A. Einleitung
Rz. 1
Eine der ältesten Sparten der Sachversicherung ist die 1895 eingeführte Einbruchdiebstahl- und Raubversicherung. Anders als beispielsweise die Sparten Feuer, Leitungswasser, Sturm und Hagel bietet die Einbruchdiebstahl- und Raubversicherung keinen Schutz gegen Elementargefahren, sondern gegen gezieltes menschliches Verhalten. Die von den anderen Sparten der Sachversicherung abweichende Schutzrichtung der Einbruchdiebstahl- und Raubversicherung muss bei der Auslegung der Allgemeinen Versicherungsbedingungen stets berücksichtigt werden. Das führt etwa dazu, dass Zweifel daran angebracht sind, ob der für die Bestimmung des Versicherungsortes wesentliche Begriff des "Gebäudes" tatsächlich in allen Sachversicherungssparten gleich verstanden werden kann (wegen der Einzelheiten siehe Rdn 24).
Rz. 2
Da die in der Einbruchdiebstahl- und Raubversicherung versicherten Sachen weitgehend mit denjenigen in der Feuerversicherung übereinstimmen, wurde die Sparte ursprünglich vorwiegend von Feuerversicherern angeboten. Auf die weitgehende Identität der versicherten Sachen beider Sparten ist es auch zurückzuführen, dass der Versicherungsschutz in der Einbruchdiebstahl- und Raubversicherung häufig zusammen mit der Feuerversicherung angeboten wird. Die Einbruchdiebstahl- und Raubversicherung wird deshalb auch als "Nebenzweig der Feuerversicherung" bezeichnet.
Dies gilt zumindest für die Geschäftsversicherung. Dort werden für die Versicherung von Betriebs- und Geschäftsgebäuden gebündelte Sachversicherungsverträge unter Einbeziehung der Einbruchdiebstahl- und Raubversicherung angeboten, die sämtliche typischen Risiken der Sachversicherung beinhalten. Im Rahmen der Bündelung werden die verschiedenen Versicherungsverträge zwar in einem Versicherungsschein zusammengefasst. Ihre rechtliche Selbstständigkeit geht dadurch jedoch nicht verloren. Jeder Versicherungsvertrag kann deshalb ungeachtet der Zusammenfassung mehrerer Verträge in einem Versicherungsschein gesondert gekündigt werden.
Rz. 3
Das private Risiko der Einbruchdiebstahl- und Raubversicherung wird demgegenüber in der Hausratversicherung abgedeckt, also in kombinierten Versicherungsverträgen auf der Grundlage der Allgemeinen Hausratsversicherungsbedingungen (VHB). Anders als in gebündelten Versicherungsverträgen können kombinierte Versicherungsverträge nur insgesamt und nicht nach Sparten bzw. Risiken getrennt gekündigt werden.
Die Einbruchdiebstahl- und Raubversicherung in der Geschäftsversicherung nach den Allgemeinen Bedingungen für die Einbruchdiebstahl- und Raubversicherung (AERB) stellt hinsichtlich der Risiken "Einbruchdiebstahl" und "Raub" ebenfalls eine kombinierte Versicherung dar. Nach sämtlichen Versicherungsbedingungen, die der Einbruchdiebstahl- und Raubversicherung jemals zugrunde lagen, bestand und besteht deshalb die Möglichkeit, den Versicherungsschutz auf Einbruchdiebstahl einerseits oder Raub andererseits zu beschränken. Gleichfalls kann das Risiko Raub auf Geschäftsraub gem. § 1 Nr. 1 b AERB 87 (A §§ 1 Nr. 1 c AERB 2008, 2010) oder auf Transportraub gem. § 1 Nr. 1 c AERB 87 (A §§ 1 Nr. 1 d AERB 2008, 2010) beschränkt bzw. ausgedehnt werden.
Rz. 4
Hinweis
Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich allein auf die Darstellung der betrieblichen und geschäftlichen Risiken der Einbruchdiebstahl- und Raubversicherung auf der Grundlage der AERB 87 und AERB 2008 und AERB 2010. Demgegenüber wird die Versicherung von privatem Hausrat gegen die Risiken Einbruchdiebstahl und Raub im Rahmen der Hausratversicherung (§ 3) erläutert.
B. Rechtsgrundlagen
Rz. 5
Auch der Einbruchdiebstahl- und Raubversicherung liegen sowohl gesetzliche als auch vertragliche Rechtsgrundlagen zugrunde.
I. Gesetzliche Rechtsgrundlagen
Rz. 6
Neben den allgemeinen Vorschriften (z.B. BGB) liegt der Einbruchdiebstahl- und Raubversicherung in erster Linie das Versicherungsvertragsgesetz (VVG) zugrunde. Das VVG 2008 hat mit seinem Inkrafttreten das bisherige Versicherungsvertragsrecht abgelöst. Es sind dadurch wesentliche Änderungen eingetreten. Die Regelungen zum Vertragsabschluss sind geändert. Das neue VVG legt den Versicherern umfangreiche Beratungs- und Informationspflichten auf. Darüber hinaus ergeben sich bezüglich der Rechtsfolgen bei Verletzung von Obliegenheiten sowie die Regelungen zu Gefahrerhöhungen und zur vorsätzlichen bzw. grobfahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls Neuerungen. Unmittelbare Anwendung finden sowohl die Vorschriften des Allgemeinen Teils, Kapitel 1 (§§ 1–48 VVG), die für alle Privatversicherungsverträge gelten, insbesondere aber auch die in Kapitel 2 (§§ 74 ff. VVG 2008) zusammengefassten Allgemeinen Vorschriften für die Schadensversicherung. Die Einbruchdiebstahl- und Raubversicherung ist Schadensversicherung.
Hinweis: Altverträge und Übergangsrecht
Gemäß Art. 1 Abs. 1 EGVVG gilt das neue Recht ausnahmslos und von Anfang an für Versicherungsverträge, die ab dem 1.1.2008 zustande gekommen sind (Neuverträge). Unter "Zustandekommen" ist der formelle Ve...