Rz. 171

Voraussetzung des Urkundenprozesses ist, dass ein Anspruch auf Zahlung oder auf Leistung einer bestimmten Menge anderer vertretbarer Sachen oder Wertpapiere Streitgegenstand ist (§ 592 ZPO). Dem gleichgestellt ist nach § 592 S. 2 ZPO ein Anspruch aus einer Hypothek, einer Grundschuld, einer Rentenschuld oder einer Schiffshypothek. Die Herausgabe von bestimmten Gegenständen[346] oder aber auch der Anspruch auf Übertragung von GmbH-Anteilen[347] kann nicht im Wege des Urkundenprozesses geltend gemacht werden.

Weitere Voraussetzung für das Verfahren im Urkundenprozess ist, dass hinsichtlich aller anspruchsbegründenden Tatsachen der Beweis durch Urkunden erfolgt. Als Urkunden kommen alle Schriftstücke in Betracht, unabhängig davon, ob sie öffentlich oder privater Natur, ob sie handschriftlich oder maschinell erstellt oder ob sie unterschrieben bzw. nicht unterzeichnet sind.[348] Im Rahmen der Geltendmachung von Vermächtnisansprüchen kommt als Urkunde die notarielle Verfügung von Todes wegen, aber auch die handschriftliche, sowie die Niederschrift des Nachlassgerichtes über deren Eröffnung in Betracht.[349] Da es nach Ansicht der Rechtsprechung für den Urkundenprozess unerheblich ist, ob der Schuldner bei der Errichtung der Urkunde mitgewirkt hat, ist jede Art der Verfügung von Todes wegen, auch die einseitige, dem Urkundenprozess grundsätzlich zugänglich.[350]

 

Rz. 172

Ein Unterschied zwischen notarieller und handschriftlicher Verfügung ergibt sich aber im Hinblick auf die Beweiskraft der Urkunde. So gilt für die notarielle Verfügung die Vorschrift des § 415 ZPO, für die Handschriftliche die §§ 416, 440 ZPO.[351] Beim notariellen Testament handelt es sich um eine Urkunde i.S.v. § 415 ZPO.[352] Hinsichtlich deren Beweiskraft gilt, dass die gesetzliche Vermutung der Richtigkeit der Urkunde solange nicht widerlegt ist, bis nicht alle Möglichkeiten ausgeräumt sind, die irgendwie für die Richtigkeit des Urkundeninhalts sprechen.[353]

 

Rz. 173

Ob sich die Klage für den Urkundenprozess eignet, ist allerdings von Amts wegen zu prüfen.[354] Da allein Urkunden für die anspruchsbegründenden Tatsachen als Beweis zulässig sind, scheidet die Geltendmachung eines auf Geld gerichteten Vermächtnisses dann aus, wenn die Höhe des Vermächtnisses nicht bereits als bestimmter Betrag festgelegt ist, sondern bspw. wie beim Quotenvermächtnis vom Wert des Nachlasses abhängt und dieser durch Sachverständigengutachten zu ermitteln ist. Der Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens ist im Urkundenprozess nicht zulässig.[355]

[346] OLG Celle OLGR 1996, 32.
[347] OLG Köln GmbHR 1995, 293.
[348] Zöller/Graeger, § 592 Rn 14 ff.
[349] Vgl. Krug, in: Krug/Rudolf/Kroiß/Bittler, Anwaltformulare Erbrecht, § 15 Rn 211.
[350] RGZ 142, 306; a.A. Musielak/Voit, § 592 Rn 12; Zöller/Gareger, Vor § 592 Rn 1.
[351] Krug, in: Krug/Rudolf/Kroiß/Bittler, Anwaltformulare Erbrecht, § 15 Rn 209.
[352] BayObLG München NJW-RR 2000, 456 = NJW-FER 2000, 154 = MittRhNotK 1999, 349.
[353] RGZ 131, 284; BGHZ 16, 217, 227.
[354] Zöller/Graeger, § 592 Rn 5.
[355] Zöller/Graeger, § 592 Rn 14.

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