Rz. 124

Für die Bewertung von Anrechten aus öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen enthält § 44 VersAusglG eine Sonderregelung, durch welche zum einen die Grundsätze der zeitratierlichen Bewertung (§ 40 VersAusglG, siehe dazu Rdn 76 ff.) für maßgeblich erklärt werden und zudem Bestimmungen für das Zusammentreffen von mehreren Versorgungen (§ 44 Abs. 2 und 3 Vers­AusglG, siehe dazu Rdn 130 ff.) sowie für die Bewertung der Versorgung von Beamten auf Widerruf und Soldaten auf Zeit (§ 44 Abs. 4 VersAusglG, siehe dazu Rdn 135 ff.) getroffen werden.

a) Anwendungsbereich

 

Rz. 125

§ 44 gilt nach seinem Abs. 1 für

Beamtenversorgungen,
Anrechte aus einem anderen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis,
Anrechte aus einem Arbeitsverhältnis, bei dem ein Anspruch auf eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen besteht.
 

Rz. 126

Von § 44 Abs. 1 Nr. 1 VersAusglG erfasst werden zunächst die Beamten i.S.d. Beamtenrechts einschließlich der beamteten Professoren und der Beamten auf Probe.[38] Ausgenommen sind lediglich die Beamten auf Widerruf, für die § 44 Abs. 4 VersAusglG eine Sonderregelung enthält (siehe dazu Rdn 135 ff.).

 

Rz. 127

Außerdem fallen unter § 44 Abs. 1 Nr. 1 VersAusglG alle Anrechte aus anderen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen, also die Versorgungen von Richtern, Soldaten (mit Ausnahme der Zeitsoldaten).

 

Rz. 128

Durch § 44 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG werden alle Anrechte aus einem Arbeitsverhältnis erfasst, bei dem ein Anspruch auf eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen besteht. Voraussetzung dafür ist zunächst, dass die Versorgung vom Arbeitgeber selbst gezahlt wird. Außerdem muss sie vollinhaltlich die Regelungen der beamtenrechtlichen Versorgungsordnungen übernehmen und in den wesentlichen Grundzügen einer Beamtenversorgung gleichkommen.[39] Zu denken ist etwa an Versorgungszusagen von Kammern an ihre Vorstände, von Kirchen und Ähnliches.

[38] BGH BGHZ 82, 362.
[39] BGH FamRZ 1994, 22; OLG Celle FamRZ 1995, 812.

b) Maßgeblichkeit der zeitratierlichen Bewertung

 

Rz. 129

Die in § 44 Abs. 1 VersAusglG genannten Anrechte sind zeitratierlich nach § 40 VersAusglG zu bewerten (§ 44 Abs. 1 VersAusglG). Wegen der Einzelheiten wird auf den Abschnitt über die Auswirkungen dieser Bewertungsmethode verwiesen (siehe oben Rdn 73 ff.).

c) Zusammentreffen mehrerer Versorgungen

 

Rz. 130

Hat ein ausgleichspflichtiger Ehegatte neben dem Anrecht auf beamtenrechtliche Versorgung noch andere Versorgungsanrechte, muss geprüft werden, inwieweit einzelne dieser Anrechte ruhen. § 44 Abs. 2 und 3 VersAusglG bezieht sich insoweit unmittelbar auf die Ruhensvorschriften des Beamtenrechts. Diese differenzieren danach, welche Arten von Anrechten zusammentreffen. Unterschieden werden das Zusammentreffen von mehreren Beamtenversorgungen oder Versorgungen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen (§ 54 BeamtVG, § 55 SVG), von Pension und Rente (§ 55 BeamtVG, § 55a SVG) und von Pensionen mit Versorgungen aus zwischen- oder überstaatlichen Verwendungen (§ 56 BeamtVG, § 55b SVG). Entsprechendes gilt für Abgeordnetenversorgungen (§ 29 AbgG).

 

Rz. 131

Treffen mehrere Pensionen oder Versorgungen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen zusammen, ist für die Wertberechnung von den gesamten Versorgungsbezügen, die sich nach Anwendung der Ruhensvorschriften ergeben, und von der gesamten in die Ehezeit fallenden ruhegehaltfähigen Dienstzeit auszugehen (§ 44 Abs. 2 VersAusglG). In diesem Fall liegen zwei zeitratierlich zu bewertende Versorgungen vor, da es sich bei beiden Versorgungen um solche handelt, welche unter § 44 Abs. 1 VersAusglG fallen. Die Berechnung erfolgt deswegen symmetrisch.[40] Das bedeutet: Es wird zunächst ohne Berücksichtigung der Kürzungsvorschriften der Monatsbetrag beider Versorgungen aus der gesamten Dienstzeit bis zur Altersgrenze ermittelt. Danach muss dann mit den Bezugsgrößen der früheren Versorgung die Höchstgrenze ermittelt werden, bis zu der beide Anrechte kumulieren (§ 54 Abs. 2 BeamtVG, § 55 Abs. 2 SVG). Übersteigen beide Versorgungen diesen Betrag, wird die frühere Versorgung um den Differenzbetrag gekürzt. Die zweite Versorgung bleibt ungekürzt. Anschließend ist nach den allgemeinen Regeln für beide Anrechte der Ehezeitanteil zu berechnen.

 

Rz. 132

Treffen eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen und eine Rente zusammen, konkurrieren zwei Versorgungen aus unterschiedlichen Bewertungssystemen. Für diese Kollisionsfälle gelten die Ruhensregelungen sinngemäß. Die Ruhens- oder Anrechnungsbeträge sind aber nur insoweit zu berücksichtigen, als die Beamtenversorgung wegen einer in der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaft ruht und die ausgleichsberechtigte Person an diesem Anrecht im Versorgungsausgleich teilhat (§ 44 Abs. 3 Satz 2 VersAusglG). Das bedeutet für die Berechnung der ausgleichspflichtigen Versorgung:

Zunächst wird nach § 55 Abs. 2 BeamtVG eine fiktive Gesamtversorgung ermittelt. Dann wird auf dieser Basis die volle Kürzung errechnet (und zwar unter Berücksichtigung aller Rentenanwartschaften, nicht nur derjenigen, welche in der Ehezeit erworben wurden).
Danach wi...

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