Rz. 27
Die Ausgestaltung der Prozessfinanzierungsverträge ist bei vielen Anbietern ähnlich. Die von den gewerblichen Finanzierungsunternehmen verwendeten Verträge stellen allgemeine Geschäftsbedingungen dar und unterliegen als solche der Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB, soweit eine solche nicht wegen der sog. Bereichsausnahme nach § 310 Abs. 4 S. 1 BGB für die Regelungen mit gesellschaftsvertraglichen Inhalt entfällt. Typischerweise werden die wesentlichen Punkte entsprechend der nachfolgenden Darstellung geregelt:
Rz. 28
& Prüfung der Erfolgsaussichten
Wie bereits erwähnt, erfolgt die Prüfung der Erfolgsaussichten der Angelegenheit kostenlos.
Rz. 29
& Sicherungsweise erfolgende Anspruchsabtretung
Zur Sicherung der mit dem Prozessfinanzierer vereinbarten Erfolgsbeteiligung und seiner Kostenerstattungsansprüche lässt sich der Finanzierer in der Regel im Voraus die streitigen Ansprüche abtreten.
Rz. 30
& Regelung des Außenverhältnisses
Im Außenverhältnis tritt der Prozessfinanzierer im Regelfall nicht in Erscheinung. Der Mandant als Anspruchsinhaber tritt trotz der Sicherungsabtretung an den Finanzierer im Prozess zulässigerweise weiterhin als Berechtigter der streitigen Ansprüche auf und macht diese auch im eigenen Namen geltend ("Stille Zession"). Der Prozessfinanzierer stellt den Mandanten lediglich im Innenverhältnis von allen notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung frei. Im Regelfall ersetzt der Finanzierer sämtliche nach RVG im gerichtlichen Verfahren anfallenden Rechtsanwaltskosten sowie die anfallenden Gerichtskosten (inkl. Zeugenentschädigungen, gerichtlich angeforderte SV-Gutachten etc.). Klar zu regeln ist im Finanzierungsvertrag in diesem Zusammenhang immer, welche konkreten Verfahren finanziert werden sollen, ob etwa ein Erbscheinsverfahren oder ein Verfahren auf Feststellung der Erbenstellung, etwaige Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, ein Schiedsverfahren oder eine gerichtliche und/oder außergerichtliche Mediation von der Finanzierung umfasst sein soll.
Für gewöhnlich ist auch Vertraulichkeit der Prozessfinanzierung vereinbart. Will der Rechtsanwalt aus prozesstaktischen Gründen die Finanzierung offenlegen, so hat er daher im Voraus die Zustimmung des Finanzierers einzuholen.
Rz. 31
& Pflichten des Mandanten
Der Mandant verpflichtet sich gegenüber dem Finanzierer dazu, den Prozess risikobewusst und wirtschaftlich zu führen. Er hat daher auch seinen Anwalt dazu anzuhalten, bei mehreren Erfolg versprechenden Vorgehensweisen stets die den geringsten Kostenaufwand verursachende Variante zu wählen und diese insbesondere im Voraus mit dem Prozessfinanzierer abzustimmen.
Der Mandant verpflichtet sich im Regelfall auch dazu, über den Streitgegenstand, also die verfahrensgegenständlichen Ansprüche, in keiner Weise zu verfügen, insbesondere nicht insgesamt oder teilweise auf sie zu verzichten. Auch die Rücknahme einer Klage oder eines Rechtsmittels ist ebenso wie die Einlegung eines Rechtsmittels zuvor mit dem Finanzierer abzustimmen. Dasselbe gilt für die Anerkennung von Gegenansprüchen, die beispielsweise durch Widerklage oder durch Aufrechnung geltend gemacht werden.
Insgesamt kann man sagen, dass alle risiko- oder prozesskostenerhöhenden Handlungen vorher mit dem Prozessfinanzierer abzustimmen sind.
Rz. 32
& Vergleichsschluss
Gelangt das Verfahren in ein Stadium, in dem ein Vergleichsschluss möglich wäre, haben normalerweise sowohl der Prozessfinanzierer als auch der Mandant die Möglichkeit, selbstständig darüber zu entscheiden, ob sie ein Vergleichsangebot annehmen wollen oder nicht. Entscheidet sich aber der Mandant gegen die Annahme eines Vergleichsvorschlages, dem der Prozessfinanzierer zustimmen möchte, kann der Finanzierungsvertrag mit sofortiger Wirkung gekündigt werden. In diesem Fall hat der Mandant den Finanzierer so zu stellen, wie dieser stünde, wenn es tatsächlich zum Vergleichsabschluss zu den in Aussicht genommenen Konditionen gekommen wäre. Den weiteren Prozess hat der Mandant sodann auf eigenes Risiko weiterzuführen.
Im umgekehrten Fall stellt die Finanzierungsgesellschaft den Mandanten so, wie wenn es zum Vergleichsabschluss gekommen wäre, und führt anschließend den Prozess – aus abgetretenem Recht – selbstständig weiter.
In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass der Prozessfinanzierer seine Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung eines Vergleichsvorschlages einzig und allein von wirtschaftlichen Erwägungen abhängig machen kann. Der Mandant wird also nicht davon ausgehen können, dass sein Finanzierer ihn bei der Weiterführung des Prozesses unterstützen wird, wenn durch den Abschluss eines Vergleichs bereits ein attraktiver Gewinn winkt, während die Fortsetzung des Prozesses mit erheblichen Risiken verbunden ist.
Rz. 33
& Kündigungsrechte
Der Prozessfinanzierer behält sich üblicherweise das Recht vor, den Finanzierungsvertrag zu kündigen, wenn sich im Laufe des Verfahrens neue Tatsachen ergeben, die die ursprüngliche Beurteilung der Erfolgsaussichten in Frage stellen. Da...