Dr. Julia Bettina Onderka, Dr. Michael Pießkalla
Rz. 39
Um die Regulierung von Verkehrsunfallschäden, die in der täglichen Praxis ein Massengeschäft darstellt, von Bürokratie zu entlasten, sollte eine Form der Gebührenvereinbarung getroffen werden, die in der Abrechnung möglichst einfach zu handhaben ist.
Rz. 40
Die früher geltende Abrechnung nach Gegenstandswerten unter Anwendung der Gebühr aus dem Rahmen von 0,1 bis 1,0 hat den psychologischen Vorteil, dass man den Mandanten auf die frühere Gesetzeslage hinweisen kann. Sie ist in der Durchführung allerdings unter Umständen aufwendig, da nach Abschluss des Mandates die Bestimmung der konkreten Gebühr nach § 14 Abs. 1 RVG begründet werden muss. Alternativ bietet sich – bei aufwandsmäßig überschaubaren Mandaten – die Vereinbarung einer Pauschalgebühr bzw. in sonstigen Fällen die Vereinbarung eines Stundensatzes an.
Rz. 41
Die Vergütung für eine Beratung ist auf diejenige Vergütung anzurechnen, die der Anwalt für eine mit der Beratung zusammenhängende Tätigkeit erhält (§ 34 Abs. 2 RVG). Das Gesetz lässt für die Anrechnung einen Zusammenhang zwischen der Beratung und der sonstigen Tätigkeit genügen. Dies bedeutet, dass der Gegenstand der sonstigen Tätigkeit mit dem der Beratung innerlich verknüpft sein muss und die beiden Angelegenheiten zeitlich aufeinander folgen müssen.
Rz. 42
Beispiel
Anwalt A berät den Fahrer F über dessen Ansprüche aus einem Verkehrsunfall. F bittet ihn sodann, die Ansprüche gerichtlich durchzusetzen. In einem solchen Fall wird die Vergütung für die Beratung auf die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG angerechnet.
Rz. 43
Soweit die nachfolgende Tätigkeit einen niedrigeren Gegenstandswert hat, erfolgt die Anrechnung der Beratungsgebühr nur in dieser reduzierten Höhe.
Rz. 44
Beispiel
Der Anwalt berät über Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall, wobei er mit seinem Mandanten die Abrechnung einer 1,0-Gebühr aus dem Wert der Schadenspositionen (20.000 EUR) vereinbart hat. Die Beratung kommt zu dem Ergebnis, dass aufgrund Mithaftung des Mandanten für den Unfall nur ein Teilbetrag von 10.000 EUR gerichtlich geltend gemacht werden soll.
Auf die Verfahrensgebühr 1,3 nach Nr. 3100 VV RVG aus 10.000 EUR ist eine Beratungsgebühr von 1,0 aus 10.000 EUR anzurechnen, denn nur insoweit besteht ein Zusammenhang der Beratung mit der Prozessführung. Der darüber hinausgehende Teil der Beratungsgebühr ist von der Anrechnung ausgeschlossen. Der Anwalt erhält also eine Beratungsgebühr von 1,0 aus 20.000 EUR sowie eine Verfahrensgebühr von 1,3 nach Nr. 3100 VV RVG aus 10.000 EUR unter Anrechnung der Beratungsgebühr von 1,0 aus 10.000 EUR.
Rz. 45
Nach § 34 Abs. 2 RVG kann in einer Gebührenvereinbarung jedoch auch festgelegt werden, dass die Beratungsgebühr nicht der Anrechnung unterliegt. Dieser Ausschluss der Anrechnung bedarf gemäß § 3a Abs. 1 S. 4 RVG nicht der Form des § 3a Abs. 1 S. 1 und 2 RVG, wobei sich die Einhaltung der Textform aus Gründen der einfacheren Beweisführung natürlich empfiehlt.
Rz. 46
Hinweis
Die Vergütungsvereinbarung ist dann um folgende Formulierung zu ergänzen: "Die Vergütung für die Beratung wird nicht gemäß § 34 Abs. 2 RVG auf eine Gebühr für eine sonstige, mit der Beratung zusammenhängende Tätigkeit angerechnet."
Rz. 47
Der Anrechnungsausschluss ist schon deshalb zu empfehlen, weil dadurch das Problem umgangen wird, wie vereinbarte Zeit- oder Pauschalhonorare auf Geschäfts- oder Verfahrensgebühren bei unterschiedlichen Gegenstandswerten anzurechnen sind.