Rz. 47
Die Revisionen beider Parteien hatten keinen Erfolg.
Die Parteien rügten nicht, dass das Berufungsgericht durch Grund- und Teilurteil entschieden hatte. Das war auch nicht zu beanstanden.
Rz. 48
Durch das rechtskräftige Urteil des Berufungsgerichts vom 29.4.1992 i.V.m. dem Urteil des LG vom 23.12.1987 war lediglich festgestellt, dass der Beklagte dem Kläger den Verdienstausfallschaden zu ersetzen hat, der diesem wegen der bei seiner Geburt erlittenen Hörschädigung entstanden ist. Weitere Vorgaben zur Beurteilung der haftungsausfüllenden Kausalität ergeben sich daraus nicht.
Rz. 49
Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits war, ob der Kläger ohne den vom Beklagten zu vertretenden Behandlungsfehler einen höher qualifizierten und dotierten Beruf ergriffen hätte und welcher Erwerbsschadensbetrag sich gegebenenfalls daraus ergibt. Beide Fragen betreffen die haftungsausfüllende Kausalität. Sie bedürfen aber selbstständiger tatsächlicher Feststellungen. Ist die erste Frage zu verneinen, kommt es auf die zweite Frage nicht mehr an. Bei einer derartigen Sachlage, die bei der Geltendmachung von Erwerbsschäden häufig vorkommt, kann der Erlass eines Grundurteils dazu dienen, die vorrangige Frage durch die Instanzen abschließend zu klären, bevor in eine möglicherweise aufwändige Beweisaufnahme zu der nachrangigen Frage eingetreten wird. Die Voraussetzungen des § 304 ZPO stehen einer solchen Verfahrensweise nicht entgegen. Danach kann das Gericht über den Grund vorab entscheiden, wenn ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig ist. Die Vorschrift entspringt prozesswirtschaftlichen Gründen. Bei ihrer Anwendung und Auslegung ist vor allem den Erfordernissen der Prozessökonomie Rechnung zu tragen. Der Erlass eines Grundurteils ist daher unzulässig, wenn dies nicht zu einer echten Vorentscheidung des Prozesses führt. Dieses Kriterium und nicht dogmatische Erwägungen sind deshalb maßgebend dafür, ob in einem Grundurteil nur der materiell-rechtliche Haftungsgrund oder auch die haftungsausfüllende Kausalität – ganz oder zum Teil – abzuhandeln ist. Ob deren Einbeziehung in das Grundurteil prozessökonomisch vertretbar oder gar geboten ist, hängt wesentlich von der Natur des geltend gemachten Anspruchs ab (vgl. Senatsurt. v. 13.5.1980 – VI ZR 276/78, VersR 1980, 867, 868 und v. 10.1.1989 – VI ZR 43/88, VersR 1989, 603; OLG Köln VersR 1998, 1247).
Rz. 50
Sowohl die haftungsbegründende als auch die haftungsausfüllende Kausalität – hier die für die Schadenshöhe maßgebende Prognose der hypothetischen Entwicklung ohne das schädigende Ereignis – gehören zum Grund des Anspruchs, auch wenn Fragen der haftungsausfüllenden Kausalität notwendiger- oder zweckmäßigerweise oft erst im Betragsverfahren geprüft werden. Es spricht deshalb nichts dagegen, ein Grundurteil aus prozessökonomischen Gründen auch dann zu erlassen, wenn zwar über die grundsätzliche Haftungsfrage bereits durch Feststellungsurteil entschieden ist, die Parteien aber in einem weiteren Rechtsstreit im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität darüber streiten, ob dem Kläger überhaupt ein Schaden entstanden ist und wenn ja, in welcher Höhe (vgl. auch Senatsurt. v. 7.6.1983 – VI ZR 171/81, VersR 1983, 735, 736; BGH, Urt. v. 5.3.1993 – V ZR 87/91, VersR 1993, 1279, 1280; OLG Köln, a.a.O.).
Rz. 51
Dem Berufungsurteil war auch mit der erforderlichen Bestimmtheit zu entnehmen, inwieweit der Klageanspruch gerechtfertigt und insoweit durch das Grundurteil beschieden und inwieweit die Klage durch das Teilurteil abgewiesen worden ist. Nach Auffassung des Berufungsgerichts stand dem Kläger ein Anspruch auf Ersatz des Verdienstausfallschadens nur in Höhe von 80 % der Differenz zwischen dem ohne den Schadensfall erzielbaren und dem tatsächlich erzielten Verdienst zu. Damit ist der Forderung Genüge getan, dass ein Grund- und Teilurteil nur in der Form ergehen darf, dass jeweils ein quantitativer, zahlenmäßig oder auf sonstige Weise bestimmter Teil des – teilbaren – Streitgegenstandes dem abschließend beschiedenen Teil des Klageanspruchs und der Zwischenentscheidung über den Grund zugeordnet wird (dazu BGH, Urt. v. 12.7.1989 – VIII ZR 286/88, BGHZ 108, 256, 260; Senatsurt. v. 10.1.1989 – VI ZR 43/88, a.a.O.). Eine Bezifferung des abgewiesenen Teils der Klage ist in der gegebenen Verfahrenssituation weder nötig noch möglich. Der durch das Berufungsurteil für gerechtfertigt erklärte Teil der Klage könnte ebenso wie der abgewiesene Teil Gegenstand einer Teil- (Feststellungs-) Klage sein; auf Zahlung einer Geldsumme gerichtete Ansprüche sind, unabhängig davon, ob es sich um einen einheitlichen Anspruch handelt, grundsätzlich teilbar (vgl. Senatsurt. v. 20.1.2004 – VI ZR 70/03, VersR 2004, 1334, 1335).
Rz. 52
Die Revision des Klägers war unbegründet.
Das Berufungsgericht nahm an, es lägen auch unter dem erleichterten Beweismaßstab des § 287 ZPO keine ausreichenden Indizien dafür vor, dass der Kläger ohne die Hörschädigung einen Hochschulabschluss erreicht hätte. Das ließ keinen Rechtsfehler erk...