1. Diverse Einzelfälle
Rz. 9
An zahlreichen Stellen dieses Buches werden Beschlüsse erwähnt, die ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, z.B. zu den Themen bauliche Maßnahmen (Erhaltung, Gestattung oder Genehmigung baulicher Veränderungen, Rückbauansprüche usw.), Entlastung, Lastschriftverfahren, (Sperr-)Müll auf Gemeinschaftsflächen usw. Die einschlägigen Stellen sind über das Stichwortverzeichnis aufzufinden. Einige Sonderfälle (die nicht sinnvoll einem bestimmten übergeordneten Thema zugeordnet werden können) werden nachfolgend kurz erwähnt; Themen, die etwas ausführlicherer Erörterung bedürfen, folgen in den nächsten Abschnitten.
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Die Veranstaltung eines Fests auf Gemeinschaftskosten entspricht nicht ordnungsmäßiger Verwaltung. |
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Die Gemeinschaft, vertreten durch den Verwalter, übt das Hausrecht aus. Das Hausrecht ermöglicht es seinem Inhaber darüber zu entscheiden, wem er zum Grundstück und zum Haus Zutritt gestattet und wem nicht. Ein Hausverbot gegen Personen, die sich unbefugt im Haus aufhalten und keine Besucher oder Kunden von Miteigentümern sind, entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung. Nicht hingegen ein Hausverbot gegen Miteigentümer oder deren als störend empfundene Besucher oder Mieter; dafür gibt es schon keine Beschlusskompetenz. |
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GEMA Lizenzgebühren. Wenn eine WEG (auch eine sehr große) über die gemeinschaftliche Empfangs- und Kabelanlage Fernseh- oder Hörfunksignale an die Wohnungseigentümer weiterleitet, liegt keine öffentliche Wiedergabe im Sinne von § 15 Abs. 3 UrhG vor. Demnach bestehen keine Ansprüche von Urhebern, Sendeunternehmen usw. gegen die WEG. Ein etwaiger Lizenzvertrag kann mit Wirkung für die Zukunft gekündigt werden. |
2. Darlehensaufnahme
Rz. 10
Angesichts des beklagenswerten Sanierungsstaus eines Großteils der älteren Wohnungseigentumsanlagen und der zunehmenden Notwendigkeit von Maßnahmen der energetischen Modernisierung stehen aufwändige Baumaßnahmen deutschlandweit (im sprichwörtlichen und im Wortsinne) auf der Tagesordnung. Allerdings reicht die Erhaltungsrücklage typischer Weise zur Finanzierung nicht aus, sodass das Geld von den Wohnungseigentümern per Sonderumlage aufgebracht werden muss, die dazu aber häufig nicht in der Lage sind. Wenn sich mehrere Eigentümer als zahlungsunfähig erweisen oder (z.B. altersbedingt) unwillig sind, kommen die für eine Gebäudesanierung erforderlichen Beschlüsse faktisch nicht zustande. Die Aufnahme eines Darlehens durch die Gemeinschaft (kurz: Verbandsdarlehen oder Verbandskredit) stellt einen zunehmend praktizierten Ausweg aus dieser Situation dar.
Rz. 11
Nach einer Grundsatzentscheidung des BGH entspricht der Beschluss einer Darlehensaufnahme ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn es um dringende Erhaltungs- bzw. Modernisierungsmaßnahmen geht, die ohne die Aufnahme eines Verbandsdarlehens unterbleiben würden. Dabei spielt es auch eine Rolle, dass staatliche Förderprogramme für energetische Sanierungen häufig in Form zinsvergünstigter Darlehen mit Zuschüssen angeboten werden, die sich die Gemeinschaft zunutze machen kann, einzelne Miteigentümer mangels Kreditwürdigkeit hingegen nicht. Dass mit einer Kreditaufnahme Kosten verbunden sind, spricht für sich genommen nicht dagegen; Kosten würden auch anfallen, wenn die Wohnungseigentümer Einzelkredite aufnehmen. Der BGH verlangt in erster Linie Transparenz und Abwägung: "Den mit einer Darlehensaufnahme einhergehenden Belastungen und Risiken sind die Vor- und Nachteile einer Finanzierung mittels Sonderumlage gegenüber zu stellen. Ferner muss vor der Beschlussfassung wegen des in die Zukunft verlagerten Risikos der Zahlungsunfähigkeit einzelner Wohnungseigentümer die im Innenverhältnis bestehende Nachschusspflicht der Wohnungseigentümer Gegenstand der Erörterung in der Wohnungseigentümerversammlung gewesen sein. Dies ist in dem Protokoll der Eigentümerversammlung zu dokumentieren." Es ist sinnvoll, die erforderlichen Informationen schon in den Beschlusstext aufzunehmen, denn damit sind sie quasi zwangsläufig auch Gegenstand der Erörterung und des Protokolls. Ein Darlehensbeschluss bedarf, wie die vorstehenden Hinweise zeigen, gründlicher Vorbereitung, zumal noch die umfassenden Informationspflichten für Verbraucherkredite gem. §§ 491 ff. BGB, § 18 KWG zu beachten sind. Die Einholung mehrerer Angebote ist aufgrund der Besonderheiten der WEG-Darlehen nicht zwingend. "Gewöhnliche" Geschäftsbanken sind mit dem Thema häufig überfordert; es gibt aber zunehmend Banken, die sich...