Rz. 10
Nach Feststellung sämtlicher Umstände, die die vom Schädiger und vom Geschädigten zu verantwortenden Schadensanteile begründet haben, sind diese wechselseitigen Schadensbeiträge gegeneinander umfassend abzuwägen (§ 254 Abs. 1, 2 BGB; vgl. Rdn 33). Dafür ist abzustellen in erster Linie (§ 254 Abs. 1 BGB: "insbesondere") auf das Maß der wechselseitigen Verursachung, erst in zweiter Linie auf den Umfang des beiderseitigen Verschuldens. Entscheidend für die Haftungsverteilung nach § 254 BGB ist es, ob das Verhalten des Schädigers oder des Geschädigten den Schadenseintritt in wesentlich höherem Maße wahrscheinlich gemacht hat. Dieser Abwägungsmaßstab gilt nicht nur für § 254 Abs. 1 BGB, sondern gleichermaßen auch für § 254 Abs. 2 BGB. Für die Annahme, wonach das einem Geschädigten anzulastende Verschulden nach § 254 Abs. 2 BGB grds. weniger schwer wiege als das einem Geschädigten nach § 254 Abs. 1 BGB anzulastende Verschulden, ist mithin kein Raum.
Im Ergebnis kann die Abwägung dazu führen, dass der Schadensersatzanspruch des Geschädigten voll erhalten bleibt, weil dessen Mitverschulden ggü. dem Schadensbeitrag des Schädigers unerheblich ist, oder dass der Geschädigte seinen Ersatzanspruch wegen seines Mitverschuldens teilweise oder vollständig verliert, je nachdem, welches Gewicht das Mitverschulden ggü. dem Schadensanteil des Schädigers hat. Das Ausmaß des beiderseitigen Verschuldens ist insb. dann von Bedeutung, wenn unterschiedliche Verschuldensgrade vorliegen. Handelt der Schädiger vorsätzlich, so wird er bei nur fahrlässigem Mitverschulden des Geschädigten dessen Schaden vielfach allein zu tragen haben, es sei denn, dass besondere Umstände im Einzelfall Anlass zu einer abweichenden Wertung geben und eine Schadensteilung rechtfertigen. Dem letztgenannten Ausnahmebereich liegt die Erwägung zugrunde, dass der Vorsatz des Schädigers nicht schlechthin zum Freibrief für jeden Leichtsinn des Geschädigten werden darf. Gleiche Gesichtspunkte gelten, wenn der Verletzte selbst den Schaden vorsätzlich mitverursachte. Der Grundsatz, dass regelmäßig ein nur fahrlässiges Verhalten hinter einem vorsätzlichen Verhalten zurücktritt, ist aber dann nicht anzuwenden, wenn die vorsätzliche Schädigung von einem Erfüllungsgehilfen i.S.d. § 278 BGB begangen worden ist. Der tragende Gesichtspunkt hierfür liegt darin, dass einem nach § 278 BGB ebenso wie einem nach § 831 BGB haftenden Geschäftsherrn bei Arglist seines Erfüllungs- oder Verrichtungsgehilfen nicht angelastet werden kann, selbst arglistig gehandelt zu haben.