Rz. 19

Gemäß § 29 GBO kann im deutschen Grundbuchverfahren ein Nachweis der Erbfolge nur durch öffentliche Urkunde geführt werden. Gemäß § 35 Abs. 1 S. 2 GBO kann dies durch öffentlich beurkundetes Testament samt gerichtlicher Eröffnungsniederschrift erfolgen. Regelmäßig wird die Erbfolge aber gem. § 35 Abs. 1 S. 2 GBO durch Erbschein nachgewiesen. Hierunter wurde bislang ausschließlich der von einem deutschen Nachlassgericht ausgestellte Erbschein verstanden.[18] Hintergrund ist zum einen, dass nur der von einem deutschen Nachlassgericht ausgestellte Erbschein gewährleistet, dass die Erbfolge unter Zugrundelegung des nach deutschem IPR anzuwendenden materiellen Erbrechts ermittelt wurde. Zum anderen kann das deutsche Grundbuchamt nur bei einem deutschen Erbschein wissen, dass dieser die vom deutschen BGB vorgesehenen und damit mittelbar von der deutschen GBO vorausgesetzten Wirkungen entfaltet.

 

Rz. 20

Aus Art. 69 Abs. 5 EuErbVO ergibt sich nun, dass das in einem Mitgliedstaat (einschließlich Deutschland selbst) ausgestellte ENZ im Hinblick auf Eintragungen in ein nationales Register die vollen Legitimationswirkungen entfaltet.[19] Dies dürfte wohl selbst dann gelten, wenn es sich (was kaum vorstellbar ist) um keine öffentliche Urkunde i.S.v. § 29 GBO handeln sollte. Daher ist § 35 GBO durch das deutsche Ausführungsgesetz zur EuErbVO dahingehend geändert worden, dass ein in einem Mitgliedstaat der EU ausgestelltes ENZ ohne weitere Voraussetzungen als Nachweis für die Grundbuchberichtigung anzuerkennen ist.[20]

[18] Roth, in: Meikel, Grundbuchordnung, 11. Aufl. 2015, § 35 Rn 42; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rn 800; BayObLG FamRZ 1991, 1237 (Schweizer Erbschein). Für die Anerkennung ausländischer (Schweizer) Erbscheine im Grundbuchverfahren Kaufhold, ZEV 1997, 399.
[19] J. Schmidt, ZEV 2014, 393.
[20] Art. 6 Nr. 1 des Gesetzes zum Internationalen Erbrecht und zur Änderung von Vorschriften zum Erbschein sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften v. 29.6.2015, BGBl I, S. 1042, 1052.

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