Rz. 23
Gemäß § 29 GBO kann im deutschen Grundbuchverfahren ein Nachweis der Erbfolge nur durch öffentliche Urkunde geführt werden. Gemäß § 35 Abs. 1 S. 2 GBO kann dies durch öffentlich beurkundetes Testament samt gerichtlicher Eröffnungsniederschrift erfolgen. Regelmäßig wird die Erbfolge aber gem. § 35 Abs. 1 S. 2 GBO durch Erbschein nachgewiesen. Hierunter wurde bislang ausschließlich der von einem deutschen Nachlassgericht ausgestellte Erbschein verstanden. Hintergrund ist zum einen, dass nur der von einem deutschen Nachlassgericht ausgestellte Erbschein gewährleistet, dass die Erbfolge unter Zugrundelegung des nach deutschem IPR anzuwendenden materiellen Erbrechts ermittelt wurde. Zum anderen kann das deutsche Grundbuchamt nur bei einem deutschen Erbschein wissen, dass dieser die vom deutschen BGB vorgesehenen und damit mittelbar von der deutschen GBO vorausgesetzten Wirkungen entfaltet.
Rz. 24
Aus Art. 69 Abs. 5 EuErbVO ergibt sich nun, dass das in einem Mitgliedstaat (einschließlich Deutschland selbst) ausgestellte ENZ im Hinblick auf Eintragungen in ein nationales Register die vollen Legitimationswirkungen entfaltet. Dies dürfte wohl selbst dann gelten, wenn es sich (was kaum vorstellbar ist) um keine öffentliche Urkunde i.S.v. § 29 GBO handeln sollte. Daher ist § 35 GBO durch das deutsche Ausführungsgesetz zur EuErbVO dahingehend ergänzt worden, dass ein in einem Mitgliedstaat der EU ausgestelltes ENZ ohne weitere Voraussetzungen als Nachweis für die Grundbuchberichtigung anzuerkennen ist.
Rz. 25
Sollte sich aus dem ausländischen ENZ ergeben, dass ein bestimmtes Vermächtnis angeordnet worden ist, so muss das Grundbuchamt davon ausgehen, dass diesem Vermächtnis nach dem maßgeblichen Erbstatut unmittelbare dingliche Wirkung auch hinsichtlich des in Deutschland belegenen Grundbesitzes zukommt (Vindikationslegat), so dass das Grundbuchamt unter Vorlage des ENZ unmittelbar den Vermächtnisnehmer als Eigentümer nach dem Erblasser eintragen muss.
Das Grundbuchamt habe im Wege der Grundbuchberichtigung gem. § 22 GBO vorzugehen, so dass weder eine Auflassung durch die Erben noch eine Bewilligung erforderlich sei. Das gilt nicht nur für den Fall, dass der Begünstigte das Eigentum an dem Grundstück erhält, sondern auch für den Fall, dass er aufgrund testamentarischer Zuwendung bzw. gesetzlicher Erbfolge einen Nießbrauch an einzelnen Gegenständen des Nachlasses oder am gesamten bzw. an einer bestimmten Quote des Nachlasses erhält.