Dr. Stephan Pauly, Dr. Stephan Osnabrügge
Rz. 189
Die arbeitgeberseitige Weisung, die in Dienstkraftfahrzeuge eingebauten Mobiltelefone trotz vorhandener Freisprecheinrichtungen während der Fahrt nicht zu benutzen, ist weder unter dem Gesichtspunkt der Ordnung des Betriebes und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG noch unter dem Gesichtspunkt der Verhütung von Arbeitsunfällen nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG mitbestimmungspflichtig. Dies gilt auch dann, wenn die Dienstkraftfahrzeuge auch privat genutzt werden dürfen.
Rz. 190
Die Tatbestandsvoraussetzungen eines Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG sind nicht gegeben. Danach besteht ein Mitbestimmungsrecht nur in Fragen der Ordnung des Betriebes und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Hiervon abzugrenzen sind Weisungen des Arbeitgebers, die lediglich das Arbeitsverhalten der Arbeitnehmer regeln. Das mitbestimmungsfreie Arbeitsverhalten betrifft dabei alle Regeln und Weisungen des Arbeitgebers, die bei der Erbringung der Arbeitsleistung selbst zu beachten sind. Das Arbeitsverhalten ist berührt, wenn der Arbeitgeber kraft seiner Organisations- und Leitungsmacht näher bestimmt, welche Arbeiten auszuführen sind und in welcher Weise das geschehen soll. Mitbestimmungsfrei sind deshalb solche Anordnungen, mit denen die Arbeitspflicht unmittelbar konkretisiert und damit abgefordert wird. Etwas anderes ergibt sich im Ergebnis auch nicht dadurch, dass der Betriebsrat auf die auch private Nutzungsmöglichkeit der Dienstfahrzeuge verweist. Insofern, wie die Fahrzeuge privat genutzt werden, liegt schon keine Frage der Ordnung "des Betriebs" bzw. des Verhaltens der Arbeitnehmer "im Betrieb" i.S.v. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG vor, sondern eine Frage des Freizeitverhaltens der Arbeitnehmer. Dieses Freizeitverhalten ist nicht mitbestimmt.
Rz. 191
Ein Mitbestimmungsrecht besteht auch nicht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. Danach besteht eine Mitbestimmungsbefugnis bei Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen "im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften". Das bedeutet, dass nicht jede vom Arbeitgeber getroffene Regelung mit dem Ziel des Verhütens von Arbeitsunfällen mitbestimmungspflichtig ist, sondern nur eine solche Regelung, die eine mit einem gewissen Handlungsspielraum des Arbeitgebers vorgesehene Rechtspflicht ausfüllt. Das Mitbestimmungsrecht besteht im Rahmen der geltenden Arbeits- und Gesundheitsschutzvorschriften, die den Arbeitgeber vielfach zur Erfüllung eines bestimmten Schutzziels verpflichten, ihm jedoch einen Handlungsspielraum überlassen, auf welche Art und Weise er dieser Pflicht nachkommt; das Mitbestimmungsrecht bezieht sich dabei auf die Ausfüllung vorgegebener Normen. Voraussetzung für eine Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG ist damit eine rechtliche Handlungspflicht des Arbeitgebers, die aus Vorschriften des Arbeits- und Gesundheitsschutzes folgt und die wegen Fehlens einer zwingenden Vorgabe einer konkreten betrieblichen Regelung bedarf. Kein Mitbestimmungsrecht besteht danach, wenn eine Rechtsvorschrift eine ganz bestimmte Maßnahme vorschreibt und keinerlei Regelungsspielraum mehr verbleibt; in diesem Fall hat weder der Arbeitgeber noch der Betriebsrat etwas zu "bestimmen". Danach ist kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats feststellbar. Nach § 23 Abs. 1a StVO ist dem Fahrzeugführer die Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons untersagt, wenn er hierfür das Mobiltelefon oder den Hörer des Autotelefons aufnimmt oder hält. Danach besteht ein gesetzliches Verbot – ohne Regelungsspielraum und damit ohne Mitbestimmung – der Nutzung von Mobil- oder Autotelefonen, wenn das Telefon oder der Hörer aufgenommen oder gehalten werden muss. Mangels Regelungsspielraums des Arbeitgebers entfällt insoweit ein Mitbestimmungsrecht. Kein gesetzliches Verbot besteht hinsichtlich der Nutzung von Mobiltelefonen mittels einer Freisprechanlage, da hier kein Hörer aufgenommen oder gehalten werden muss. Das Gesetz sieht jedoch hinsichtlich der Nutzung von Mobiltelefonen mit Freisprechanlage auch keinerlei Vorschrift vor, wonach der Fahrzeugführer oder Arbeitgeber innerhalb eines bestimmten Handlungsrahmens für die Gewährleistung der Verkehrssicherheit bei der Nutzung von Mobiltelefonen mit Hilfe von Freisprechanlagen sorgen muss. Es fehlt insofern an einer Vorschrift, die insofern einen "Rahmen" i.S.v. § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG hinsichtlich vom Arbeitgeber zu treffender Maßnahmen vorschreibt. In Ermangelung einer solchen ausfüllungsbedürftigen Rahmenvorschrift fehlt es mithin auch an den Mitbestimmungsvoraussetzungen nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG.