Rz. 13

Anspruch auf Insolvenzgeld besteht gem. § 165 Abs. 1 SGB III unter nachstehenden Voraussetzungen. Demnach muss es sich beim Anspruchsteller um einen Arbeitnehmer handeln, der bei Vorliegen eines Insolvenzereignisses gegen seinen Arbeitgeber noch Anspruch auf rückständiges Arbeitsentgelt aus einer Inlandsbeschäftigung hat.

1. Arbeitnehmer

 

Rz. 14

Insolvenzgeld kann nur beanspruchen, wer Arbeitnehmer ist. In Zweifelsfällen ist ausgehend von § 7 SGB IV der sozialversicherungsrechtliche Arbeitnehmerbegriff zugrunde zu legen, ohne dass es auf eine Versicherungspflicht ankommt (BSG v. 8.9.2010 – B 11 AL 34/09 R, ZIP 2011, 47; Küttner/Voelzke, Insolvenz des Arbeitgebers, Rn 44; a.A. Zwanziger, § 108 InsO Rn 74, der den nicht inhaltsgleichen arbeitsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff zugrunde legt). Nach § 7 Abs. 1 SGB IV ist abhängig beschäftigt, wer eine nicht selbstständige Arbeit, insb. in einem Arbeitsverhältnis, ausübt. Arbeitnehmer und damit insolvenzgeldberechtigt sind auch Auszubildende (vgl. § 7 Abs. 2 SGB IV). Als Arbeitnehmer zu qualifizieren sind des Weiteren regelmäßig Fremdgeschäftsführer und Gesellschafter-Geschäftsführer, sofern sie weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine Sperrminorität verfügen (BSG v. 29.6.2000, ZInsO 2001, 372 ff.; BSG v. 4.7.2007, BeckRS 2007, 47856 m.w.N.). Dies gilt unabhängig von etwaigen Abreden über die Stimmverteilung, soweit diese außerhalb des Gesellschaftsvertrags zustande gekommen sind (BSG v. 14.3.208, NJW 2018, 2662).

2. Insolvenzereignisse

 

Rz. 15

Der Anspruch auf Insolvenzgeld setzt die Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers voraus, die sich in einem der drei in § 165 Abs. 1 S. 1 SGB III aufgelisteten Insolvenzereignisse manifestiert: (1) die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, (2) die Abweisung der Eröffnung mangels Masse oder (3) eine vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland.

 

Rz. 16

Die beiden erstgenannten Insolvenzereignisse werden seitens des Insolvenzgerichts festgestellt. Der Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gem. § 27 InsO wird nach § 30 InsO öffentlich bekannt gemacht (die Bekanntmachung erfolgt im Internet unter www.insolvenzbekanntmachungen.de). Der Abweisungsbeschluss i.S.d. § 26 InsO wird nach den Vorschriften der InsO dagegen nicht öffentlich bekannt gemacht. Zur Kompensation dieses Informationsdefizits der Arbeitnehmer ist der Arbeitgeber nach § 165 Abs. 5 SGB III verpflichtet, den Abweisungsbeschluss dem Betriebsrat oder, wenn ein Betriebsrat nicht besteht, den Arbeitnehmern unverzüglich bekannt zu geben (Gagel/Peters-Lange, § 165 SGB III Rn 135).

 

Rz. 17

Ist der Arbeitgeber ein ausländisches Unternehmen, setzt die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit (das dritte denkbare Insolvenzereignis, s.o.) im Inland eine Beendigung der Tätigkeit einer gewerblichen Zweigniederlassung in Deutschland voraus, die ein inländisches Insolvenzverfahren ermöglicht hätte (BSG v. 23.11.1981 – 10/8b RAr 8/80, ZIP 1982, 718 ff.; BSG ZInsO 2001, 818 ff.; Brand/Kühl, SGB III, § 165 Rn 27).

3. Arbeitgeber

 

Rz. 18

Arbeitgeber ist, wer die Arbeitsleistung eines Arbeitnehmers kraft Arbeitsvertrags fordern kann und diesem Arbeitsentgelt schuldet (BAG v. 25.4.2001 – 7 AZR 376/00, ZIP 2001, 1511, 1512). Dementsprechend ist bei einem Leiharbeitsverhältnis der Arbeitgeber der Verleiher. Auf die rechtliche Organisationsform kommt es nicht an. Arbeitgeber kann daher eine natürliche oder eine juristische Person sein (Küttner/Röller, Arbeitgeber Rn 4). Arbeitgeber ist jedoch stets der Rechtsträger selbst, auch bei einer Ein-Mann-GmbH (BSG v. 30.1.1990, NZA 1990, 950). Im Fall einer unselbstständigen Niederlassung hat deshalb der Rechtsträger die Arbeitgeberstellung inne.

4. Rückständiges Arbeitsentgelt

 

Rz. 19

Durch §§ 165 ff. SGB III gesichert werden rückständige Arbeitsentgeltansprüche für die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses, die vor dem Insolvenzereignis liegen, sog. Insolvenzgeldzeitraum (Brand/Kühl, § 165 Rn 31). Aus dem Wortlaut des § 165 SGB III folgt, dass nicht allein die letzten drei Monate unmittelbar vor dem Insolvenzereignis gesichert sind, sondern auch zeitlich weiter zurückliegende Arbeitsentgeltansprüche geschützt sein können. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor dem Insolvenzereignis umfasst der Schutz unerfüllte Arbeitsentgeltansprüche, die dem Zeitraum von drei Monaten gerechnet ab dem Ende des Arbeitsverhältnisses zugeordnet werden können. Mithin verschiebt sich der Insolvenzgeldzeitraum bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor dem Insolvenzereignis zeitlich nach vorne (Gagel/Peters-Lange, SGB III § 165 Rn 74). Entgeltansprüche, die dem Arbeitnehmer wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder für die Zeit nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zustehen, sind hingegen nicht vom Insolvenzgeldschutz umfasst (§ 184 Abs. 1 Nr. 1 SGB III).

5. Arbeitsentgelt

 

Rz. 20

Insolvenzgeld wird gem. § 165 Abs. 2 S. 1 SGB III für alle Ansprüche auf Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis gezahlt, die der Arbeitnehmer während des Insolvenzgeldzeitraums verdient hat und die vom Arbeitgeber noch nicht erfüll...

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