Es wird beantragt, von der vorläufigen Entziehung Lastkraftwagen der früheren Klasse 3 auszunehmen. Auch nach Änderung des § 9 FeV ist es zulässig, Lastkraftwagen von der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis auszunehmen (Backmann, VGT 2010, S. 163 ff.).
Gründe:
Da wegen des Bestandsschutzes der frühere Führerschein Klasse 3 auch nach Einführung des EU-Führerscheins zum Führen von Lastkraftwagen bis 7,5 t zulässigem Gesamtgewicht berechtigt, ist eine Ausnahmereglung nicht auf die jetzige Klasse C beschränkt (AG Königs-Wusterhausen zfs 2002, 42).
Unser Mandant, der beruflich Lastkraftwagen der Klasse 3 fährt, ist trotz seines Fehltrittes zum Führen solcher Fahrzeuge nicht ungeeignet.
Zwar ist kraft der gesetzlichen Vermutung im Falle einer Alkoholfahrt von der charakterlichen Ungeeignetheit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen auszugehen. Die Ungeeignetheit muss jedoch nicht umfassend sein. Vielmehr ist die Eignung nach h.M. in Wissenschaft (z.B. Stephan, DAR 1989, 1 ff.) und Rechtsprechung (z.B. LG Hamburg DAR 1996, 108; LG Saarbrücken zfs 2002, 307; OLG Naumburg DAR 2003, 573) durchaus teilbar, d.h., ein Täter, der mit seinem Pkw im privaten Umfeld eine Alkoholfahrt begangen hat, kann im beruflichen Bereich als Lkw-Fahrer durchaus noch geeignet sein. Das hat auch der Gesetzgeber so gesehen, wie die Motive zum 2. Straßenverkehrssicherungsgesetz (BT-Drucks IV/651, S. 19) oder § 111a Abs. 1 S. 2 StPO und § 69a Abs. 2 StGB zeigen. Aus den nachfolgend genannten Gründen kann nicht davon ausgegangen werden, dass unser Mandant für berufliche Lkw-Fahrten ungeeignet sei:
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass er seit mehr als 15 Jahren mit einer jährlichen Kilometerlaufleistung von 50.000 Kilometer am Straßenverkehr teilnimmt, ohne jemals nachteilig in Erscheinung getreten zu sein (Anlage: Auszüge Flensburg sowie Führerscheindatei).
Bei der beanstandeten Alkoholfahrt handelte es sich um eine reine Pkw-Privatfahrt ohne jeden Bezug zu seiner dienstlichen Tätigkeit, im Übrigen um eine reine "Ausreißertat" nach einem nicht geplanten und überraschenden Zusammentreffen mit ehemaligen Schulkameraden.
Dafür, dass es sich um ein einmaliges Versagen handelte, spricht letztlich auch die Höhe des Blutalkoholwertes in Verbindung mit den Feststellungen des blutentnehmenden Arztes. Zwar liegt der Wert mit 1,2 ‰ über dem Grenzwert für die absolute Fahruntauglichkeit, die Tatsache, dass trotz der nicht allzu hohen Blutalkoholkonzentration unser Mandant erhebliche Ausfallerscheinungen zeigte, lässt eindeutig darauf schließen, dass er nicht trinkgewohnt ist und demnach nicht unterstellt werden kann, er habe bereits mehrere unentdeckte Alkoholfahrten absolviert.
Im Falle einer Ausnahmebewilligung wäre der Sicherungszweck der Fahrerlaubnisentziehung nicht gefährdet. Unser Mandant bliebe nämlich auf reine Dienstfahrten mit dem Lkw beschränkt und stünde außerdem unter der ständigen Kontrolle seines Arbeitgebers, der die Einhaltung des während der Arbeitszeit geltenden strikten Alkoholverbotes ständig überwacht.
Ohne die beantragte Ausnahmebewilligung ist unser Mandant im Betrieb nicht mehr einsetzbar, so dass sein Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos kündigen müsste, wie dessen beiliegende Bescheinigung bestätigt. Dadurch geriete unser Mandant in eine finanzielle Notlage, zumal ihm wegen der dann selbst verschuldeten fristlosen Kündigung das Arbeitsamt für die ersten zwölf Wochen der Arbeitslosigkeit das Arbeitslosengeld sperren würde.
Es wird nicht verkannt, dass wirtschaftliche Gründe für sich alleine noch keine Ausnahmebewilligung rechtfertigen, es kann im vorliegenden Fall jedoch davon ausgegangen werden, dass spätestens der jetzt auf unserem Mandanten lastende finanzielle Druck ihn von weiteren relevanten Verstößen abhalten wird.
Nach alledem ist es gerechtfertigt, die Ausnahmebewilligung im beantragten Umfang zu gewähren.
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Rechtsanwalt