Rz. 161
Der Stundensatz bemisst sich nach den für die Führung der Pflegschaftsgeschäfte nutzbaren Fachkenntnissen des Pflegers und der Schwierigkeit der Pflegschaftsgeschäfte. Die Höhe des Stundensatzes richtet sich demnach unter Würdigung der genannten Umstände am Einzelfall. Dementsprechend hat das Nachlassgericht – im Beschwerdeverfahren das an seine Stelle tretende Beschwerdegericht – nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, welche Stundensätze anzusetzen sind. Dem Tatsachengericht steht dabei ein weiter Ermessensspielraum zu.
Rz. 162
Bei der Bemessung der Stundensatzhöhe ist zu beachten, dass kein schutzwürdiges Interesse des bzw. der Erben besteht, dass der Nachlasspfleger Leistungen zu einem besonders günstigen Stundensatz erbringt. Diesem mittlerweile allgemein anerkannten Grundsatz ist uneingeschränkt zuzustimmen. Fehl geht jedoch die daraus gezogene Schlussfolgerung, dass der Stundensatz regelmäßig so zu bemessen sei, dass der Nachlasspfleger eine kostendeckende Vergütung erhält. Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden, da eine ausschließlich kostendeckende Vergütung in der Praxis wohl von keinem berufsmäßigen Nachlasspfleger auf Dauer ausgeübt werden kann und wird. Unangemessen niedrige Stundensätze mindern die Bereitschaft zur Übernahme von Pflegschaften. Die Höhe des Stundensatzes ist vielmehr so zu bemessen, dass der berufsmäßige Nachlasspfleger nicht nur eine kostendeckende Vergütung erhält, sondern mit seiner Tätigkeit Gewinn erzielt. Sie hat sich an branchenüblichen Sätzen zu orientieren.
Rz. 163
Wegen dieser Einzelfallbetrachtung kommt die Rechtsprechung zu unterschiedlich hohen Stundensätzen, wobei sich regionale Unterschiede feststellen lassen. Insoweit überzeugt die ständige Rechtsprechung des OLG Frankfurt a.M. nicht, dass im Rahmen der Bemessung der Stundensatzhöhe auf die Verhältnisse (z.B. Höhe der Miete und Löhne) des Ortes abzustellen ist, in welchem der Nachlasspfleger sein Büro betreibt (sog. Ballungsraum-Rechtsprechung). Wie bereits dargestellt, bemisst sich die Vergütung des berufsmäßigen Nachlasspflegers bei einem vermögenden Nachlass nach den für die Führung der Pflegschaftsgeschäfte nutzbaren Fachkenntnissen des Pflegers sowie nach dem Umfang und der Schwierigkeit der Pflegschaftsgeschäfte. Weitere Kriterien nennt das Gesetz nicht. Insoweit ist eine generalisierende Betrachtungsweise geboten, die sich nicht in Einzelheiten verliert. Büromiete und Mitarbeitergehälter stellen nur einen Teil der umfassenden Ausgaben eines Nachlasspflegers dar. Eine die Kostenstruktur des Abrechnenden beachtende Vergütung ist in den gängigen Vergütungsregelungen nicht enthalten.
Rz. 164
Sowohl von der Rechtsprechung als auch in der Literatur werden die unbestimmten Rechtsbegriffe "Fachkenntnisse und Schwierigkeit" ausgelegt. Dabei wird versucht, Stundensatzrahmen festzulegen, die sich an den Fachkenntnissen des Nachlasspflegers orientieren. In einem zweiten Schritt wird dann innerhalb der Vergütungsspanne der Stundensatz nach der Schwierigkeit der Pflegschaftsgeschäfte ermittelt.
Rz. 165
Fachkenntnisse des Nachlasspflegers können durch Berufsausbildung, qualifizierte Fortbildungsmaßnahmen oder durch langjährige nachlasspflegerische Praxis erworben werden. Anhaltspunkte für die Fachkenntnisse können auch die Anzahl der bisher bearbeiteten Pflegschaften, eine erfolgte Prüfung der Fähigkeiten, Teilnahme an Weiterbildungen oder der Organisationsgrad des Büros sein. Berufsnachlasspfleger können bezüglich der vorhandenen Fachkenntnisse in drei Gruppen unterteilt werden:
Gruppe 1:
Als Berufsnachlasspfleger tätige Notare, Rechtsanwälte, Steuerberater und vergleichbare Berufsgruppen entsprechender Qualifikation (z.B. Wirtschaftsprüfer, württ. Notariatsassessoren) – Voraussetzung für die Eingruppierung in diese Gruppe ist der Abschluss eins (Fach-)Hochschulstudiums, mit juristischer oder wirtschaftlicher Ausrichtung (z.B. Dipl.-Rechtspfleger, Dipl.-Jurist, Dipl.-Kaufmann, Dipl.-Verwaltungswirt).
Gruppe 2:
Andere Berufsnachlasspfleger mit niedriger Qualifikation als vorstehend – Voraussetzung für die Eingruppierung in diese Gruppe ist eine abgeschlossene Berufsausbildung mit juristischer oder wirtschaftlicher Ausrichtung (z.B. Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte, Betriebswirte, Bankkaufleute) oder der Erwerb besonderer Fachkenntnisse durch langjährige Tätigkeit als Nachlasspfleger bzw. Erwerb dieser Kenntnisse durch qualifizierte Schulungen (Geprüfter/Zertifizierter Nachlasspfleger (BDN)).
Gruppe 3:
Berufsnachlasspfleger mit geringerer Qualifikation.
Hinweis
Den einzelnen Gruppen kann ein unterschiedlicher Vergütungsrahmen der Stundensatzhöhe zugeordnet werden.
Rz. 166
Hinsichtlich der Frage der Nutzbarkeit der Fachkenntnisse des Pflegers für die Führung der Pflegegeschäfte ist nicht darauf abzustellen, ob die in der Person des Pflegers vorhandenen Fachkenntnisse allesamt bei der Führung der konkreten Geschäfte des Einzelfalles benötigt werden. Viel...