1. Ohne Verkehrsteilnahme
Rz. 38
Anders als bei harten Drogen (BayVGH zfs 2019, 596) kann aus der Tatsache, dass ein Fahrerlaubnisinhaber geringe Mengen von Drogen besessen (VGH München NZV 2017, 247) oder Haschisch konsumiert hat alleine noch nicht auf Eignungszweifel geschlossen werden. Es kommt vielmehr entscheidend darauf an, ob er zwischen Cannabiskonsum und dem Führen eines Fahrzeuges trennen kann. Zu entscheiden ist dies abhängig von der Häufigkeit des Konsums, wobei die Nr. 9. 2 der Anlage 4 der FeV zwischen einmaligem, gelegentlichem und regelmäßigem Konsum unterscheidet. Die Begriffe definiert sie allerdings ebenso wenig wie die Begutachtungsleitlinien (VKBl 2014, 132), auf denen die Anlage 4 maßgeblich beruht (BVerfG zfs 2014, 175).
Ein einmaliger Konsum ist nur der einmalige Probierkonsum, ein zweiter Konsum kann nur dann unter einmaligen Konsum subsummiert werden, wenn zwischen beiden ein sehr langes Zeitintervall liegt (OVG Sachsen-Anhalt, zfs 2013, 658; BVerwG zfs 2015, 173). Weitgehende Einigkeit besteht, dass bereits ein zweimaliger zeitnaher Konsum einen gelegentlichen Konsum darstellt (OVG Lüneburg zfs 2012, 473; VGH München DAR 2018, 160). Wie groß der zwischen zwei Konsumvorgängen liegende Zeitraum sein muss, damit nicht das Merkmal "gelegentlich" erfüllt ist, kann nicht systematisch bestimmt werden, sondern ist nach den Umständen des Einzelfalles zu entscheiden (VGH Bad.-Württ. zfs 2013, 240; BVerwG zfs 2015, 173); ein Jahr soll in der Regel jedenfalls hierfür ausreichen (OVG Sachsen-Anhalt zfs 2013, 658).
Bei einem täglichen oder nahezu täglichen Konsum ist dagegen das Merkmal der Regelmäßigkeit erfüllt.
2. Nachweis
Rz. 39
Der Verdacht kann sich u.a. auf die Angaben des Betroffenen selbst stützen, wobei zu beachten ist, dass im Gegensatz zum Strafrecht (BGH zfs 1992, 176) im Verwaltungsrecht für die ohne Belehrung gemachten Angaben des Betroffenen kein Verwertungsverbot besteht (Nds. OVG zfs 2001, 44).
Vor allem anwaltliche Vertreter müssen beachten, dass man nach herrschender Meinung (OVG Koblenz DAR 2011, 279; OVG Münster DAR 2012, 275; NZV 2018, 293; VGH München DAR 2018, 160) bereits bei Werten von 10 ng/ml im Serum solange von gelegentlichem Konsum ausgehen kann, wie der Betroffene nicht substantiiert und glaubhaft darlegt, dass er zum ersten Mal konsumiert hat.
Verschiedentlich wird auch aus dem im Blut nachgewiesenen THC-COH Wert auf gelegentlichen oder regelmäßigen Konsum geschlossen (OVG des Saarlandes, zfs 2003, 44; OVG Rheinland-Pfalz zfs 2010, 298; VGH München NZV 2017, 246), obwohl dies wissenschaftlich äußerst umstritten ist. Unzweifelhaft zulässig ist es jedoch aus den vorgefundenen THC-Werten Schlüsse zu ziehen (BVerwG zfs 2015, 173).
3. Rechtsfolgen
Rz. 40
Ein einmaliger Konsum berechtigt nicht bereits zu Eignungszweifeln (BVerfG zfs 2002, 454; NJW 2002, 2378).
Ein gelegentlicher, d.h. bereits ein zweimaliger Konsum erfüllt dagegen die Voraussetzungen der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 FeV und berechtigt im Hinblick auf die bestehenden Eignungszweifel die Anordnung einer MPU (VGH Bad.-Württ. zfs 2013, 655; OVG Hamburg zfs 2014, 655; VGH München DAR 2018, 160), während der regelmäßige Konsum die Fahreignung per se ausschließt (BVerwG zfs 2009, 354).
4. Teilnahme am Straßenverkehr unter Cannabiseinwirkung
Rz. 41
Dies setzt einen solchen Konsum voraus, dass es zu einer kumulierten Rauschwirkung kommen kann (VG Regensburg NZV 2018, 344).
Nachdem das BVerfG (zfs 2005, 149) eine relevante Wirkung jedenfalls bei unter 1 ng/ml liegenden Werten verneint, sieht auch die verwaltungsrechtliche Rechtsprechung 1,0 ng/ml (BayVGH zfs 2016, 534; OVG Bremen zfs 2016, 598; OVG Rheinland-Pfalz zfs 2017, 480; OVG für das Land Schleswig zfs 2018, 658) als Grenze an und hält an ihr trotz der Empfehlung der Grenzwertkommission, den Wert auf 2 oder gar 3 ng/ml anzuheben, fest.
Achtung: Cannabis als Medikament
Rührt die im Blut vorhandene Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels her, liegt bereits keine Ordnungswidrigkeit vor (§ 24a Abs. 2 S. 3 StVG [s. auch § 37 Rdn 170]), so dass ein solcher Konsum Eignungszweifel nicht begründen kann.
Anders ist dies allerdings, wenn die Droge nicht wie rezeptiert konsumiert wird (BayVGH zfs 2019, 415; zfs 2019, 597) oder wenn gleichzeitig auch illegal besorgte Drogen konsumiert werden (VGH Mannheim NZV 2017, 291); darauf, ob diese ärztlich verordnet worden sind, kommt es dann nicht an (VG Düsseldorf Beck RS 2018, 24060).
Achtung: Änderung der Rechtsprechung
Selbst bei einem erstmaligen Verstoß gegen das Trennungsgebot ist die frühere Rechtsprechung (OVG Weimar DAR 2012, 719; VGH Bad.-Württ. zfs 2013, 240) und auch des BVerwG (Urt. v. 23.10.2014 – 3 C 2.10) von erwiesener Ungeeignetheit ausgegangen, mit der Konsequenz, dass die FE ohne Weiteres zwingend zu entziehen war.
Das Bundesverwaltungsgericht hat sich jetzt allerdings der bisher alleine vom VGH München (zfs 2017, 413) vertretenen Gegenmeinung angeschlossen und entschieden, dass ein einmaliger Verstoß gegen das Trennungsgebot – selbst bei nachgewiesenem gele...