Rz. 129

Die ordnungsgemäße Anzeige der Massenentlassung führt nach § 18 Abs. 1 KSchG regelmäßig zu einer einmonatigen Sperrfrist, innerhalb derer die Kündigungen nur mit Zustimmung der Agentur für Arbeit wirksam werden. Gem. § 18 Abs. 2 KSchG kann die Sperrfrist von der Agentur für Arbeit auf zwei Monate verlängert werden. Die Sperrfrist hindert weder den Ausspruch der Kündigungen noch verlängert sie die gesetzlichen Kündigungsfristen (BAG v. 6.11.2008 – 2 AZR 935/07, NZA 2009, 1013). Sie ändert auch nichts an der Wirksamkeit der Kündigungen. Vielmehr hemmen die § 18 Abs. 1 u. 2 KSchG die Rechtswirkung der Kündigung bis zum Ablauf der Sperrfrist oder der Zustimmung durch die Agentur für Arbeit (ErfK/Kiel, § 18 KSchG Rn 2).

 

Rz. 130

An den Ablauf der Sperrfrist schließt sich die sog. Freifrist an. Nach § 18 Abs. 4 KSchG muss der (vorläufige) Insolvenzverwalter die Kündigungen spätestens 90 Tage nach Ablauf der Sperrfrist ausgesprochen haben. Andernfalls ist unter den Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 KSchG eine erneute Anzeige vor Ausspruch der Kündigung zu erstatten. Ob die nach Ablauf der Freifrist erklärten Kündigungen (abermals) einer Anzeigepflicht unterliegen, hängt somit davon ab, ob Tatbestand des § 17 KSchG (wieder) erfüllt wird (BAG v. 23.2.2010, AP KSchG 1969 § 18 Nr. 5).

 

Rz. 131

Eine ohne oder bereits vor erfolgter Anzeige der Massenentlassung ausgesprochene Kündigung ist nichtig (§ 134 BGB), wenn die insgesamt durchgeführten Entlassungen innerhalb des Zeitkorridors von 30 Tagen die Zahlenwerte des § 17 KSchG überschreiten.

 

Rz. 132

Eine fehlerhafte Massenentlassungsanzeige entfaltet keine Wirkung. Eine daraufhin ausgesprochene Kündigung ist daher ebenfalls unwirksam. Der Arbeitgeber kann eine nicht vollständige Anzeige – etwa die fehlende Stellungnahme des Betriebsrats – aber noch vervollständigen. Die Sperrfrist beginnt dann zum Zeitpunkt in dem der nach § 17 Abs. 2 u. 3 KSchG erforderliche Inhalt der Anzeige der Agentur für Arbeit vollständig vorliegt (Niklas/Koehler, NZA 2010, 913, 918).

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