Rz. 47

Leistungs- oder Steigerungszahlen oder Rentensteigerungsbeträge kennen v.a. die berufsständischen Versorgungen. Generelle Aussagen lassen sich insoweit nicht treffen, weil die berufsständischen Versorgungen sehr unterschiedliche Berechnungs- und Bewertungsmodelle kennen. Hier besteht verstärkter Anlass zu Nachforschungen, v.a. durch Kontrolle der Satzung, welches Modell einer Versorgung zugrunde liegt.

 

Rz. 48

Ein für viele Leser dieses Handbuchs nahe liegendes Beispiel für eine der unmittelbaren Bewertung zugängliche berufsständische Versorgung bildet die Rechtsanwaltsversorgung NRW. § 19 der Satzung des Versorgungswerkes der RA NRW bestimmt, dass die Höhe einer Versorgung sich aus dem Produkt des Rentensteigerungsbetrags, der Anzahl der zu berücksichtigenden Versicherungsjahre und dem persönlichen durchschnittlichen Beitragsquotienten ergibt. Dabei ist der persönliche durchschnittliche Beitragsquotient dadurch zu errechnen, dass der individuelle in der Ehezeit[12] gezahlte Beitrag durch den Regelbeitrag des Versorgungswerks dividiert wird.

 

Rz. 49

 

Praxistipp

Vorgehensweise in derartigen Fällen:

Feststellung der in die Ehezeit fallenden Beitragszeit (in Monaten),
Ermittlung der Summe der für die einzelnen Monate der Ehezeit berechneten Beitragsquotienten (gezahlter Beitrag: Regelbeitrag),
Division der Summe der Beitragsquotienten durch die Zahl der Ehezeit-Beitragsmonate,
Multiplikation dieses Werts mit der Zahl der ehezeitlichen Versicherungsjahre (Ergebnis: ehezeitlicher Rentenfaktor),
Multiplikation mit dem jeweils gültigen Rentensteigerungsfaktor.
Ergebnis ist der Ehezeitanteil; der Ausgleichswert beträgt die Hälfte davon (ggf. abzgl. Teilungskosten, § 13 VersAusglG). Wird das Leistungsspektrum ggü. der Ausgangsversorgung eingeschränkt (z.B. Ausschluss der Invaliditäts- oder der Hinterbliebenenversorgung, siehe dazu § 8 Rdn 262 ff.), ist der Ausgleichswert angemessen zu erhöhen. Der Zuschlagswert ergibt sich aus der Satzung des Versorgungsträgers. Seine Richtigkeit kann durch Vergleich der Barwerte überprüft werden.
 

Rz. 50

Ähnlich kompliziert wie bei den Zusatzversorgungen des öffentlichen Dienstes wird die Lage, wenn die Satzung des Versorgungsträgers vorsieht, das für bestimmte Zeiten pauschale Zuschläge vorgenommen werden sollen, die die Versicherungszeit erhöhen. In der Anwaltsversorgung NRW ist z.B. ein Zuschlag von acht Jahren für einen Anwalt vorgesehen, der dem Versorgungswerk vor der Vollendung des 40. Lebensjahres beitritt (§ 19 der Satzung).[13] Diese Zeiten können nicht pauschal außer Acht gelassen oder der Ehezeit zugerechnet werden, wenn der Beitritt in der Ehezeit erfolgte. Dieser Zuschlag ist vielmehr verhältnismäßig auf die Ehezeit zu verteilen: je länger die Ehezeit, desto größer die Partizipation an diesem Zuschlag. Es ist also insoweit nicht unmittelbar, sondern zeitratierlich zu bewerten.

 

Rz. 51

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass es gerade bei den berufsständischen Versorgungen wesentlich darauf ankommt, dass richtig ermittelt wird, welchem Berechnungssystem dieser Versorgungsträger folgt und zu prüfen, ob alle der die Höhe der Versorgung bestimmenden Teile der Versorgung auch einer unmittelbaren Bewertung zugänglich sind oder ob nicht Teile der Versorgung zeitratierlich bewertet werden müssen. Gerade insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es für die Auskünfte der Versorgungsträger nicht ausreicht, pauschal irgendwelche Zahlen zu nennen. Aus ihren Auskünften muss sich vielmehr in nachvollziehbarer Weise ergeben, wie die Bewertung zustande gekommen ist (§ 220 Abs. 4 FamFG). Notfalls sollte von dem Recht Gebrauch gemacht werden, einen Vertreter des Versorgungswerks das Zustandekommen der Berechnung in der mündlichen Verhandlung erläutern zu lassen (§ 220 Abs. 4 Satz 2 FamFG, zu den Auskunftsansprüchen und ihrer Durchsetzung siehe oben § 5 Rdn 36 ff. und unten § 11 Rdn 129 ff.).

[12] Für die hier interessierenden Zwecke. Sonst ist auf die gesamte Beitragszeit abzustellen.
[13] Entsprechendes gilt nach § 22 Satzung des Versorgungswerks der RA Baden-Württemberg.

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