Dr. Mario Nöll, Gabriela Hack
Rz. 123
Anders als im früheren Konkursrecht gehören zur Insolvenzmasse, die von dem Insolvenzverwalter zu verwerten ist, grundsätzlich auch Gegenstände, die mit Absonderungsrechten belastet sind. Die Verwertung von beweglichen Sachen und Forderungen, die mit Absonderungsrechten belastet sind, ist in §§ 166 ff. InsO ausführlich geregelt. Die Regelung des § 166 InsO, die im Antragsverfahren durch § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 InsO flankiert wird, soll ein frühzeitiges Auseinanderreißen funktionsfähiger betrieblich-organisatorischer Einheiten und die damit regelmäßig verbundene Wertevernichtung durch gesicherte Gläubiger verhindern. Unter Geltung der Konkursordnung haben die gesicherten Gläubiger nach Konkursantragstellung häufig die ihnen als Sicherheit dienenden Gegenständen von den Betriebsgeländen der Schuldner abgezogen, mit der Folge, dass eine geordnete Betriebsfortführung oder gar Sanierung anschließend oftmals nicht mehr möglich war. Diese "Zerschlagungsautomatik" ist durch die §§ 166 ff. InsO wirksam beendet worden.
Rz. 124
Zur abgesonderten Befriedigung aus unbeweglichem Vermögen berechtigen Grundschulden und Hypotheken, einschließlich Zwangssicherungshypotheken. Insoweit gilt § 49 InsO, der die Inhaber entsprechender Grundpfandrechte zur Realisierung der abgesonderten Befriedigung auf das ZVG verweist. Die betreffenden Grundpfandgläubiger können ungeachtet eines beantragten oder bereits eröffneten Insolvenzverfahrens die Zwangsverwaltung oder Zwangsversteigerung beantragen. In einem solchen Fall kann der Insolvenzverwalter nach § 30d ZVG die von einem Gläubiger betriebene Zwangsvollstreckung einstweilen einstellen lassen, wenn die fragliche Immobilie zur Betriebsfortführung oder zur Realisierung eines Insolvenzplans oder eines wirtschaftlich vorteilhafteren Verwertungskonzeptes des Insolvenzverwalters benötigt wird.
Rz. 125
Immobilien, die mit Absonderungsrechten belastet sind, lassen sich i.d.R. besser freihändig verwerten. Denkbar ist zum einen ein freihändiger Verkauf und zum anderen auch eine freihändige Vermietung. Für Letztere hat sich der Begriff der "kalten Zwangsverwaltung" eingebürgert.
Zur freihändigen Verwertung ist nur der Insolvenzverwalter berechtigt. Die gesicherten Gläubiger müssen einer freihändigen Verwertung zustimmen. In der Regel einigen sich Verwalter und Grundpfandgläubiger vorab über die Art und Weise und Konditionen sowie die Höhe eines angemessenen Erlösanteils für die freie Insolvenzmasse (sog. Verwertungskostenbeitrag oder Verwertungspauschale).
Rz. 126
Zur abgesonderten Befriedigung an sonstigem Vermögen berechtigen gem. §§ 50, 51 InsO gesetzliche oder vertragliche Pfandrechte sowie Pfändungspfandrechte, Sicherungseigentum, Sicherungszessionen, einschließlich der Rechte aus einem verlängerten oder erweiterten Eigentumsvorbehalt sowie Zurückbehaltungsrechte wegen getätigter Verwendungen oder solche nach dem HGB.
Rz. 127
Die Verwertung beweglicher Sachen, Forderungen und Rechte, die mit Absonderungsrechten der in §§ 50, 51 InsO genannten Arten belastet sind, richtet sich nach §§ 166–173 InsO. Danach ist grundsätzlich der Insolvenzverwalter zur Verwertung berechtigt, bei beweglichen Sachen allerdings nur, soweit er sich im Besitz der Gegenstände befindet.
Rz. 128
Ein besonderes gesetzliches Absonderungsrecht begründet § 110 VVG, soweit Haftpflichtversicherungsansprüche bestehen. Danach besteht zugunsten des Geschädigten ein Absonderungsrecht an dem Freistellungsanspruch des insolventen Versicherungsnehmers gegen die Versicherung. Handelt es sich um eine Pflichtversicherung, besteht gem. § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 VVG sogar ein Direktanspruch, den der Geschädigte selbstständig außerhalb des Insolvenzverfahrens gegen die Versicherung verfolgen kann. Auf Krankenversicherungen sind diese Vorschriften aber nicht anwendbar, da es sich hierbei nicht um Haftpflichtversicherungen handelt und § 110 VVG in der Verweisung nach § 194 VVG nicht enthalten ist.
Praxistipp
Im Normalfall, d.h. soweit der Schuldner/Erblasser zugleich persönlicher Schuldner der gesicherten Forderung ist und nicht ausnahmsweise als Drittsicherungsgeber fungiert, gilt für Absonderungsberechtigte § 52 InsO. Danach sind sie als Insolvenzgläubiger zur anteilsmäßigen Befriedigung, d.h. zur Teilnahme am Tabellenverfahren gem. §§ 174 ff. InsO, berechtigt, soweit sie auf abgesonderte Befriedigung verzichten oder bei ihr ausgefallen sind. Soweit absonderungsberechtigte Gläubiger ihre (gesicherten) Forderungen zur Insolvenztabelle anmelden, dürfen sie ihre Forderung daher nur "für den Ausfall" anmelden. Dementsprechend dürfen solche Forderungen im Prüftermin auch nur "für den Ausfall" festgestellt werden. Vor Verteilungen müssen die absonderungsberechtigten Insolvenzgläubiger dem Insolvenzverwalter dann nach Maßgabe des § 190 InsO innerhalb einer Ausschlussfrist von 14 Tagen ihren Ausfall nachweisen und die danach offene Restforderung konkret beziffern.
Rz. 129
Gemäß § 321 InsO gewähren Zwangssicherungshypotheken und Pfändungspfandr...