Rz. 58
Gem. § 14 Abs. 3 WEG kann ein Wohnungseigentümer einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn er eine Einwirkung dulden musste, die über das zumutbare Maß hinausgeht (sog. Aufopferungsanspruch). In diesem Abschnitt geht es um Aufopferungsansprüche im Gefolge von Erhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum. Aufopferungsansprüche nach "Unglücksfällen", insbesondere nach einem Wasserschaden, werden unten (→ § 12 Rdn 6) behandelt. Eine dem § 14 Abs. 3 WEG vergleichbare Vorschrift gab es mit § 14 Nr. 4 HS 2 WEG a.F. auch schon im alten Recht, damals aber mit der Rechtsfolge "Schadensersatz". Die jetzige Vorschrift lehnt sich bewusst an den nachbarschaftsrechtlichen Ausgleichsanspruch gem. § 906 Abs. 2 S. 2 BGB an, so dass auf die ausdifferenzierte Rspr. zu dieser Vorschrift zurückgegriffen werden kann. Der Unterschied zwischen "Schadensersatz in Geld" und einem "angemessenen Ausgleich in Geld" ist praktisch vernachlässigbar; das gilt insbesondere bei Ansprüchen wegen Substanzschäden, weil die i.R.d. § 906 Abs. 2 S. 2 BGB herangezogenen "Grundsätze der Enteignungsentschädigung" sich kaum von Schadensansprüchen unterscheiden. Erhebliche Auswirkung hat die Neuregelung aber insofern, als gem. § 14 Abs. 3 WEG kein Anspruch auf Wiederherstellung mehr besteht; das war im alten Recht anders, denn mit dem Schadensersatzanspruch hatte der geschädigte Wohnungseigentümer gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB die Wahl zwischen Naturalrestitution und Geldersatz.
Rz. 59
Beispiele
a) Nach einem Wasserschaden in der Wohnung des A oder im Zuge der Sanierung des undicht gewordenen Balkons werden Fliesen (= Sondereigentum) zerstört. Variante: A hatte nach dem Erwerb der Wohnung die ursprünglichen Fliesen durch besonders teure ersetzt und zudem im Bad geflieste Vormauerungen vor die Spülkästen setzen lassen (= rechtmäßige bauliche Veränderungen im Sondereigentum).
b) A hat das Sondernutzungsrecht am Vorgarten. Beim Aufbau eines Baugerüstes zur Dachsanierung werden die im Vorgarten stehenden Pflanzen des A zerstört.
c) Nach der Teilungserklärung obliegt dem A die Instandhaltung und -setzung der zu seiner Wohnung gehörenden Fenster. Diese werden im Zuge einer Fassadensanierung beschädigt.
d) Die Gemeinschaft lässt Erhaltungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum ausführen. Der beauftragte Unternehmer arbeitet mangelhaft, weshalb es später zu Feuchtigkeit in der Wohnung des A mit entsprechenden Schäden am Sondereigentum kommt.
Rz. 60
Nach dem alten Recht konnte A in den Fällen a) – c) wahlweise die Wiederherstellung im Wege der Naturalrestitution oder Schadensersatz in Geld verlangen. Nach dem geltenden Recht besteht nur noch ein Anspruch auf Geldersatz. Dem steht nicht entgegen, dass die Gemeinschaft auf Verlangen des A sein Sondereigentum wiederherstellen kann, zumal nur die Beseitigung von Schäden einer ordnungsmäßigen Ausführung der jeweiligen Maßnahme und damit ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht (auch → § 4 Rdn 39).
Rz. 61
Im Beispiel a) stellt sie die Frage, ob sich A nach der Zerstörung seiner 50 Jahre alten Fliesen einen Vorteilsausgleich neu für alt anrechnen lassen muss; dies ist streitig. Ein etwaiger Vorteilsausgleich führt im Falle des Geldersatzes zu einem Abzug von der Ersatzforderung, im Falle der Naturalrestitution zu einem Zuzahlungsanspruch der Gemeinschaft. Wenn A seinen Schaden in Eigenarbeit (oder gar nicht) repariert, kann er fiktive Reparaturkosten (ohne Umsatzsteuer) geltend machen. In der Variante ist der Ersatzanspruch nach h.M. in voller Höhe zu bejahen; dass die Wiederherstellungskosten infolge der von A durchgeführter Maßnahmen höher wurden, steht nicht entgegen, außer wenn die Maßnahmen rechtswidrig waren. Kritik: Man kann trefflich darüber streiten, ob die hier interessierenden baulichen Veränderungen des Sondereigentums nach dem alten Recht zustimmungsfrei und auch ohne Beschluss rechtmäßig waren oder nicht. Jedenfalls sind solche Maßnahmen für die übrigen Miteigentümer insofern nachteilig, als sie zu Mehrkosten bei der Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums führen. Das muss dazu führen, dass der Sondereigentümer insoweit keinen Ersatz gem. § 14 Abs. 3 WEG verlangen kann.
Rz. 62
Im Beispiel b) wird zwar kein Sondereigentum, sondern eine Sondernutzungsfläche beschädigt, aber im Gegensatz zum alten Recht setzt § 14 Abs. 3 WEG keine Beeinträchtigung des Sondereigentums voraus, sondern nur eine "unzumutbare Einwirkung". Die Beschädigung der Pflanzen ist im Rechtssinne unzumutbar, weshalb dem A ein Ersatzanspruch zusteht. Einer Analogie zu § 906 BGB oder § 14 WEG bedarf es nicht.
Rz. 63
Im Beispiel c) stehen die beschädigten Fenster zwar formal nicht im Sonder-, sondern im Gemeinschaftseigentum; weil A aber für ihre Erhaltung zuständig ist, kann er Ersatz analog § 14 Abs. 3 WEG verlangen.
Rz. 64
Im Beispiel d) liegt kein Fall des § 14 Abs. 3 WEG vor. Vielmehr wird der Gemeinschaft das Verschulden des von ihr beauftragten Unternehmers gem. § 278 BGB zugerechnet.