Marnie Plehn, Peter Hützen
Rz. 22
Tarifliche Kündigungsfristen sind vielfach in der ersten Zeit der Beschäftigung kürzer als die gesetzlichen Grundkündigungsfristen des § 622 Abs. 1 BGB – so beträgt diese z.B. im Baugewerbe im ersten Beschäftigungsjahr sechs Werktage (§ 11 Nr. 1.11. BRTV-Bau) – oder kürzer als die gesetzliche Probezeitkündigungsfrist – so beträgt diese z.B. in der Metall- und Elektroindustrie im ersten Monat eine Woche (§ 2 Nr. 2 MTV-Metall NRW) –, sie gelten aber nur dann als gesetzliche Kündigungsfristen, wenn Tarifbindung kraft Organisationszugehörigkeit besteht (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG) oder wenn der Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt ist (§ 5 Abs. 4 TVG). Die gesetzliche Regelung des § 113 S. 2 InsO über die Höchstfrist geht als lex specialis nicht nur anderen längeren gesetzlichen Kündigungsfristen des § 622 Abs. 2 S. 1 Nr. 4–7 BGB, sondern auch längeren Kündigungsfristen in Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder Einzelarbeitsverträgen vor (LAG München v. 26.8.1998, ZInsO 1999, 120); über drei Monate zum Monatsende hinausgehende verlängerte tarifliche Kündigungsfristen werden "gekappt" (Berscheid, ZInsO 1998, 159, 163 f.; Bertram, NZI 2001, 625, 630; Düwell, in: Kölner Schrift zur InsO, S. 1433, 1450 Rn 50; Fischermeier, NZA 1997, 1089, 1098; Griese, in: Kölner Schrift zur InsO, S. 1513, 1533 Rn 55; HWF, Kap. 5 Rn 262; Heinze, NZA 1999, 57, 59; Hess/Weis, InVo 1996, 309, 310; Kilger/Schmidt, KO, § 22 Anm. 14b; KPB/Moll, § 113 InsO Rn 64; KR/Weigand, § 113 InsO Rn 37; Lakies, RdA 1997, 145, 146; Löwisch, NZA 1996, 1009, 1017; Lorenz, DB 1996, 1973, 1977; MK-InsO/Löwisch/Caspers, § 113 InsO Rn 26; NR/Hamacher, § 113 InsO Rn 90; U. Preis, NJW 1996, 3369, 3370; Schrader, NZA 1997, 70; Schwedes, BB Beil. 17/1996, S. 2, 7; Stahlhacke/Preis, WiB 1996, 1025, 1032; Uhlenbruck/Zobel, § 113 InsO Rn 112; a.A. Bichlmeier/Oberhofer, AiB 1997, 161, 162).
Rz. 23
Gleiches gilt für tarifliche Regelungen, die das Wochen- oder Quartalsende als Kündigungstermin vorsehen (Berscheid, ZInsO 1998, 159, 162; ders., S. 197 Rn 594); sie gelten nur, wenn Tarifbindung kraft Organisationszugehörigkeit besteht (§ 3 Abs. 1 TVG) oder der Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt ist (§ 5 Abs. 4 TVG). Soweit tariflich Quartalskündigungstermine vorgesehen sind, bleiben diese so lange gültig, wie dadurch keine längere Kündigungsfrist als 3 Monate zum Monatsende herauskommt (Berscheid, WiPra 1996, 370; ders., ZInsO 1998, 159, 163; MK-InsO/Löwisch/Caspers, § 113 InsO Rn 26; Uhlenbruck/Zobel, § 113 InsO Rn 113).
Während z.B. eine Kündigung in der ersten Februarhälfte 2015 mit einer Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Quartalsende, also zum 31.3.2015, möglich ist, ist dies in der zweiten Februarhälfte problematisch: Ist z.B. am 20.2.2015 gekündigt worden, würde eine tarifliche Kündigungsregelung von sechs Wochen zum Quartalsende außerhalb der Insolvenz zu einer Beendigung zum 30.6.2015 führen, bei einer Kündigung nach Verfahrenseröffnung würde das Arbeitsverhältnis aber wegen § 113 S. 2 InsO bereits zum 31.5.2015 beendet, also der letzte Monat wird "gekappt" (Uhlenbruck/Zobel, § 113 InsO Rn 113; zust. MK-InsO/Löwisch/Caspers, § 113 InsO Rn 26; so auch KPB/Moll, § 113 InsO Rn 69 zu § 621 Nr. 4 BGB). Soweit tariflich vorgesehen ist, dass eine Kündigung nur zum Schluss der Kalenderwoche zulässig ist, führt dies bei verlängerten Kündigungsfristen dazu, dass die Kündigung auf das letzte Wochenende vor Ablauf der Drei-Monats-Frist wirkt (Grunsky/Moll, Rn 337; zust. Uhlenbruck/Zobel, § 113 InsO Rn 113).