Rz. 113
Neben dem Auskunftsanspruch nach § 2314 BGB hinsichtlich des tatsächlichen und fiktiven Nachlasses steht dem pflichtteilsberechtigten Abkömmling auch ein Auskunftsanspruch nach § 2057 BGB gegenüber den übrigen Abkömmlingen zu. Dies unabhängig davon, ob die anderen Abkömmlinge Erben geworden sind oder nicht. Nicht ganz eindeutig ist das Verhältnis zwischen dem Auskunftsanspruch nach § 2314 BGB und demjenigen nach §§ 2316, 2057 BGB, wenn ein pflichtteilsberechtigter Abkömmling eine lebzeitige Zuwendung erhalten hat und letztlich auch seitens des Erblassers zum Erben eingesetzt wurde.
Rz. 114
Der Auskunftsanspruch nach § 2314 BGB geht nach Auffassung der Verfasserin demjenigen nach §§ 2316, 2057 BGB vor. Der Erbe hat den pflichtteilsberechtigten Abkömmling nach § 2314 BGB über sämtliche Umstände zu informieren, die seinen Pflichtteilsanspruch tangieren. Hierzu zählen selbstverständlich auch alle ausgleichungspflichtigen Vorempfänge, die der Erblasser Abkömmlingen gemacht hat. Der Erbe hat die ausgleichungspflichtigen Vorgänge in das nach § 2314 BGB zu erstellende Verzeichnis aufzunehmen.
Rz. 115
Ziel des Auskunftsanspruches nach § 2057 BGB ist es, sicherzustellen, dass der einzelne pflichtteilsberechtigte Abkömmling sein Recht auf Ausgleichung auch geltend machen kann. Voraussetzung für das Bestehen des Anspruchs ist es, dass die Ausgleichung einer Zuwendung nach den §§ 2050 ff. möglich ist. Der Anspruch ist grundsätzlich auf eine gegenständlich und zeitlich unbegrenzte Gesamtaufklärung gerichtet. Dennoch findet der Anspruch seine Grenzen dort, wo das Auskunftsverlangen zu "befremdlichen Bilanzposten" führen würde.
Rz. 116
Von der Auskunftspflicht umfasst sind alle Zuwendungen, die möglicherweise nach den §§ 2050 bis 2053 BGB zur Ausgleichung zu bringen sind. Die Bewertung, ob eine Zuwendung der Ausgleichungspflicht unterliegt, ist nicht vom auskunftspflichtigen Miterben vorzunehmen. Im Ergebnis obliegt die Feststellung, ob eine Zuwendung ausgleichungspflichtig ist, dem Gericht.
Rz. 117
Mitzuteilen sind daher alle Daten, die für die Ausgleichung relevant sind. Hierzu gehören die Zuwendung selbst, die wertbildenden Faktoren, der Zeitpunkt der Zuwendung sowie alle Umstände, die für bzw. gegen eine Ausgleichung sprechen. Selbstverständlich sind auch etwaige Gegenleistungen, die der Zuwendungsempfänger erbracht hat, bekanntzugeben. Auch über lebzeitige, auf den Pflichtteil anzurechnende Zuwendungen ist der Pflichtteilsberechtigte dem Erben in entsprechender Anwendung von § 2057 BGB auskunftspflichtig.
Rz. 118
Eine Wertermittlung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens muss der Auskunftspflichtige auf eigene Kosten nicht betreiben. Gegebenenfalls kann hier ein Anspruch aus § 242 BGB hergeleitet werden, wenn die Wertermittlung auf andere Weise nicht möglich ist. Die Kosten eines Sachverständigengutachtens hat dann der Anspruchsteller zu tragen.
Rz. 119
Zur Auskunft verpflichtet ist jeder, der nach §§ 2050 ff. BGB zur Ausgleichung verpflichtet ist. Zu diesem Personenkreis gehört auch ein enterbter pflichtteilsberechtigter Abkömmling des Erblassers. Die Auskunft verlangen kann neben den ausgleichungsberechtigten Miterben, auch der enterbte pflichtteilsberechtigte Abkömmling.
Rz. 120
Nach § 2057 S. 2 BGB finden die Vorschriften der §§ 260, 261 BGB über die Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung entsprechende Anwendung. Voraussetzung für den Anspruch auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung sind Zweifel an der Richtigkeit der erteilten Auskunft bzw. die begründete Vermutung, dass die Auskunft nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erteilt wurde, § 260 Abs. 2 BGB. Ein Anspruch auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gem. § 2057 S. 2 BGB i.V.m. § 260 BGB setzt voraus, dass Grund zu der Annahme besteht, dass die von dem betroffenen Auskunftspflichtigen vorgelegte Auskunft unvollständig ist und dass dies auf dessen mangelnder Sorgfalt beruht. Maßgebend für die Beurteilung, ob die erforderliche Sorgfalt eingehalten wurde, ist das Gesamtverhalten des Auskunftspflichtigen; Unrichtigkeiten und Unvollständigkeiten begründen keine fehlende Sorgfalt, sofern sie auf entschuldbarer Unkenntnis oder einem unverschuldeten Irrtum beruhen; anders ist es aber, wenn sie bei gehöriger Sorgfalt vermeidbar gewesen wären. Grundsätzlich kann eine Ergänzung der erteilten Auskunft nicht verlangt werden. Der Anspruch auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung ist vererblich.
Rz. 121
Praxishinweis
Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass der Abkömmling als Auskunftsschuldner selbst keine rechtliche Qualifikation hinsichtlich einer Ausgleichungspflicht vornehmen kann. Er hat daher über all diejenigen lebzeitigen Zuwendungen Auskunft zu erteilen, bei denen eine Ausgleichungspflicht nach den §§ 2050 ff. BGB bestehen könnte. Das Auskunftsbegehren kann nicht mit dem Grund abgelehnt werden, dass er zwar eine Zuwendung ...