Rz. 16
BGH, Urt. v. 18.5.2010 – VI ZR 142/09, VersR 2010, 1103
Zitat
SGB VI §§ 36, 37; SGB X § 116 Abs. 1 S. 1; RVO § 1542
Die schwerbehinderten Menschen gemäß § 37 SGB VI in der Fassung vom 19.2.2002 zu zahlende Altersrente dient jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt, in dem der Versicherte die Regelaltersgrenze (§ 35 SGB VI in der Fassung vom 19.2.2002) erreicht hat, dem Ausgleich des diesem unfallbedingt entstandenen Erwerbsschadens.
I. Der Fall
Rz. 17
Die Klägerin begehrte als Trägerin der gesetzlichen Rentenversicherung von der Bundesrepublik Deutschland (Beklagte) aus übergegangenem Recht die Erstattung von Aufwendungen, die sie für ihren Versicherten H. erbracht hatte.
Rz. 18
Der im August 1943 geborene H. wurde am 13.10.1975 bei einem Verkehrsunfall, den Angehörige der Streitkräfte der USA verursacht hatten, schwer verletzt. Die Haftung der USA dem Grunde nach mit einer Haftungsquote von ⅔ stand zwischen den Parteien außer Streit. H. war unfallbedingt ein Erwerbsschaden entstanden, der sich im September 2006 auf 1.862,56 EUR und in den Monaten Oktober bis Dezember 2006 auf 1.871,08 EUR monatlich belief. Wegen seiner schweren Verletzungen bezog H. seit dem Unfall eine Verletztenrente von der zuständigen Berufsgenossenschaft und seit dem 1.9.2003, der Vollendung seines 60. Lebensjahrs, eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen von der Klägerin. Diese führte darüber hinaus Beiträge zur Krankenversicherung der Rentner ab. Die bis einschließlich August 2006 erbrachten Leistungen erstattete die Beklagte im Umfang der Ersatzpflicht der USA. Zahlungen an die Klägerin für die Zeit danach lehnte sie ab.
Rz. 19
Die Klägerin begehrte Ersatz ihrer Rentenzahlungen und der auf H. entfallenden Beitragsanteile zur Krankenversicherung unter anteiliger Kürzung entsprechend den Größenverhältnissen ihrer Leistungen und derjenigen der Berufsgenossenschaft sowie die Erstattung der auf sie entfallenden Beitragsanteile für September bis Dezember 2006. Darüber hinaus begehrte sie die Feststellung der entsprechenden Ersatzverpflichtung der Beklagten bis zum 31.8.2008 (Vollendung des 65. Lebensjahres des Geschädigten). Die Beklagte war der Auffassung, seit der Vollendung des 63. Lebensjahres des H. fehle es an der erforderlichen sachlichen Kongruenz zwischen der Leistungspflicht der Klägerin und dem Schadensersatzanspruch des Geschädigten, da von diesem Zeitpunkt an die Voraussetzungen für die vorzeitige Inanspruchnahme einer Altersrente für langjährig Versicherte gemäß § 36 SGB VI vorgelegen hätten und die Aufwendungen der Klägerin deshalb nicht mehr unfallbedingt seien. Jedenfalls müsse sich die Klägerin Zahlungen der Beklagten als Erfüllung anrechnen lassen, die diese in den Monaten September bis Dezember 2006 an die Berufsgenossenschaft erbracht habe.
Rz. 20
Beide Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgte die Beklagte ihren Klagabweisungsantrag weiter.
II. Die rechtliche Beurteilung
Rz. 21
Das Berufungsurteil hielt den Angriffen der Revision stand. Das Berufungsgericht hatte mit Recht angenommen, dass die Klägerin von der Beklagten aus übergegangenem Recht ihres Versicherten H. Ersatz der an diesen erbrachten Rentenleistungen und der für ihn an die Krankenversicherung der Rentner abgeführten Beiträge für die Zeit vom 1.9.2006 bis 31.8.2008 im geltend gemachten Umfang verlangen kann.
Rz. 22
Zutreffend und von der Revision nicht angegriffen war der nicht näher erörterte Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass dem Geschädigten H. aufgrund des von den amerikanischen Streitkräften verursachten Verkehrsunfalls vom 13.10.1975 ein Anspruch auf Ersatz von ⅔ des ihm entstandenen Erwerbsschadens erwachsen ist. Der Anspruch ergibt sich aus Art. 8 Abs. 5 Nato-Truppenstatut (NTS) i.V.m. §§ 839, 842 BGB, Art. 34 GG, §§ 7, 11 StVG a.F. (vgl. BGH, Urt. v. 28.9.1978 – III ZR 203/74, VersR 1979, 348; vom 30.10.1980 – III ZR 132/79, VersR 1981, 134; Beschl. v. 22.5.1980 – III ZR 121/79, VersR 1980, 939; vgl. auch Urt. v. 20.11.1969 – III ZR 234/68, VersR 1970, 665, 667). Er richtet sich gegen die USA, ist aber gemäß Art. 6 Abs. 1, 12 Abs. 2 des Gesetzes zum Nato-Truppenstatut und zu den Zusatzvereinbarungen vom 18.8.1961 (BGBl II S. 1183) gegen die Bundesrepublik Deutschland geltend zu machen (vgl. Urt. v. 20.11.1969 – III ZR 234/68, a.a.O.).
Rz. 23
Zu dem vom Schädiger zu ersetzenden Erwerbsschaden gehört nicht nur der unfallbedingt entgangene Verdienst, sondern auch der infolge der unfallbedingten Aufgabe der Erwerbstätigkeit eingetretene Verlust des Schutzes der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. Senatsurt. BGHZ 151, 210, 218; v. 14.11.1958 – VI ZR 237/57, VersR 1959, 51, 52; v. 20.12.1977 – VI ZR 110/76, VersR 1978, 323, 324 f.; vom 31.1.1989 – VI ZR 199/88, VersR 1989, 604, 605 m.w.N.; Wussow/Dressler, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Aufl., Kap. 32 Rn 48; Geigel/Plagemann, Der Haftpflichtprozess, 25. Aufl., Kap. 4, Rn 103, Kap. 30 Rn 25, 135; Staudinger/Vieweg, BGB, Bearbeitung 2007, § 842 Rn 62 ff.).
Rz. 24
Die Höhe des dem Klä...