Dr. iur. Franz-Thomas Roßmann
Rz. 39
Die Verfahrensstandschaft endet in jedem Fall mit der Volljährigkeit des Kindes.
Das volljährige Kind hat ein Recht, nunmehr selbst als Beteiligter das Unterhaltsverfahren zu betreiben, entweder durch Verfahrenserklärung oder – bei Eintritt der Volljährigkeit zwischen den Instanzen – durch Rechtsmitteleinlegung.
Rz. 40
Hierbei handelte es sich nach bisheriger Auffassung um einen gesetzlichen Beteiligtenwechsel, der keiner Zustimmung des Gegners bedurfte und nicht den Regeln der Verfahrensänderung entsprechend §§ 263 ff. ZPO unterlag.
Der BGH geht davon aus, dass ein gewillkürter Beteiligtenwechsel stattfindet, der keiner Zustimmung der Gegenseite bedarf, weil er nur durch den Wegfall der Verfahrensführungsbefugnis bedingt ist und es zu keiner Veränderung des Streitstoffes kommt.
Rz. 41
Zitat
Aus Sinn und Zweck der gesetzlichen Prozess- bzw. Verfahrensstandschaft nach § 1629 Abs. 3 BGB folgt vielmehr, dass es der freien Entscheidung des volljährig gewordenen Kindes überlassen bleiben muss, ob es sich am Verfahren beteiligt und dieses fortsetzt. Dass das Kind einerseits die Möglichkeit hat, dem Verfahren beizutreten, es andererseits hierzu aber auch nicht gezwungen werden darf, lässt sich nur durch einen gewillkürten Kläger- bzw. Antragstellerwechsel sicherstellen. Entsprechend war in den genannten, vom Senat entschiedenen Fällen (…) das Verfahren jeweils vom volljährig gewordenen Kind fortgesetzt worden.
Rz. 42
Zitat
Die als zwingend ausgestaltete Regelung in § 1629 Abs. 3 BGB lässt die Geltendmachung des Unterhalts nur im eigenen Namen des sorgeberechtigten Elternteils zu und verfolgt den Zweck, das Kind aus dem Streit der Eltern herauszuhalten (…). Dem widerspräche es, wenn das Kind mit Eintritt seiner Volljährigkeit ohne Rücksicht auf seinen Willen zur Partei bzw. zum Beteiligten des Verfahrens würde. Sollte das Kind sich etwa entschließen, das Verfahren nicht weiterzuführen, müsste es den Unterhaltsantrag mit der Kostenfolge nach §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 269 Abs. 3 ZPO zurücknehmen. Eine einseitige Erledigungserklärung wäre mangels eines erledigenden Ereignisses unbegründet. Aber auch eine übereinstimmende Erledigungserklärung wäre für das Kind mit einem Kostenrisiko verbunden. Dagegen kann der ehemalige Verfahrensstandschafter den Antrag – abgesehen von einer etwaigen Antragsumstellung auf einen (in seiner Person entstandenen) familienrechtlichen Ausgleichsanspruch – notfalls einseitig für erledigt erklären, weil mit der Verfahrensführungsbefugnis eine Zulässigkeitsvoraussetzung nachträglich entfallen ist (…).
Rz. 43
Zitat
Durch einen hier allein möglichen gewillkürten Beteiligtenwechsel wird demnach nicht nur der Verfahrensherrschaft des (ursprünglichen) Antragstellers Rechnung getragen, sondern vor allem auch dem Umstand, dass das Kind nicht ohne seinen Willen Beteiligter des Verfahrens werden darf und aus dem Streit der Eltern herausgehalten werden soll.“
Rz. 44
Praxistipp
Wenn das volljährig gewordene Kind also nicht in das Verfahren eintritt, kann der bisherige Verfahrensstandschafter, dessen Verfahren unzulässig geworden ist, die Hauptsache für erledigt erklären und/oder im Wege der Verfahrensänderung einen eigenen familienrechtlichen Ausgleichsanspruch geltend machen.