Rz. 74
Nach § 2059 Abs. 1 S. 1 BGB hat jeder Erbe die Möglichkeit, die Begleichung von Nachlassverbindlichkeiten aus seinem Eigenvermögen zu verweigern, soweit es sich nicht um seinen Anteil an der Erbengemeinschaft handelt. Eine endgültige Haftungsbeschränkung kann hierdurch nicht erzielt werden. Da die Berufung auf § 2059 Abs. 1 S. 1 BGB nur bis zum Zeitpunkt der Teilung des Nachlasses möglich ist, handelt es sich um eine aufschiebende Einrede. Als Einrede wird sie nicht von Amts wegen geprüft, der Erbe muss sie erheben. Im Urteil ist dann ein Vorbehalt gem. § 780 ZPO aufzunehmen. Der Vorbehalt ist dann erst im Verfahren der Zwangsvollstreckung zu beachten, wo sich der Schuldner ggf. mit der Vollstreckungsgegenklage gem. §§ 781, 784 Abs. 1, 785, 767 ZPO zur Wehr setzen muss. Die Einrede verhindert nicht den Eintritt des Verzugs.
Rz. 75
Vor der Teilung des Nachlasses ist die Aufrechnung eines Nachlassgläubigers gegen eine private Forderung eines Miterben gegen den Nachlassgläubiger nach § 390 BGB ausgeschlossen.
Rz. 76
Die Gewährung der Haftungsbeschränkung nach § 2059 Abs. 1 S. 1 BGB gleicht aus, dass der einzelne Miterbe in dieser Situation anderenfalls mit seinem Privatvermögen für Nachlassverbindlichkeiten haften würde, deren Erfüllung ihm aus dem Nachlass wegen §§ 2038, 2040 BGB nicht möglich ist. Hinzu kommt, dass allein der einzelne Miterbe nicht berechtigt ist, die Nachlassverwaltung nach § 1981 BGB allein zu beantragen, § 2062 BGB. Könnte der Gläubiger bereits dann ohne Beschränkung auf das Eigenvermögen des Erben zugreifen, wäre der Gläubiger unverhältnismäßig stark begünstigt. Ann bemerkt hier zutreffend, dass anderenfalls die vom Gesetzgeber beabsichtigte Haftungsbeschränkungsmöglichkeit der Erben entwertet würde.
Rz. 77
Insofern ist die Ausnahme des § 2059 Abs. 1 S. 2 BGB auch verständlich, wonach dem unbeschränkt haftenden Erben das Recht nach § 2059 Abs. 1 S. 1 BGB bzgl. des seinem Erbteil entsprechenden Anteils an der Nachlassverbindlichkeit nicht zusteht. Der unbeschränkt haftende Erbe haftet ohnehin mit seinem Eigenvermögen. Es wäre eine ungerechtfertigte Bevorzugung, auch solchen Erben die Haftungsbeschränkung auf den Erbteil zu gewähren.
Rz. 78
Der Erbe kann somit sein sonstiges Eigenvermögen vor Nachlassgläubigern schützen. Den Nachlassgläubigern steht aber nach wie vor der Nachlass als Haftungsmasse zur Verfügung, § 2059 Abs. 2 BGB: Bis zur Teilung des Nachlasses wird es von der Erbengemeinschaft als Sondervermögen getrennt vom Eigenvermögen der Erben verwaltet. Ab der Teilung des Nachlasses wiederum halten die Erben nunmehr die ehemaligen Nachlassgegenstände als Eigenvermögen und vermischen es mit ihrem sonstigen Eigenvermögen. Außerdem können die Erben dann jeweils ohne Zustimmung der anderen Erben über die ihnen zugeteilten Nachlassgegenstände verfügen. Daher ist es interessengerecht, diese Haftungsbeschränkungsmaßnahme nur für die Zeit bis zur Teilung des Nachlasses zu gewähren.