Rz. 199
Zu Recht hatte das Berufungsgericht den Steuerschaden der Klägerin unter Berücksichtigung des Umstandes bestimmt, dass die Klägerin verheiratet ist und mit ihrem Ehemann zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wird.
Rz. 200
Die Maßgeblichkeit der von der Klägerin gewählten Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer folgt aber aus § 249 Abs. 2 S. 1, § 252 S. 1 BGB. Danach kann, wenn wegen Verletzung einer Person Schadensersatz zu leisten ist, der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen, wovon auch der entgangene Gewinn umfasst ist. Für die vorliegende Fallkonstellation einer mit ihrem Ehegatten zur Einkommensteuer zusammenveranlagten Geschädigten bedeutet dies, dass die Geschädigte von dem Schädiger, der ihr neben entgangenem Nettoverdienst die darauf anfallenden Steuern zu ersetzen hat, den Einkommensteuerbetrag ersetzt verlangen kann, der sich auf der Grundlage der Zusammenveranlagung ergibt.
Rz. 201
Allerdings hat der Senat mit dem genannten Urt. v. 28.4.1970 (VI ZR 193/68, VersR 1970, 640, 642, juris Rn 43) – für sich genommen gegenläufig – ausgeführt, dass eine tatsächlich mit ihrem Ehemann zusammenveranlagte Ehefrau nur den Steuerbetrag ersetzt verlangen könne, der sich ergäbe, wenn sie allein steuerlich veranlagt würde. Andernfalls sei der zu erstattende Betrag allein deshalb wesentlich höher als eine von der Geschädigten auf den fraglichen Teil ihres Einkommens an sich zu entrichtende Steuer, weil sie mit ihrem ein erheblich höheres Einkommen erzielenden Ehemann die gemeinsame Steuerveranlagung gewählt habe. Der Umstand, dass die geschädigte Ehefrau die gemeinsame Veranlagung wählen dürfe, könne aber nicht dazu führen, dass die Geschädigte die Vorteile, die in Wahrheit nur für das Einkommen des höher verdienenden Ehemannes bestünden, gegenüber dem zum Schadensersatz verpflichteten Schädiger ins Feld führen könne. Die Berechnung auf Grundlage der Zusammenveranlagung führe praktisch dazu, dass der Schädiger einen Teil der von dem Ehemann der Geschädigten an sich geschuldeten höheren Steuer zu ersetzen habe. Das könne nicht rechtens sein. Der Schädiger sei nur verpflichtet, die Steuern zu ersetzen, die auf das Einkommen der Geschädigten, genauer gesagt, auf ihre Ausfallentschädigung entfielen.
Rz. 202
Es ist bereits fraglich, ob dieser Entscheidung eine allgemeine Aussage über den konkret entschiedenen Sachverhalt hinaus zu entnehmen ist (Sonderfall mit Verdacht auf verdeckte Gewinnausschüttung).
Rz. 203
Soweit dessen ungeachtet dem Senatsurteil v. 28.4.1970 (VI ZR 193/68, VersR 1970, 640) hinsichtlich der hier maßgeblichen Frage der Berechnung des Steuerschadens bei zusammenveranlagten Ehegatten eine über den konkreten Fall hinausgehende Aussage entnommen wird, hält der Senat an dieser Auffassung jedenfalls insoweit nicht länger fest.
Rz. 204
Einkommensteuerrechtlich zählen die vom Schädiger für den Nettoverdienstausfall des Geschädigten zu leistenden Ersatzzahlungen zu den der Einkommensteuer unterliegenden Einkünften des Geschädigten (§ 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. § 2 Abs. 1 S. 1 EStG). Bei einem mit seinem Ehegatten zusammenveranlagten Geschädigten werden die Einkünfte beider Ehegatten zusammengerechnet, den Ehegatten gemeinsam zugerechnet und die Ehegatten sodann, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, gemeinsam als Steuerpflichtiger behandelt (§ 26b EStG). Die zusammenveranlagten Ehegatten sind Gesamtschuldner, jeder Gesamtschuldner schuldet grundsätzlich die gesamte Leistung der für beide Eheleute festzusetzenden Einkommensteuer (§ 44 Abs. 1 AO). Bei dem von der Klägerin geltend gemachten Steuerschaden handelt es sich folglich nicht um eine "an sich" von ihrem Ehegatten geschuldete Steuer, sondern in voller Höhe um eine eigene Steuerschuld aus gemeinsamem Einkommen. Dabei handelt es sich nicht um das Ergebnis einer besonderen steuerlichen Gestaltung; die Durchführung der Zusammenveranlagung ist vielmehr gesetzlich angeordnet, soweit nicht ein Ehegatte ausdrücklich die Einzelveranlagung wählt (§ 26 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 EStG). Das Splittingverfahren nimmt im Ergebnis den die familienrechtliche Ausgestaltung der Ehe bestimmenden Grundgedanken der Ehe als Gemeinschaft des Erwerbs und Verbrauchs auf, in der ein Ehegatte an den Einkünften und Lasten des anderen wirtschaftlich jeweils zur Hälfte teilhat.
Rz. 205
Die auf dieser Grundlage bestehende konkrete Steuerlast der Klägerin ist auch schadensrechtlich maßgeblich. Ein anderes Ergebnis widerspräche dem § 249 BGB zugrunde liegenden Leitgedanken des Schadensrechts, nach dem der Schaden, für den der Schädiger aufkommen muss, so zu berechnen ist, dass der Geschädigte durch den Schadensausgleich nicht besser, aber auch nicht schlechter gestellt wird als ohne das Schadensereignis. Der Verpflichtung zum Ersatz des Steuerschadens, die unter Ziff. 3 des Tenors des im Vorprozess ergangenen Urteils ausgesprochen wurde, liegt erkennbar die sog. modifizierte Nettolohnmethode zugrunde. Nach dieser Methode zur Ermittlung de...