Rz. 32
Zutreffend kommt daher Kurze zum Ergebnis, dass die Beurkundung "aus formalen Gründen nicht notwendig" ist, "gegebenenfalls aus Praktikabilitätsgründen zu empfehlen". So spricht der höhere "Beweiswert" einer Beurkundung für die Beurkundung. Ebenfalls zutreffend führen Renner/Braun aus, dass Dritte erheblich mehr Vertrauen der beurkundeten Vollmacht entgegenbringen; sie würde "Brief und Siegel" tragen, sie "macht mehr her" und hat die "Aura des Amtlichen". In diesem Zusammenhang ist zu bedenken, dass ein Dritter zumeist nicht verpflichtet ist, ein Geschäft abzuschließen. Sollte dieser ein ungutes Gefühl aufgrund der nur beglaubigten Unterschrift seines potenziellen Geschäftspartners haben, kann er ohne Angabe von Gründen ein Geschäft nicht abschließen.
Rz. 33
Jedoch kann bei einer laufenden Geschäftsbeziehung sehr wohl ein Geschäftsgegner zur Akzeptanz einer Vorsorgevollmacht gezwungen sein. Das Landgericht Hamburg hatte einer Sparkasse die Kosten des Betreuungsverfahrens auferlegt. Das Betreuungsverfahren war erforderlich geworden, weil die Sparkasse sich geweigert hat, eine Vorsorgevollmacht anzuerkennen und der bevollmächtigten Tochter der Vollmachtgeberin Geld auszuzahlen. Das Hamburger Gericht hat § 81 Abs. 4 FamFG herangezogen, wonach der Sparkasse als nicht beteiligte Dritte die Kosten aufzuerlegen waren, da die Sparkasse die Tätigkeit des Gerichts veranlasst hatte und sie grobes Verschulden traf. Auch Zimmermann weist zu Recht darauf hin, dass Banken auf die Verwendung eines Bankformulars zur Vollmachtserteilung keinen Anspruch haben. Entsprechend hat das LG Detmold entschieden, dass der Bevollmächtigte zu einer Verfügung über ein Bankkonto des Vollmachtgebers berechtigt ist, auch wenn für dieses keine gesonderte Bankvollmacht erteilt worden ist. Die dort verklagte Bank ist dann auf Schadenersatz verurteilt worden, und zwar hinsichtlich der Aufwendungen für die Einschaltung eines Rechtsanwaltes (§§ 280 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB).
Rz. 34
Diese Einzelfälle belegen, dass es bei nicht beurkundeten Vollmachten zumindest zu Zeitverzögerungen und einem Mehraufwand kommen kann. Wenn schon der Fall der Handlungsunfähigkeit des Vollmachtgebers eingetreten ist, möchte keiner noch Rechtsdiskussionen mit Geschäftsgegnern führen müssen und gegebenenfalls sogar gerichtliche Hilfe hierfür in Anspruch nehmen.
Rz. 35
Auch im Falle von Auslandsvermögen kann es vorteilhaft sein, wenn eine Vollmacht notariell beurkundet wurde.
Rz. 36
Zugunsten der Beurkundung wird die höhere Flexibilität der Beurkundung angeführt. Das Argument, von der unterschriftsbeglaubigten Vollmacht gäbe es nur ein Original, kann schnell widerlegt werden: Bei einer Gebühr von nur 10 EUR kann der Vollmachtgeber sich ohne große Kostenbelastung gleich fünf oder zehn "Originale" beglaubigen lassen. Entsprechend kann der Notar Ausfertigungen der beurkundeten Vollmacht erteilen. Anspruch auf Erteilung von Ausfertigungen hat nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 BeurkG nur der Vollmachtgeber. Jedoch bietet § 51 Abs. 2 BeurkG die Möglichkeit, ob und unter welchen Voraussetzungen dem oder den Bevollmächtigten weitere Ausfertigungen erteilt werden dürfen. Ein bedeutender Vorteil der beurkundeten Vollmacht besteht darin, dass die Erteilung von auszugsweisen Ausfertigungen möglich ist. Bei einer auszugsweisen Ausfertigung hat der Notar zu bezeugen, dass die nicht ausgefertigten Teile der Urkunde keine weiteren Bestimmungen über den ausgefertigten Urkundsinhalt enthalten (§ 42 Abs. 2 BeurkG).
Rz. 37
Gerade, wenn sämtliche Bausteine der rechtlichen Vorsorge in einem Dokument zusammengefasst sind, bieten Ausfertigungen von Auszügen große Vorteile. Ein Immobilienkäufer oder eine Bank müssen natürlich nicht wissen, welche Wünsche der Vollmachtgeber in seiner Patientenverfügung festgehalten hat. Dabei hat jeder selber zu entscheiden, wie vertraulich er seine diesbezüglichen Regelungen ansieht. Aber: So "privat" sind die Vorgaben vielleicht in der Regel dann doch nicht, da erfahrungsgemäß nahezu sämtliche Personen wünschen, dass ihre Behandlung im Ernstfall nicht auf eine maximale Lebensdauer ausgerichtet ist, sondern auf Beschwerdefreiheit.