Leitsatz (amtlich)
Der Rechtsanwalt muss seinen Mandanten (hier im Hinblick auf eine arzthaftungsrechtliche Streitigkeit) zwar grundsätzlich auf die Möglichkeit einer Prozessfinanzierung durch einen Prozessfinanzierer hinweisen, jedoch nicht (jedenfalls nicht ohne entsprechenden Auftrag) prüfen und darüber informieren, welcher Prozessfinanzierer für den Mandanten besonders günstig ist. Von einem Rechtsanwalt kann nicht ohne gesonderten Auftrag erwartet werden, dass er umfangreiche Marktrecherchen betreibt und mehrere Prozessfinanzierer kontaktiert.
Normenkette
BGB §§ 280, 611, 652
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 25 O 205/16) |
Tenor
Der Senat weist die Parteien darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das am 24. Januar 2018 verkündete Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 25 O 205/16 - gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.
Der Kläger erhält Gelegenheit, zu dem Hinweis innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.
Gründe
I. Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§§ 522 Abs. 2 Nr. 1, 513 Abs. 1 ZPO).
Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger kann von den Beklagten keinen Schadensersatz wegen einer Verletzung des anwaltlichen Beratungsvertrages gemäß §§ 280 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB oder gem. § 667 BGB verlangen.
Solche Ansprüche scheitern dabei nicht daran, dass bereits Verjährung eingetreten wäre. Denn erst mit Abschluss des Arzthaftungsprozesses durch Urteil des Landgerichtes Koblenz vom 17.12.2014 konnte der Kläger erkennen, ob er obsiegt hatte und seinen Erlös mit dem Prozessfinanzierer nach Quote teilen musste; im Falle des Prozessverlustes hätte er keine Kosten tragen müssen. Er konnte also erst nach Prozessabschluss erkennen, ob ihm ein Schaden entstanden war, so dass die Klageerhebung im Jahr 2016 in unverjährter Zeit erfolgte.
Die im Einzelnen erhobenen Ansprüche stehen dem Kläger jedoch aus anderen Erwägungen nicht zu.
1. Anspruch auf Zahlung von 22.474,78 EUR
a. Soweit die Berufung die Auffassung vertritt, die Beklagten hätten aufgrund des anwaltlichen Beratungsvertrages die Verpflichtung gehabt, den Kläger auf die Möglichkeit einer günstigeren und zuverlässigeren Prozessfinanzierung, die eine Finanzierung unter Erfolgsbeteiligung von lediglich 30 % ermöglicht hätte, hinzuweisen, so besteht eine derart weitgehende Verpflichtung der Beklagten nicht.
aa. Soweit ersichtlich, sind zur Frage, inwieweit ein Rechtsanwalt über Möglichkeiten der Prozessfinanzierung beraten muss, bisher keine gerichtlichen Entscheidungen ergangen. Das Oberlandesgericht München hat sich in der Entscheidung vom 31.3.2015 - 15 U 2227/14, NJW-RR 2015, 1333 ff lediglich mit der Frage befasst, inwieweit die Beteiligung eines Rechtsanwalts an einer Prozessfinanzierungsgesellschaft eine Umgehung des §§ 49 b BRAO darstellt, und hat in diesem Zusammenhang auch die Frage der Sittenwidrigkeit einer Erlösbeteiligung des Prozessfinanzierers von 50 % geprüft und verneint. In der Kommentarliteratur findet sich ebenfalls keine eingehendere Erörterung, wie weit Verpflichtungen des Anwaltes im Zusammenhang mit der Prozessfinanzierung gehen. Allgemein anerkannt ist, dass der Rechtsanwalt auf die grundsätzliche Möglichkeit der Prozessfinanzierung hinweisen muss, wobei sich diese Pflicht aus § 43 BRAO herleitet (Gaier/Wolf/Göcken (Zuck), Anwaltliches Berufsrecht, 2. Aufl. 2014, § 53 BRAO/16 BORA Rnr 18; Gerold/Schmidt (Müller-Rabe), RVG 23.Aufl. 2017, § 1 Rnr 159; Hartung/Schons/Enders (Enders), RVG 3.Aufl. 2017, § 1 Rnr 54,55). Im weiteren Schrifttum wird ebenfalls einhellig vertreten, dass der Rechtsanwalt auf die Möglichkeit der Prozessfinanzierung hinweisen muss (Bräuer, AnwBl 2001, 112(113); Buschbell, AnwBl 2004, 435(435) und 2006, 825(826)). Soweit diese beiden Autoren weiter postulieren, der Anwalt müsse bei der Auswahl des geeigneten Prozessfinanzierers und der Prüfung des konkreten Finanzierungsvertrags den Mandanten beraten, sind sie dazu jedoch auch der Auffassung, dass dies eine zusätzliche und auch zusätzlich zu vergütende Angelegenheit sei (Bräuer, Buschbell jeweils a.a.O.).
bb. Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass die Beklagten auf die grundsätzliche Möglichkeit der Prozessfinanzierung hingewiesen haben. Sie haben weiterhin einen Prozessfinanzierer vorgeschlagen und die Antragstellung bei diesem Prozessfinanzierer übernommen. Schließlich ergibt sich aus der zwischen den Parteien zum Thema Prozessfinanzierung gewechselten Korrespondenz, dass dem Kläger und seiner Ehefrau bekannt war, dass weitere Unternehmen Prozessfinanzierung anbieten, dass insoweit in der allgemeinen Bewerbung dieser Prozessfinanzierer Erlösbeteiligungen von unter 40 Prozent angeboten werden, und dass die Beklagten nicht bereit waren, hier selbst Marktrecherchen vorzunehmen oder Kontakt...