Verfahrensgang
LG Potsdam (Aktenzeichen 12 O 286/19) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 12.01.2023 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam, Az.: 12 O 286/19, wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung seitens der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung eine Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages erbringt.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die beklagte Anwaltssozietät wegen anwaltlicher Pflichtverletzung und im Zusammenhang mit einer vermittelten Prozessfinanzierung auf Schadensersatz in Anspruch, widerklagend verlangt die Beklagte Zahlung anwaltlicher Vergütung. Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Klägerin ist Erzieherin. Sie war aufgrund Erbfalls Eigentümerin eines Mehrfamilienhauses in der St.-straße in P. geworden und hatte im Jahr 1992 im Zusammenhang mit der Abwicklung der Erbschaftsangelegenheit Rechtsanwältin K. mandatiert. Anwaltlich beraten durch Rechtsanwältin K. gründete die Klägerin gemeinsam mit einem Dritten 1995 eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts und brachte das Grundstück in die Gesellschaft ein. 1998 veräußerte die Klägerin ihren Gesellschaftsanteil.
Im Jahr 2009 beauftragte die Klägerin die Beklagte, deren Sozius Rechtsanwalt Dr. B. sie im Zusammenhang mit der Betreuung seines Kindes in der Kita kannte, mit der Geltendmachung ihrer Rechte gegenüber Frau Rechtsanwältin K. wegen Verletzung ihrer aus dem Mandatsverhältnis resultierenden Pflichten (Bl. 84 d.A.). In der Kanzlei der Beklagten hatte die Klägerin zunächst Kontakt mit Rechtsanwältin L., die sich mit dem Fall überfordert sah und meinte, dass sie keine Chancen sehe, bevor sich Rechtsanwalt Dr. B. des Falles annahm. Er erklärte, die Klägerin solle ihre Bedenken zurückstellen, weil eine Prozessfinanzierung möglich sei und er den Prozess unbedingt führen wollte. Das Risiko liege allein bei seiner Kanzlei, so dass die Klägerin keine finanziellen Einbußen befürchten müsse.
Die Beklagte erhob sodann für die Klägerin Ende 2009 Stufenklage auf Auskunft, eidesstattliche Versicherung und Zahlung in noch zu beziffernder Höhe gegen Rechtsanwältin K. (Landgericht P. Az.: ...0). Die Beklagte gab den vorläufigen Streitwert mit 5.001 EUR an und zahlte den Gerichtskostenvorschuss in Höhe von 408 EUR ein. Nach Übergang in die Zahlungsstufe bezifferte die Beklagte mit Schriftsatz vom 11.01.2013 für die Klägerin den im Prozess verfolgten Zahlungsantrag zunächst auf 150.000 EUR (Bl. 189 Beiakte) und leitete einen ihr dafür von der Klägerin übermittelten Teilbetrag des Gerichtskostenvorschusses von 1.500 EUR an die Gerichtskasse weiter. Die Parteien führten sodann am 13.03.2013 ein Beratungsgespräch, zu dem Rechtsanwalt Dr. B. ein "Abstimmungsprotokoll" erstellte. Dort heißt es u.a. auf S. 4 (Bl. 193 d.A.):
"Frau Le. [Klägerin] teilt mit, dass sie 1.500,00 EUR als Kostenvorschuss für die anfallenden Gerichtskosten gezahlt hat. Ich stimme mit ihr ab, dass ich für sie die weiteren 1.500,00 EUR alimentiere.
Ich treffe mit Frau Le. eine gesonderte schriftliche Vereinbarung, die unter *honorar zusammengefasst wird. Demgemäß vereinbaren wir, was sie gesondert unterzeichnet, dass ich die weitergehenden Gerichtskosten (auch bis zu der Klageerweiterung, die vorgesehen ist) für sie verauslage.
Sie akzeptiert im Gegenzug eine Gebühr von 2,5 aller festzusetzenden Kosten.
Darüber hinaus wäre die Frage eines Erfolgshonorars zu erörtern, dies ist jedoch standesrechtlich nicht zulässig. Insoweit wird eine Provisionsvereinbarung für einen Geschäftsbesorger vereinbart werden. Näherer wird noch abgestimmt."
In der Folge führte Rechtsanwalt Dr. B. eine "Vereinbarung zur Prozessfinanzierung" mit Datum 22.03.2013 zwischen der Klägerin und der C. ... Ltd. (im Folgenden: C. Ltd.) herbei, einer auf Zypern ansässigen Gesellschaft, in der Rechtsanwalt Dr. B. die Stellung eines Direktors innehat. Die Vereinbarung wurde auf Seiten der C. Ltd. durch deren Generalbevollmächtigten Ch. G. unterschrieben, einen langjährigen juristischen Mitarbeiter in der Kanzlei der Beklagten, der der Klägerin durch Rechtsanwalt Dr. B. auch in diesen beiden Funktionen vorgestellt wurde. In der Vereinbarung heißt es:
"Vereinbarung zur Prozessfinanzierung
zwischen
1) De. Le. (Klägerin) und
2) C. Ltd (nachfolgend PF), vertreten durch den Generalbevollmächtigten, Ch. G.
1. Die Klägerin macht Ansprüche gegen ihre vormalige Rechtsanwältin K. wegen der Auseinandersetzung der GbR St.-straße und aus Treuhandschaft geltend. (Aktenzeichen: ...0).
2. Die Klägerin hat nur begrenzte finanzielle Mittel den Prozess zu führen und auch nicht den Gerichtskostenvorschuss für die Klageerweiterung. Im Mandat stehen die K. Rechtsanwälte.
3. Eingedenk dieser Umstände wi...