Rz. 27
Durch § 1 Abs. 2 EntgFG ist klargestellt, dass auch Teilzeitbeschäftigte vollen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall haben. Hierunter fallen auch geringfügig Beschäftigte.
Rz. 28
Hinsichtlich der Modalitäten der Entgeltfortzahlung gelten dieselben Grundsätze wie für Vollzeitbeschäftigte. Insbesondere beträgt auch für Teilzeitbeschäftigte die Dauer der Entgeltfortzahlung sechs Wochen (42 Tage), § 3 Abs. 1 S. 1 EntgFG, und zwar unabhängig von der Zahl der individuell auf diesen Zeitraum entfallenden Arbeitstage. Nach Ablauf der Entgeltfortzahlung ruhen die gegenseitigen Hauptleistungspflichten aus dem Arbeitsverhältnis. Der Arbeitnehmer hat dann einen Anspruch auf Krankengeld gegen die zuständige Krankenkasse.
Rz. 29
Auch bei lang andauernder Arbeitsunfähigkeit und selbst bei Aussteuerung durch die Krankenkasse, also dem Auslaufen des Krankengeldes nach maximal 78 Wochen für die gleiche Krankheit, endet das Arbeitsverhältnis nicht automatisch. Lediglich ruhen die beiderseitigen Leistungspflichten weiterhin mit Ausnahme der krankheitsbezogenen Pflichten (Melde- und Nachweispflicht gem. § 5 EntgFG) sowie der gesetzlich unverzichtbaren Ansprüche wie Urlaub. Wenn ein langfristig arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer nunmehr gesundet, hat er einen Anspruch darauf, wieder an seinen alten Arbeitsplatz zurückzukehren. Die gegenseitigen Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis leben in diesem Falle wieder auf.
Rz. 30
Endet hingegen das Arbeitsverhältnis, sind die aufgelaufenen Urlaubsansprüche nach Maßgabe der Rechtsprechung abzugelten. § 7 Abs. 3 BUrlG, der auch im Falle der Übertragung des Urlaubes einen Verfall spätestens mit Ablauf des 31.3. des Folgejahres vorsieht, ist unionskonform dahingehend auszulegen, dass er solchen Urlaub nicht erfasst, der wegen einer dauerhaften Erkrankung eines arbeitsunfähigen Arbeitnehmers nicht genommen werden konnte. Diese Rechtsprechung bezieht sich allerdings nur auf den gesetzlichen Mindesturlaub, da nur er europarechtlich gewährt ist. In Einschränkung der sich hieraus ergebenden Konsequenzen hat das BAG festgelegt, dass Arbeitnehmer, die aus gesundheitlichen Gründen an der Erbringung der Arbeitsleistung gehindert sind und ihre gesetzlichen Urlaubsansprüche deshalb auch nicht nehmen konnten, diese spätestens 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres verlieren. Diese weitere Einschränkung ist europarechtskonform. Allerdings ist gerade bei lang andauernd erkrankten Beschäftigten zu beachten, dass Urlaub nach neuerer Rechtsprechung des EuGH nur verfällt, wenn der Arbeitnehmer aus freien Stücken und in voller Kenntnis der sich daraus ergebenden Konsequenzen darauf verzichtet hat, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen. War indes der Arbeitnehmer seit Beginn des Urlaubsjahres durchgehend bis zum 31.3. des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Kalenderjahres arbeitsunfähig, verfällt der Urlaubsanspruch gleichwohl 15 Monate nach Beendigung des Urlaubsjahres unabhängig davon, ob der Arbeitgeber seinen Mitwirkungsobliegenheiten nachgekommen ist oder nicht. Ein Hinweis an einen dauererkrankten Beschäftigten wäre eine bloße Förmelei.
Rz. 31
Hinweis
Der beratende Rechtsanwalt sollte den Arbeitgebermandanten über die die Möglichkeit beraten, das Arbeitsverhältnis durch personenbedingte Kündigung (Krankheit) zu kündigen. Die nahe liegende Empfindung, dass der Arbeitnehmer nach Auslaufen der Entgeltfortzahlung für den Arbeitgeber nichts mehr kostet und deshalb kein Grund besteht, die Risiken eines Kündigungsrechtsstreits auf sich zu nehmen, berücksichtigt zum einen nicht die Notwendigkeit der Dispositionen über den Arbeitsplatz; sofern keine endgültige Regelung geschaffen ist, kann der Arbeitgeber auf dem Arbeitsplatz nur befristet beschäftigte Arbeitnehmer einsetzen. Zum zweiten berücksichtigt sie auch nicht die erheblichen Urlaubsabgeltungsansprüche. Bei vertraglich gewährleisteten 30 Arbeitstagen Urlaub und einer Vertragsklausel, die nicht zumindest zwischen gesetzlichen und vertraglichen Ansprüchen differenziert, laufen so pro Jahr der Erkrankung immerhin 1,5 Monatsgehälter auf.