Rz. 7

Besteht mit dem Ansässigkeitsstaat des Einpendlers ein DBA, das eine sog. Grenzgängerregelung enthält, geht dieses DBA als völkerrechtlicher Vertrag gem. § 2 AO dem innerstaatlichen Steuerrecht vor. Die Regelungen des §§ 1a, 1 Abs. 3 EStG sind dann grds. subsidiär. Deutschland hat zurzeit mit folgenden Staaten Grenzgängerregelungen vereinbart: Frankreich (Art. 13 Abs. 5 DBA F), Österreich (Art. 15 Abs. 6 DBA A) und Schweiz (Art. 15a DBA CH). Besonderheiten bei Grenzpendlern nach Luxemburg sind in der Verständigungsvereinbarung vom 26.5.2011 (KonsVerLUXV vom 9.7.2012, BGBl I, 484) geregelt. Nach der Abschaffung der früheren Grenzgängerregelung mit Belgien hat der Arbeitgeber in Deutschland für den aus Belgien einpendelnden Arbeitnehmer die Lohnsteuer und den Solidaritätszuschlag einzubehalten und an das zuständige Finanzamt abzuführen. Entsprechendes gilt bereits für die Jahre vor 2004, wenn die Voraussetzungen für die Anwendung der Grenzgängerregelung nicht vorliegen, z.B. weil der Arbeitsort außerhalb der deutschen Grenzzone liegt. Zur Vermeidung einer doppelten Besteuerung wird der in Deutschland steuerpflichtige Arbeitslohn von der belgischen ESt freigestellt. Allerdings dürfen ab 2004 nach Inkrafttreten des Zusatzabkommens die freigestellten Lohneinkünfte bei der Festsetzung der von den belgischen Gemeinden und Agglomerationen erhobenen Zusatzsteuer zur ESt der natürlichen Personen berücksichtigt werden. Zum Ausgleich dieser belgischen Gemeindesteuer wird die deutsche Lohn- bzw. ESt pauschal um 8 % der auf diese Arbeitseinkünfte entfallenden deutschen Steuer gemindert (dies gilt nicht für Geschäftsführer einer deutschen Kapitalgesellschaft). Stellt der Steuerpflichtige allerdings bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 EStG den entsprechenden Antrag auf Besteuerung im Tätigkeitsstaat, gehen die für den Steuerpflichtigen unter Umständen günstigeren Regelungen der §§ 1 Abs. 3, 1a EStG den DBA-Regelungen vor.

a) Grundsatz

 

Rz. 8

Die in den DBA enthaltenen Grenzgängerregelungen durchbrechen das gem. Art. 15 OECD-MA grds. geltende Arbeitsortprinzip und sprechen das Besteuerungsrecht in Bezug auf die Einkünfte der Grenzgänger dem Wohnsitzstaat zu. Dies gilt unabhängig von der Dauer der Tätigkeit. Die Einpendler aus dem Ausland unterliegen demnach im Inland grds. nicht der Besteuerung. I.R.d. DBA-Schweiz (Einzelheiten vgl. Einführungsschreiben des BMF-Schreibens v. 19.9.1994, BStBl I 1994, 683, BMF v. 20.10.2006 – IV B5, 1301 CHE-55/06; Geiger/Hartmann/Alscher, IStR 1994, 9 ff., 62 ff.; Miessl, ISTR 2005, 477 ff.) besteht die Besonderheit, dass nach Art. 15a Abs. 1 S. 2 DBA CH auch der Tätigkeitsstaat eine Quellensteuer i.H.v. bis zu 4,5 % des Bruttobetrages der Vergütungen erheben darf.

 

Rz. 9

Um einen Lohnsteuerabzug im Inland zu vermeiden, muss bei dem inländischen Betriebsstättenfinanzamt eine Freistellungsbescheinigung beantragt werden. Gem. § 39b Abs. 6 EStG i.V.m. R 39b.10 LStR ist die Freistellungsbescheinigung von dem Arbeitgeber als Beleg dem Lohnkonto beizufügen. Bei Einpendlern aus der Schweiz ist zu beachten, dass der Arbeitgeber die schweizerische Ansässigkeitsbestätigung des schweizerischen Wohnsitzfinanzamtes dem Lohnkonto beifügen und den einbehaltenen Betrag der abzuziehenden Steuern i.H.v. 4,5 % des Bruttobetrages der Vergütungen dem Arbeitnehmer bestätigen muss. Ansonsten erfolgt der Lohnsteuerabzug nach § 39d EStG.

b) Begriff des Grenzgängers

 

Rz. 10

Grenzgänger i.S.d. von Deutschland abgeschlossenen DBA sind grds. solche Steuerpflichtige, die

in einem Vertragsstaat ansässig sind und in der Nähe der Grenze wohnen,
ihre Tätigkeit in dem anderen Vertragsstaat ausüben, und zwar in der Nähe der Grenze, und daher
die Grenze regelmäßig überqueren und
Einkünfte aus nicht selbstständiger Tätigkeit erzielen.

aa) Wohnort in der Nähe der Grenze

 

Rz. 11

Der Arbeitnehmer muss grds. in der Nähe der Grenze ansässig sein. Der Wohnsitz des Arbeitnehmers muss sich daher in einem Gebiet befinden, das durch die Grenze einerseits und eine in bestimmtem Abstand dazu verlaufende Linie andererseits begrenzt wird (Grenzzone; vgl. Becker/Höppner/Grotherr/Kroppen/Vogelsang, DBA, Art. 15, OECD-MA, Rn 284).

 

Rz. 12

Im Verhältnis zu Österreich ist eine Grenzzone von 30 km festgelegt (BMF-Schreiben v. 30.1.1987, BStBl I 1987, 191). I.R.d. DBA-Frankreich besteht die Besonderheit, dass die Grenzzone je nach Ansässigkeit des Arbeitnehmers in Frankreich oder Deutschland unterschiedlich festgelegt wird. Für die französische Seite wurde die grds. auf eine Breite von 30 km zu beiden Seiten der Staatsgrenze festgelegte Grenzzone auf bis zu höchstens 30 km von der Grenze entfernt liegende Grenzdepartements nachträglich erweitert (BMF-Schreiben v. 11.6.1996, BStBl I 1996, 645). Aufgrund der Neufassung des DBA-Schweiz und der damit geltenden Regelung der Grenzpendlerbesteuerung hängt die Grenzgängereigenschaft nicht mehr davon ab, dass der Arbeitnehmer innerhalb einer Grenzzone (ehemals 30 km beiderseits der Grenze) ansässig ist. Angesichts der fortschreitenden Mobilität der Arbeitnehmer ist be...

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