Dipl.-Kfm. Karl-Wilhelm Hofmann
Rz. 541
Die drei Bedingungen der Rückausnahme, der sog. 183-Tage-Regel, bedürfen der näheren Erläuterung.
a) Nicht mehr als 183 Tage im Nicht-Ansässigkeits-/Quellenstaat aufgehalten/gearbeitet
Rz. 542
In welchem Zeitraum darf sich der Mitarbeiter nicht mehr als 183 Tage im Quellenstaat aufgehalten/gearbeitet haben? In den DBA finden sich drei mögliche Formulierungen:
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im Kalenderjahr, |
▪ |
im Steuerjahr, |
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in einem 12-Monats-Zeitraum. |
Sofern auf das Steuerjahr abgestellt wird, ist das Steuerjahr des Nicht-Ansässigkeitsstaates gemeint. Ein Steuerjahr ist der 12-Monats-Zeitraum, für den eine Einkommensteuererklärung abzugeben ist. In den meisten Ländern, z.B. Deutschland, entspricht das Steuerjahr dem Kalenderjahr. Nachfolgend sind Länder aufgeführt, die ein vom Kalenderjahr abweichendes Steuerjahr haben (Stand 2014).
Rz. 543
Australien |
01.07. – 30.06. |
Bangladesch |
01.07. – 30.06. |
Großbritannien |
06.04. – 05.04. |
Indien |
01.04. – 31.03. |
Iran |
21.03. – 20.03. |
Mauritius |
01.07. – 30.06 |
Namibia |
01.03. – 28./29.02 |
Neuseeland: |
01.04. – 31.03. |
Pakistan: |
01.07. – 30.06. |
Simbabwe: |
01.04. – 31.03. |
Sri Lanka: |
01.04. – 31.03. |
Südafrika: |
01.03. – 28.02. |
Wird ein in Deutschland ansässiger Mitarbeiter z.B. in Indien tätig, so ist maßgebend, ob er im Steuerjahr 01.04.–31.03. mehr als 183 Tage in Indien war. Wird umgekehrt ein in Indien Ansässiger in Deutschland tätig, ist entscheidend, ob er im Kalenderjahr mehr als 183 Tage hier war. Denn in Deutschland entspricht das Kalenderjahr dem Steuerjahr.
In Bezug auf Großbritannien ist anzumerken, dass ab 2011 im Gehaltsartikel des DBA nicht mehr auf das Steuerjahr, sondern auf einen 12-Monatszeitraum abgestellt wird.
Sofern im DBA allgemein auf einen 12-Monatszeitraum abgestellt wird, ist gedanklich ein zwölf Monate umfassendes Raster auf der Zeitschiene entlang zu schieben. Dann ist festzustellen, ob im Rasterbild irgendwann mehr als 183 Tage erscheinen. Geht z.B. ein Mitarbeiter am 17.08.01 erstmals ins Land X, würde das Raster zunächst den Zeitraum 17.08.01–16.08.02 umfassen. Es kann dann aber jeweils nach den Umständen des Falles weiter vor oder zurück verschoben werden. Hat sich der Mitarbeiter auch vor oder nach der Entsendung im Zielland aufgehalten, z.B. wegen Urlaubs oder Dienstreisen, können diese Tage auch in das 12-Monatsfenster hineinfallen.
Rz. 544
Beispiel:
Der in Deutschland ansässige Mitarbeiter M ist ab 01.08.01 für 3 Jahre in Spanien tätig.
Vom 01.07.01 bis 10.07.01 war er dort bereits im Rahmen einer Dienstreise tätig. Im DBA Spanien wird auf einen 12-Monatszeitraum abgestellt. Spanien hat das Besteuerungsrecht für alle spanischen Arbeitstage ab 01.08.01, da sich M ab diesem Datum in allen denkbaren 12-Monatszeiträumen nach dem 01.08.01mehr als 183 Tage in Spanien aufhält. Aber auch die Arbeitstage während der Dienstreise vom 01.07.01 bis 10.07.01 unterliegen der spanischen Besteuerung, da M sich in dem 12-Monatszeitraum 01.07.01 bis 30.06.02 ebenfalls mehr als 183 Tage in Spanien aufhält.
Mit Stand 2014 wird in über 30 der deutschen DBA auf einen 12-Monatszeitraum abgestellt.
Rz. 545
Welche Tage für die Ermittlung der 183-Tage-Grenze gezählt werden, hängt ebenfalls von der Formulierung in dem einschlägigen DBA ab. Entweder geht es um Aufenthaltstage (z.B. DBA-Frankreich, -Italien oder -Österreich) oder um Tage, an denen die Arbeit ausgeübt wurde (Arbeitstage), z.B. DBA-Dänemark. Bei der ersten Variante zählen alle Tage, an denen sich der Mitarbeiter physisch im Tätigkeitsstaat aufhält, also Arbeits-, Urlaubs-, Feier- und Krankheitstage ebenso wie Wochenenden. Bei der zweiten Variante zählen nur die Tage, an denen die Arbeit tatsächlich ausgeübt wird. In einzelnen DBA, z.B. DBA-Belgien kann abweichend geregelt sein, dass Tage der üblichen Arbeitsunterbrechung mitgezählt werden.
Die 183 Tage können in beliebiger Form über den maßgebenden 12-Monats-Zeitraum verteilt sein und müssen nicht zusammenhängen.
b) Kein Arbeitgeber im Nicht-Ansässigkeitsstaat für die dort ausgeübte Tätigkeit
Rz. 546
Generell kennt das Steuerrecht zwei unterschiedliche Arbeitgeberbegriffe:
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Zivilrechtlicher Arbeitgeber: Damit ist das Unternehmen gemeint, mit dem der Mitarbeiter einen aktiven (nicht ruhenden) Arbeitsvertrag hat. Das alleine reicht jedoch nicht aus. Dieses Unternehmen muss vielmehr auch tatsächlich die typischen Arbeitgeberfunktionen ausüben, wie z.B. Entscheidungen über Gehaltserhöhungen, Beförderungen, Einsatzort usw. Besonderen Wert legt die Rechtsprechung dabei auf die Gehaltsauszahlung als vornehmste Arbeitgeberfunktion. Oft wird die Gehaltsauszahlung ganz oder teilweise von einem anderen Unternehmen vorgenommen, z.B. durch das ausländische Konzernunternehmen, zu dem der Mitarbeiter entsandt ist. Dann ist unbedingt zu dokumentieren, dass das andere Unternehmen im Namen, im Auftrag und für Rechnung des Arbeitgeberunternehmens tätig ist. In aller Regel ist dazu ein Zahlstellenfunktionsvertrag abzuschließen (s. Rdn 463 ff.). |
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Der zivilrechtliche Arbeitgeber ist somit in Kurzform wie folgt definiert: Aktiver Arbeitsvertrag und Gehaltsauszahlung. |
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Wirtschaftlicher Arbeitgeber: Damit ist das Unternehmen gemeint, das letztendlich den Gehaltsaufwand des Mita... |