A. § 83 BGB n.F.
I. Gesetzestext
Rz. 1
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§ 85 Stiftungsverfassung Die Verfassung einer Stiftung wird, soweit sie nicht auf Bundes- oder Landesgesetz beruht, durch das Stiftungsgeschäft bestimmt. |
§ 83 Stiftungsverfassung und Stifterwille (1) Die Verfassung der Stiftung wird, soweit sie nicht auf Bundes- oder Landesgesetz beruht, durch das Stiftungsgeschäft und insbesondere die Satzung bestimmt. (2) Die Stiftungsorgane haben bei ihrer Tätigkeit für die Stiftung und die zuständigen Behörden haben bei der Aufsicht über die Stiftung den bei der Errichtung der Stiftung zum Ausdruck gekommenen Willen, hilfsweise den mutmaßlichen Willen des Stifters zu beachten. |
II. Begründung
Rz. 2
Begründung Regierungsentwurf
Zitat
Zu § 83 BGB-neu (Stiftungsverfassung und Stifterwille)
§ 83 BGB-neu regelt den Inhalt der Stiftungsverfassung und die Maßgeblichkeit des ursprünglichen Stifterwillens, den die Stiftungsorgane bei ihrer Tätigkeit für die Stiftung und die zuständigen Behörden bei der Aufsicht über die Stiftung beachten müssen.
Zu Absatz 1
Der Wortlaut des § 83 Absatz 1 BGB-neu entspricht weitgehend dem des bisherigen § 85 BGB. Die Stiftungsverfassung wird auch weiterhin durch Bundesrecht, Landesrecht und durch das Stiftungsgeschäft und insbesondere die Satzung bestimmt. Die Errichtungssatzung ist Teil des Stiftungsgeschäfts. Sie kann sich durch Satzungsänderung aber verändern. Durch die ausdrückliche Nennung der Satzung wird nicht nur die Bedeutung der Satzung für die Stiftungsverfassung hervorgehoben, sondern auch klargestellt, dass die Verfassung der Stiftung nicht durch die Errichtungssatzung, sondern die jeweils gültige Satzung bestimmt wird. Das maßgebliche Bundesrecht sind die §§ 80 bis 88 BGB-neu, das maßgebliche Landesrecht die Vorschriften der Landesstiftungsgesetze.
Zu Absatz 2
§ 83 Absatz 2 BGB-neu regelt, dass die Stiftungsorgane bei ihrer Tätigkeit für die Stiftung und die Stiftungsbehörden bei der Aufsicht über die Stiftung den bei der Errichtung der Stiftung zum Ausdruck gekommenen Willen, hilfsweise den mutmaßlichen Willen des Stifters zu beachten haben. Der Stifterwille ist insbesondere auch bei Satzungsänderungen zu berücksichtigen und bei Zulegungen oder Zusammenlegungen von Stiftungen. Der bei Errichtung der Stiftung zum Ausdruck gekommene Stifterwille ist regelmäßig der Stifterwille, der im Stiftungsgeschäft zum Ausdruck gekommen ist. Wenn sich aus dem Stiftungsgeschäft ein Stifterwille nicht eindeutig ergibt, können aber auch andere Dokumente, die im Zusammenhang mit der Errichtung der Stiftung erstellt wurden, zur Ermittlung des Stifterwillens herangezogen werden. Wenn der ausdrückliche Stifterwille nicht feststellbar ist, haben die Stiftungsorgane so zu handeln, wie es dem mutmaßlichen Willen des Stifters entspricht. Als der mutmaßliche Wille des Stifters ist der Wille anzusehen, der dem Interesse der Stiftung entspricht.
III. Anmerkungen und Hinweise
1. Stiftungsverfassung
Rz. 3
Die Regelung in § 83 Abs. 1 BGB n.F. entspricht weitgehend der des bisherigen § 85 BGB, allerdings mit dem Zusatz "und insbesondere die Satzung". Das führt allerdings nicht zu einer materiellen Rechtsänderung. Bereits oben bei § 81 BGB n.F. wurde näher erläutert, dass die Satzung Teil des Stiftungsgeschäftes ist (vgl. § 3 Rdn 9 ff.) Das folgt aus § 81 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F. Dort heißt es: "Im Stiftungsgeschäft muss der Stifter […] der Stiftung eine Satzung geben, die" […]. Diese deutliche Formulierung entspricht inhaltlich § 81 Abs 1. Nr. 1 BGB a.F. Der Gesetzgeber hat den Hinweis auf die Satzung als Teil des Stiftungsgeschäftes in der neuen Regelung also nur betont und nicht etwa einen neuen Bezug geschaffen. Unter Beachtung des Umstandes, dass wesentliche Regelungsbereiche aus den insoweit obsoleten Landesstiftungsgesetzen nun im BGB geregelt sind, wie etwa der Hinweis auf die Maßgeblichkeit des Stifterwillens in § 83 Abs. 2 BGB n.F., kann für § 83 Abs. 1 BGB n.F. also in vielen Punkten auf die Kommentierungen zu dem bisherigen § 85 BGB zurückgegriffen werden.
2. Stifterwille
Rz. 4
Die besondere und grundlegende Bedeutung des Stifterwillens wird zwar immer wieder betont, dennoch kommt seine Betrachtung regelmäßig zu kurz – und das auch bei der Gesetzesneufassung. Das ist ein Grund dafür, warum es in der Praxis immer wieder zu Fehlern kommt.
Der Stifterwille manifestiert sich ausdrücklich und vorrangig in dem Stiftungsgeschäft mit der Stiftungssatzung oder zeigt sich als nur hypothetischer (mutmaßlicher) Wille. Die neue Regelung zum Stifterwillen im BGB ist eine erfreuliche Klarstellung des Bundesgesetzgebers, fanden sich doch bisher entsprechende Regelungen nur in den – künftig wohl insoweit obsoleten – Landesstiftungsgesetzen. Die Klarstellung entspricht der schon bisherigen Rechtslage nach herrschender Meinung, wobei das Gesetz den in der Praxis oftmals maßgebenden mutmaßlichen (hypothetischen) Stifterwillen zu Recht hervorhebt. In der Gesetzesbegründung wird der mutmaßliche Stifterwille ausgehend von der herrschenden Meinung näher erläutert. Das ist erfreulich, ha...