Rz. 18
Der Berater kann dem Mandanten grds. kein Mitverschulden insoweit entgegenhalten, als er auftragsgemäß als Fachmann tätig geworden ist. Dem Rechtsanwalt steht also regelmäßig kein Einwand des Mitverschuldens zu, soweit sich der Regressanspruch aus seiner rechtlichen Tätigkeit – also insb. aus Rechtsberatung und -vertretung – ergibt, weil es in diesem Bereich nach dem Inhalt des Anwaltsvertrages allein Sache des Anwalts ist, einen Schaden seines Auftraggebers zu vermeiden (vgl. § 2 Rdn 129 ff.).
Dies gilt für einen Steuerberater entsprechend.
Rz. 19
Ein anrechenbares Mitverschulden kann sich daraus ergeben, dass der Mandant durch Verletzung seiner vertraglichen (Mitwirkungs-)Pflichten – insb. zur vollständigen und wahrheitsgemäßen Information seines Anwalts oder Steuerberaters – zur Entstehung seines Schadens beiträgt (§ 254 Abs. 1 BGB; vgl. § 2 Rdn 40 ff.). Ferner kommt dies in Betracht, wenn der Mandant gegen seine Obliegenheit verstößt, seinen Schaden – etwa durch Einlegung von aussichtsreichen und zumutbaren Rechtsbehelfen und -mitteln – abzuwenden oder zu mindern (§ 254 Abs. 2 BGB).
Ein eigenverantwortlicher Schadensbeitrag des geschädigten Auftraggebers ist angenommen worden, weil dieser
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seine Vertragspflicht zur wahrheitsgemäßen und vollständigen Unterrichtung seines Rechtsanwalts oder Steuerberaters verletzt hat, insb. diesem nicht von sich aus einschlägige Unterlagen zur Verfügung gestellt hat; |
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Warnungen oder ohne weiteres erkennbare Umstände, die gegen die Richtigkeit des vom Berater eingenommenen Standpunkts sprechen, nicht genügend beachtet oder den Berater nicht über eine fundierte abweichende Auskunft unterrichtet, die er von einer sachkundigen Person erhalten hat; |
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von der Gefährdung seiner Interessen Kenntnis hat; |
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den Gerichtskostenvorschuss verspätet gezahlt und dies dazu beigetragen hat, dass der Rechtsanwalt die Frist für eine Versicherungsschutzklage nicht eingehalten hat; |
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es zu vertreten hat, dass seine Vergleichsforderung nicht durch seinen Rechtsanwalt im Vergleichsverfahren angemeldet und auch deswegen nicht aufgrund eines Liquidationsvergleiches erfüllt wurde; |
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sich ausnahmsweise den Fehler eines anderen Anwalts zurechnen lassen muss (vgl. Rdn 22 ff.); |
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nach vorzeitiger Beendigung des Beratungsvertrages nicht den – zur weiteren Ausführung seines Vorhabens gebotenen – Rat eines anderen Fachmanns eingeholt hat; |
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seinem Steuerberater "Grundaufzeichnungen" und Belege nicht oder nur lücken- und fehlerhafte Unterlagen zur Verfügung gestellt hat; |
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in vorwerfbarer Weise versäumt hat, den Schaden infolge der Pflichtverletzung seines Beraters – insb. durch Einlegung zulässiger, aussichtsreicher und zumutbarer Rechtsbehelfe und -mittel – abzuwenden oder zu mindern; es sei denn, dass ein geschädigter Mandant die Einlegung eines Rechtsmittels erfolglos davon abhängig gemacht hat, dass der für das nachteilige Urteil verantwortliche Rechtsanwalt eine Kostenfreistellung erklärt; |
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nach Zugang eines Steuerbescheids die von der Finanzbehörde vermissten Angaben zu Betriebsausgaben (Barquittungen) nicht nachholt; |
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die steuerlichen Folgen der Auflösung einer Rücklage nicht durch anderweitige Gestaltungsmöglichkeiten abwendet oder mindert; |
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es unterlassen hat, über Monate bei seinem Anwalt nach dem Stand einer beabsichtigten Terminsverlegung zu fragen und er infolge Abwesenheit in dem nicht verlegten Termin zur Hauptverhandlung in Haft genommen wurde; |
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trotz eines für ihn ungünstigen Urteils seinen Prozessbevollmächtigten nicht über seine bevorstehende Abwesenheit infolge einer Reise unterrichtet hat, sodass keine Entscheidung über die Einlegung eines – versäumten – Rechtsmittels mehr getroffen werden konnte; |
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bei einem eingeschränkten Beratermandat bzgl. einer Grunderwerbsteuerangelegenheit das ihm vorbehaltene Einreichen des Erstattungsantrags beim Finanzamt unterlassen hat; |
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einen ausdrücklichen Rat des Beraters missachtet und hierdurch unnötige Kosten, etwa durch vorzeitige Beurkundung einer Teilungserklärung, verursacht; |
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einen Kaufvertrag abgeschlossen hat, ohne den Anwalt in die weiteren Vertragsverhandlungen einzubeziehen. |
Wird der Insolvenzantrag einer GmbH infolge einer fehlerhaften Abschlussprüfung des Steuerberaters verspätet gestellt, trifft die Gesellschaft mit Rücksicht auf ihre Selbstprüfungspflicht i.d.R. ein Mitverschulden an dem dadurch bedingten Insolvenzverschleppungsschaden. Anders liegt es dagegen, wenn dem Berater, gewissermaßen als externem Dienstleister, die Selbstprüfungspflicht der Gesellschaft im Rahmen eines Auftrags zur Buchführung und Insolvenzprüfung übertragen wird. Im Falle eines derartigen Beratungsvertrages kann es dem zu Beratenden nicht als mitwirkendes Verschulden vorgehalten werden, er hätte das, worüber ihn sein Berater hätte aufklären oder unterrichten sollen, bei entsprechenden Bemühungen auch ohne fremde Hilfe erkennen können. Selbst ...