Dr. Mario Nöll, Gabriela Hack
Rz. 102
Zu den unbeweglichen Gegenständen, die in § 49 InsO definiert sind, gehören neben Immobilien auch eingetragene Schiffe und Luftfahrzeuge. Auch Bruchteilseigentum an einem solchen Gegenstand gehört dazu.
Gemäß § 165 InsO kann der Insolvenzverwalter beim zuständigen Gericht die Zwangsversteigerung oder die Zwangsverwaltung eines unbeweglichen Gegenstands der Insolvenzmasse betreiben, auch wenn an dem Gegenstand ein Absonderungsrecht besteht. § 165 InsO gestattet dem Verwalter, massezugehöriges Immobilienvermögen nach Maßgabe des ZVG zwangsversteigern oder zwangsverwalten zu lassen, und zwar unabhängig davon, ob die betreffende Immobilie lastenfrei ist oder nicht. Die nähere Ausgestaltung des Verfahrens ist in §§ 30d–30f ZVG geregelt.
Rz. 103
Eine vorinsolvenzlich zwischen Schuldner und Grundpfandgläubiger getroffene vollstreckungsbeschränkende Vereinbarung hat keine Bindungswirkung für den Insolvenzverwalter, und zwar auch dann nicht, wenn das Grundstück zugunsten dieses Gläubigers wertausschöpfend belastet ist.
Rz. 104
Fällt nur ein Miteigentumsanteil in die Insolvenzmasse, kann der Insolvenzverwalter aus seinem Verwertungsrecht nach § 165 InsO nicht die Zwangsversteigerung des gesamten Grundstücks betreiben, sondern nur die Versteigerung des Miteigentumsanteils. In diesem Zusammenhang ist § 84 Abs. 1 S. 1 InsO zu beachten, wonach die Teilung oder Auseinandersetzung einer Bruchteilsgemeinschaft nach §§ 741 ff. BGB außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgt.
Rz. 105
Ferner kann der Insolvenzverwalter in Ausübung des dem Schuldner zustehenden Anspruchs auf Aufhebung der Gemeinschaft nach § 749 Abs. 1 BGB gem. § 753 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 180 f. ZVG die Teilungsversteigerung durchführen.
Rz. 106
Alternativ zur Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung kann der Insolvenzverwalter massezugehörige Immobilien aber auch freihändig verkaufen. Sofern (partiell) unbelastetes Immobilienvermögen aus freier Hand verkauft werden soll, handelt es sich hierbei jedoch stets um eine besonders bedeutsame Rechtshandlung gem. § 160 Abs. 2 Nr. 1 InsO, zu deren Vornahme grundsätzlich die Zustimmung der Gläubigerversammlung einzuholen ist (näher Rdn 110 ff.). Die Zustimmung oder Versagungsentscheidung der Gläubigerversammlung hat keine konstitutive Wirkung, d.h. dass auch ein ohne die nach § 160 InsO erforderliche Zustimmung getätigtes Rechtsgeschäft zivilrechtlich wirksam ist, vgl. § 164 InsO.
Rz. 107
Soweit Immobilien mit Grundpfandrechten belastet sind, kommt eine Veräußerung i.d.R. nur mit Zustimmung der betreffenden Grundpfandgläubiger in Betracht, da potentielle Käufer zumeist nur an einem lastenfreien Erwerb interessiert sind. Übersteigt der voraussichtlich zu realisierende Wert der Immobilie die Valuten der auf ihr lastenden Grundpfandrechte, können diese im Zuge der Verwertung vollumfänglich aus dem Kaufpreis befriedigt und zur Löschung gebracht werden. In solchen Fällen sind die Grundpfandrechtsinhaber regelmäßig verpflichtet, einer freihändigen Verwertung zuzustimmen.
Rz. 108
Bei wertausschöpfender Belastung macht eine freihändige Verwertung durch den Insolvenzverwalter nur dann Sinn, wenn die beteiligten Gläubiger sich vorab bereit erklären, die Insolvenzmasse durch eine (geringe) prozentuale Beteiligung am Verwertungserlös zu beteiligen. Anderenfalls empfiehlt es sich, solche Gegenstände zur Vermeidung einer Belastung der Insolvenzmasse mit Grundsteuer und anderen Verwaltungskosten aus der Insolvenzmasse freizugeben. Grundpfandrechtsinhaber können keinesfalls zu einem freihändigen Verkauf unter prozentualer Verwertungskostenbeteiligung der Insolvenzmasse gezwungen werden.
Praxistipp
Da freihändige Veräußerungen i.d.R. höhere und vor allem schnellere Verwertungserlöse erwarten lassen als Zwangsversteigerungen, stehen die meisten Kreditinstitute solchen Freihandverkäufen unter Massekostenbeteiligungen aufgeschlossen gegenüber. Üblich sind prozentuale Beteiligungen zwischen 3 und 5 %, in Einzelfällen können diese auch darunter oder darüber liegen.
Rz. 109
Kommt es zwischen Insolvenzverwalter und Grundpfandgläubigern nicht zu einer Einigung über die Modalitäten einer abgestimmten freihändigen Verwertung, kann sowohl der Insolvenzverwalter als auch jeder Grundpfandgläubiger die Zwangsverwaltung oder Zwangsversteigerung nach dem ZVG beantragen. Letzterenfalls kann der Insolvenzverwalter gem. § 30d bzw. § 153b ZVG unter den dort genannten Voraussetzungen zum Schutz der Masse die Zwangsversteigerung einstweilen einstellen lassen, etwa um eine für die Masse nachteilige Verwertung zu verhindern oder den Gegenstand noch längere Zeit im Rahmen einer Betriebsfortführung nutzen zu können.
Rz. 110
Der freihändige Verkauf einer massezugehörigen Immobilie stellt i.d.R. eine besonders bedeutsame Rechtshandlung für das Insolvenzverfahren dar, für die der Insolvenzverwalter gem. § 160 Abs. 1 InsO die Zustimmung der Gläubigerversammlung einzuholen hat.
Nach § 160 Abs. 2 InsO ist die Zustimmung insbesondere erforderlich