Rz. 23
Der Erwerb einer Immobilie stellt eine Verwaltungsmaßnahme dar. Es besteht die dafür erforderliche Beschlusskompetenz (obwohl damit nicht das vorhandene Gemeinschaftseigentum verwaltet, sondern neues Verbandseigentum angeschafft wird). Das gilt nicht nur für den Erwerb von Sondereigentum im eigenen Objekt – sei es rechtsgeschäftlich, sei es im Wege der Zwangsversteigerung –, bspw. um eine Wohnung künftig als Hausmeisterwohnung nutzen zu können, sondern auch für den Erwerb eines Nachbargrundstücks, bspw. um dort zur Linderung der auf dem WEG-Grundstück problematischen Parkplatzsituation Stellplätze einzurichten. Ob der Erwerb ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, ist Einzelfallfrage und fällt in den Beurteilungsspielraum der Gemeinschaft. Das OLG Hamm entschied vor längerer Zeit, der Erwerb von Wohnungen zahlungsunfähiger Miteigentümer im eigenen Objekt zur Lösung der finanziellen Probleme der Gemeinschaft entspreche nicht ordnungsmäßiger Verwaltung; das lässt sich aber nicht verallgemeinern. Die Verwaltung einer "Verbandswohnung" im eigenen Objekt wirft viele Fragen auf, die nicht alle sachgerecht und schlüssig beantwortet werden können.
Rz. 24
Muster 6.3: Beschluss über Wohnungserwerb im eigenen Objekt
Muster 6.3: Beschluss über Wohnungserwerb im eigenen Objekt
Die WEG Musterstraße beschließt, das zur Gemeinschaft gehörende Wohnungseigentum Nr. 59 als Verbandseigentum zum Kaufpreis von maximal 150.000,00 EUR (zzgl. Nebenkosten für Notar und Grundbuch) zu erwerben. Herr X, Geschäftsführer der WEG-Verwalterin, wird mit dem Abschluss des Kaufvertrags und der Abgabe aller weiter erforderlichen Erklärungen und Handlungen im Namen der Gemeinschaft beauftragt und entsprechend bevollmächtigt. Zur Finanzierung des Kaufpreises wird eine Sonderumlage über 160.000,00 EUR erhoben. Diese wird nach Miteigentumsanteilen verteilt und von der Verwaltung nach Vorankündigung von 10 Tagen eingezogen.
Rz. 25
Der Beschluss bedarf gem. § 167 Abs. 2 BGB keiner Form. Der Kaufvertrag selbst bedarf hingegen gem. § 311b BGB der notariellen Beurkundung. Dabei hat der Notar gem. § 17 Abs. 1 S. 1 BeurkG die Vertretungsmacht des Verwalters für den Abschluss eines Grundstückskaufvertrages zu prüfen; er muss sich also davon überzeugen, dass ein entsprechender Beschluss gefasst wurde. Ob der Notar als Nachweis die Vorlage des Beschlussprotokolls verlangt (was wohl der Normalfall sein wird) oder ob er sich mit der Versicherung des Verwalters begnügt, der erforderliche Beschluss sei gefasst worden, bleibt ihm überlassen. Der Nachweis des Beschlusses erfordert jedenfalls nicht die Einhaltung der Form des § 26 Abs. 4 i.V.m. § 24 Abs. 6 WEG, denn diese Bestimmung gilt nur für den Nachweis der Verwalterbestellung. Erst wenn es an die Eigentumsumschreibung im Grundbuch geht, muss dem Grundbuchamt die Bestellung des Verwalters in der Form des § 29 GBO nachgewiesen werden. Dafür muss das Versammlungsprotokoll, in dem der Bestellungsbeschluss gefasst wurde, in der erforderlichen Form (also mit den notariell beglaubigten Unterschriften → § 10 Rdn 310) vorgelegt werden. Die Vertretungsmacht des Verwalters (ob für den Kaufvertrag, die Auflassung oder die Eintragungsbewilligung) muss dem Grundbuchamt hingegen nicht nachgewiesen werden. Ob der Kaufvertrag (das schuldrechtliche Rechtsgeschäft) wirksam ist, ist vom Grundbuchamt nämlich nicht zu prüfen; und die Berechtigung des Verwalters zur Auflassung bzw. zur Bewilligung der Grundbucheintragung ergibt sich aus § 9b Abs. 1 S. 1 WEG. Erst recht darf das Grundbuchamt nicht prüfen, ob der Erwerb ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht.