Rz. 250
Eine Gerichtsstandsvereinbarung in Franchise-Verträgen ist gem. § 38 Abs. 1 ZPO nur zulässig, wenn sowohl Franchise-Geber als auch Franchise-Nehmer Vollkaufleute sind. Anderenfalls ist die entsprechende Klausel im Franchise-Vertrag unwirksam, sodass der Franchise-Nehmer vom Franchise-Geber nur im allgemeinen Gerichtsstand (§§ 12, 13, 17 ZPO) verklagt werden kann.
Rz. 251
Eine solche Gerichtsstandvereinbarung kann auch mit einem Existenzgründungs-Franchise-Nehmer geschlossen werden. Maßgebend ist auch insoweit der Beschluss des BGH vom 24.2.2005, wonach Unternehmer- (§ 14 BGB) und nicht Verbraucherhandeln (§ 13 BGB) vorliegt, wenn das betreffende Geschäft (Abschluss eins Franchise-Vertrages) im Zuge der Aufnahme einer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit (sog. Existenzgründung) erfolgt. Insofern kann mit einem Existenzgründungs-Franchise-Nehmer i.R.d. Franchise-Vertrages genauso eine Gerichtsstandsvereinbarung gem. § 38 ZPO vereinbart werden.
Rz. 252
Allerdings ist es in der Rspr. der Instanzgerichte umstritten, ob in Franchise-Verträgen mit Existenzgründungs-Franchise-Nehmern eine Gerichtsstandsvereinbarung wirksam vereinbart werden kann.
Während das LG Stuttgart in seinem Urteil vom 18.10.2021 davon ausgeht, dass in Franchise-Verträgen mit Existenzgründungs-Franchise-Nehmern keine Gerichtsstandsvereinbarung getroffen werden kann, weil es bei einem solchen Franchise-Nehmer an der Kaufmannseigenschaft zum Zeitpunkt des Abschlusses des Franchise-Vertrages und damit dem der Gerichtsstandsvereinbarung mangelt, geht das OLG Frankfurt/Main in seinem Urteil vom 8.12.2021 davon aus, dass eine solche Gerichtsstandsvereinbarung getroffen werden kann.
Von der Zulässigkeit einer solchen Gerichtsstandsvereinbarung, auch mit Existenzgründungs-Franchise-Nehmern, gehen teilweise auch die erstinstanzlichen Gerichte aus, wie beispielhaft ein Urteil des AG Bochum vom 15.8.2019 zeigt.
Dabei spielt für die Beurteilung der Zulässigkeit von Gerichtsstandsvereinbarungen mit Existenzgründungs-Franchise-Nehmern das Urteil des BGH vom 17.10.2019 deswegen keine Rolle, weil der BGH eine Gerichtsstandsvereinbarung in einem internationalen Franchise-Vertrag zu beurteilen hatte und damit mit einem Masterfranchise-Nehmer, dessen Kaufmannseigenschaft bei Abschluss des Masterfranchise-Vertrages außer Frage stand.
Dabei darf auch nicht die Entscheidung des BayObLG vom 26.10.2021 unberücksichtigt bleiben. Vereinbart worden war hier nämlich eine Gerichtsstandsvereinbarung mit einer sog. "salvatorischen Klausel". Insofern hieß es in dem abgeschlossenen Vertrag:
Zitat
"… Gerichtsstand für alle Streitigkeiten aus diesem Vertrag ist … soweit gesetzlich zulässig. …"
Rz. 253
Eine solche Gerichtsstandsvereinbarung sieht das BayObLG als intransparent i.S.v. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB an und damit als unangemessen benachteiligend i.S.v. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Konsequenz ist dann die Unwirksamkeit einer solchen Gerichtsstandsvereinbarung.
In entsprechender Weise hat das LG Karlsruhe mit Beschluss vom 31.10.2022 eine Gerichtsstandsvereinbarung als intransparent gem. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB angesehen, die nicht klar und verständlich zum Ausdruck bringt, ob diese einen ausschließlichen Gerichtsstand oder lediglich einen zusätzlichen Aktivgerichtsstand am Sitz des Verwenders (Franchise-Geber) begründen soll.