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Für jeden Fall der zwangsweisen Durchsetzung eines Anspruchs muss ein Vollstreckungstitel vorliegen. Vollstreckungstitel ist zunächst das Urteil (§ 704 ZPO), dann aber auch die in § 794 Abs. 1 ZPO genannten Titel, die mit dem Prozessvergleich, den Kostenfestsetzungsbeschlüssen, den Vollstreckungsbescheid sowie den vollstreckbaren notariellen Urkunden eine besondere praktische Bedeutung haben.[2] Zunehmende Bedeutung gewinnt auch der europäische Zahlungsbefehl nach § 794 Abs. 1 Nr. 6 ZPO nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006. Mit der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 wurde ein Europäischer Vollstreckungstitel eingeführt.[3] Einerseits betrifft er die Vollstreckung ausländischer Urteile in Deutschland und ersetzt das zuvor aufwändige Verfahren zur Herstellung der Vollstreckbarkeit. Er wirkt also wie eine Vollstreckungsklausel. Die nationalen Anpassungsvorschriften sind in den §§ 1079 ff. ZPO normiert. § 794 Abs. 1 Nr. 7 weist ihm die Funktion eines Vollstreckungstitels zu. Andererseits betrifft er die vereinfachte Vollstreckung von bestimmten deutschen Vollstreckungstiteln im Ausland.[4] Hierzu gehören Vollstreckungsbescheide, Anerkenntnisse und Versäumnisurteile sowie Prozessvergleiche und öffentlichen Urkunden, wie bspw. notarielle Urkunden und auch vollstreckbare Urkunden des Jugendamtes (§§ 59, 60 SGB VIII). Hier wird im Ausland ein besonderes Klauselverfahren bzw. ein Verfahren zur Vollstreckbarerklärung entbehrlich. Die Verordnung gilt in den EU-Mitgliedsstaaten mit Ausnahme Dänemarks und des türkisch verwalteten Teils Zyperns. Die jeweiligen inländischen Titel sollen ohne Vollstreckbarkeitserklärung in den EU-Mitgliedsstaaten vollstreckt werden können. Weitere Vollstreckungstitel im europäischen Bezug finden sich in § 794 Abs. 1 Nr. 8 und 9 ZPO.

Der in einem Vollstreckungstitel dokumentierte Anspruch verjährt nach § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB grundsätzlich in dreißig Jahren. Dies gilt allerdings nicht für regelmäßig wiederkehrende Leistungen, zu denen insbesondere die Zinsen, aber auch der Anspruch auf laufenden Unterhalt oder künftige Mieten gehören, die jeweils entsprechend § 197 Abs. 2 BGB bereits in drei Jahren verjähren. Durch einen entsprechenden Vollstreckungsauftrag kann diese Verjährung unterbrochen werden. Die Vollstreckungshandlung führt nach § 212 Abs. 1 Nr. 2 BGB dazu, dass die Verjährung – taggenau – neu, d.h. nun wieder für drei Jahre, beginnt.[5]

 

Praxishinweis:

Dies gilt allerdings nicht, wenn der Vollstreckungsauftrag später zurückgenommen wird. Eine Zurücknahme des Vollstreckungsauftrages liegt dabei auch in der Entgegennahme einer Fruchtlosigkeits- oder Unpfändbarkeitsbescheinigung, § 32 Abs. 1 S. 2 GVGA, was dementsprechend vermieden werden sollte. Im Formular für den GV-Auftrag kann dies im Modul K4 ausgeschlossen werden.

Der Rechtsanwalt muss die Verjährungsüberwachung gewährleisten und den Mandanten auf die Verjährungsfristen beim Abschluss des Mandates hinweisen, wenn der Schuldner den Anspruch in diesem Zeitpunkt noch nicht erfüllt hat.

Die Vollstreckung aus dem Titel findet grds. nur für und gegen die Parteien statt, die im Titel genannt sind, § 750 ZPO. Bei einer Vollstreckung gegen Rechtsnachfolger des Schuldners oder für solche des Gläubigers ist die Umschreibung des Titels nach § 727 ZPO erforderlich. Anders verhält es sich bei einer bloßen Namensänderung.[6]

[2] Bei etwas abseitigen Titeln kann auf die §§ 35 ff. der Gerichtsvollziehergeschäftsanweisungen (GVGA) zurückgegriffen werden, um zu kontrollieren, ob der Titel nach den zivilprozessualen Vorschriften vollstreckt wird.
[3] von Bernstorff, Durchsetzung von Forderungen in Europa, AW-Prax 2017, 269; Fawzy, Forderungsdurchsetzung in der EU – Das Ende der Exequatur, DGVZ 2015, 1; Bittmann, Der europäische Vollstreckungstitel, AnwBl. 2011, 378; Jennissen, InVo 2006, 218 und 263.
[4] Zöller/Geimer, ZPO, § 1079 Rn 1.
[5] Vgl. BGHZ 93, 295.
[6] Hierzu Goebel, Die Namensänderung als Vollstreckungshindernis, FoVo 2020, 201.

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