Rz. 138
Der Abschluss eines Aufhebungsvertrages ist nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit (§ 311 Abs. 1 BGB) zulässig.
Rz. 139
Schließen Franchise-Geber und Franchise-Nehmer einen Aufhebungsvertrag, müssen die beiderseitigen Interessen, die mit einer vorzeitigen Beendigung des Franchise-Vertrages zusammenhängen, angemessen berücksichtigt werden. Dies gilt insb. für die Verpflichtungen, die dem Franchise-Nehmer für den Fall der Beendigung des Vertrages auferlegt werden, wie z.B. Geheimhaltungsverpflichtungen.
Rz. 140
Hierzu sollte die Rspr. des BAG, auch wenn sich diese auf Arbeitsverträge bezieht, beachtet werden, d.h. es muss sich bei dem Aufhebungsvertrag um einen "fair verhandelten" Vertrag handeln.
Ein solcher fair verhandelter Aufhebungsvertrag liegt dann nicht vor, wenn
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der Franchise-Nehmer mit dem Abschluss des Aufhebungsvertrages überrumpelt wird bzw. |
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ein Überraschungsmoment beim Franchise-Nehmer ausgenutzt wird, insbesondere dann, wenn die Verhandlungen an ungewöhnlichen Orten oder zu ungewöhnlichen Zeiten durchgeführt werden; |
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vom Franchise-Geber unangenehme Rahmenbedingungen für die Dauer der Verhandlungen geschaffen werden, um so den Franchise-Nehmer zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages zu veranlassen. |
Insofern gilt auch für den Abschluss eines Aufhebungsvertrages mit einem Franchise-Nehmer, dass dieser ausgewogen und weder intransparent i.S.v. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB sein darf noch diesen unbillig benachteiligen i.S.v. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.
Gleichzeitig habe ich beim Abschluss von Aufhebungsverträgen wiederholt festgestellt, dass diese eine sog. "Ausschlussklausel" enthalten und teilweise die Verjährung für weiter geltend zu machende Ansprüche bis auf 3 Monate abgekürzt wird.
Rz. 141
Auch sollte eine Aufhebungsvereinbarung eine umfassende Ausgleichsklausel enthalten, um zu verhindern, dass im Nachhinein u.a. noch Schadensersatzansprüche wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten oder Zahlungsansprüche geltend gemacht werden. Dann würde eine Aufhebungsvereinbarung nämlich ihres eigentlichen Sinns, eine abschließende Einigung zwischen Franchise-Geber und -Nehmer herbeizuführen, entleert.
So wünschenswert eine solche Regelung auch für einen Franchise-Geber ist, so wird dabei übersehen, dass auch Aufhebungsverträge – selbst bei einmaliger Verwendung – der Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen gem. §§ 305 ff. BGB unterliegen.
Dies ist zuletzt noch vom BAG in mehreren Entscheidungen, wie z.B. im Urteil vom 18.9.2018 oder mit Urteil vom 26.11.2020 festgestellt worden.
Insofern ist eine in einem Aufhebungsvertrag vereinbarte Ausschlussklausel unwirksam, wenn mit dieser alle Ansprüche, die sich ggf. aus dem Franchise-Vertrag ergeben, verfallen, wenn diese nicht binnen bestimmter Fristen geltend gemacht werden. Eine solche Regelung stellt nach der Rspr. des BAG, die insoweit auch auf Franchise-Verträge anzuwenden ist, eine unangemessene Benachteiligung des Franchise-Nehmers i.S.v. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB dar.
Rz. 142
Wird ein Aufhebungsvertrag abgeschlossen und war ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart, ist dies ebenfalls im Aufhebungsvertrag zu berücksichtigen. Unterbleibt eine Berücksichtigung, ist auf die Unwirksamkeit eines solchen nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes § 75 Abs. 1 HGB entsprechend anwendbar. Das Wettbewerbsverbot wird damit unwirksam, wenn der dadurch belastete Teil – der Franchise-Nehmer – innerhalb eines Monats nach Wirksamkeit des Aufhebungsvertrages mitteilt, dass er sich an die Vereinbarung nicht gebunden fühlt.
Rz. 143
Wurde neben dem Franchise-Vertrag ein Schiedsgerichtsvertrag abgeschlossen, umfasst die Aufhebung des Franchise-Vertrages ohne ausdrückliche Vereinbarung nicht auch den Schiedsgerichtsvertrag. Eine konkludente Aufhebung kommt nur in Betracht, wenn sich Anhaltspunkte dafür finden lassen, dass Franchise-Geber und Franchise-Nehmer auch vom Schiedsgerichtsvertrag Abstand nehmen wollten.