es ist davon auszugehen, dass die Nutzung dieser Verfahren in den nächsten Jahren zur Pflicht wird.
b) Antrag
Rz. 105
Bei dem notwendigen Pfändungsantrag ist insbesondere darauf zu achten, dass eine genaue Bezeichnung der zu pfändenden Forderung erfolgt. Das vorgegebene Formular nach der Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung nennt zwar eine Reihe von Rechten, ohne tatsächlich alle Ansprüche in deren Kontext zu erfassen, und sieht dazu vor, frei sonstige Ansprüche zu pfänden (etwa Elterngeld oder Ansprüche aus dem Mietverhältnis). Es wird nur das Recht gepfändet, dessen Pfändung ausdrücklich beantragt wird. Diese Pfändung erfasst ohne Weiteres auch entsprechende Nebenrechte i.S.v. § 401 BGB, etwa das Kündigungsrecht oder auch Ansprüche auf Rechnungslegung oder Herausgabe von Unterlagen. Auf Antrag des Gläubigers ist bei einer Pfändung mehrerer Geldforderungen gegen verschiedene Drittschuldner die Pfändung durch einheitlichen Beschluss auszusprechen (vgl. § 829 Abs. 1 S. 3 ZPO). Das hat besondere Vorteile, weil die Kosten für den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss dann nur einmal anfallen und sich auch die Zustellungskosten bezogen auf den Schuldner verringern.
c) Zustellung
Rz. 106
Gemäß § 829 Abs. 3 ZPO wird die Forderungspfändung erst mit der Zustellung an den Drittschuldner wirksam. Daher ist im Hinblick auf die Rangwahrung darauf zu achten, dass der Drittschuldner richtig...