Prof. Dr. Christian Döring, Dr. Mario Leggio
Rz. 116
Mit den Produkthaftungsansprüchen wird Schadensersatz vom Verantwortlichen eingefordert. Bei Schadensersatzansprüchen ist grundsätzlich im Rahmen der Schadensberechnung zu prüfen, ob ein Abzug neu für alt in Betracht kommt. Der Geschädigte darf durch den Schadensausgleich keinen Vorteil erhalten. Abzüge neu für alt haben dann außer Betracht zu bleiben, wenn die zu ersetzende Maschine, die durch das Schadensereignis zerstört wurde, neu bzw. neuwertig war.
Rz. 117
Bei Schadensersatzansprüchen nach dem Produkthaftungsgesetz oder im Rahmen der Produkthaftung gem. § 823 BGB sind Sachschäden an der fehlerhaften Sache selbst nicht auszugleichen. Das Deliktsrecht schützt nur das Integritätsinteresse. Das Nutzungs- und Äquivalentsinteresse der schadensauslösenden mangelhaften Sache wird nicht geschützt. Ersetzt werden nur die Schäden, die aufgrund des mangelhaften Produktes an anderen Sachen als dem Produkt selbst herbeigeführt werden. Der nach § 1 Abs. 1 S. 2 Produkthaftungsgesetz in Betracht kommende Schadensausgleich verlangt das Vorliegen einer Privatnützigkeit. Das Kriterium der Privatnützigkeit kann Abgrenzungsschwierigkeiten hervorrufen. Vorliegend ist zu bedenken, dass die Alarmanlage in einem Musterhaus, das die Klägerin im Rahmen ihrer gewerblichen Tätigkeit genutzt hat, eingetreten ist. Das Produkthaftungsgesetz ist deshalb nicht einschlägig. Die vorliegenden Ansprüche sind daher auf § 823 BGB zu stützen, der nicht vollkommen deckungsgleich mit einer Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz ist. Im Unterschied zur Gefährdungshaftung nach dem Produkthaftungsgesetz setzt § 823 BGB ein Verschulden des Produzenten voraus. Demgemäß können über § 823 BGB mangels Verschulden auch keine Ansprüche wegen sog. Ausreißer, d.h. Produktionsfehler, die trotz aller zumutbaren Vorkehrungen unvermeidbar sind, im Unterschied zum Produkthaftungsgesetz nicht ersetzt werden. Die Haftung aus § 823 BGB konzentriert sich damit regelmäßig auf Organisations-, Konstruktions- sowie Fabrikationsfehler, auf Instruktionsfehler sowie auf ungenügende Produktbeobachtung.
Rz. 118
Bei der Anspruchsgrundlage aus Delikt gibt es keinerlei Höchstgrenzen, weshalb sich auch insofern der Anspruch aus § 823 BGB von § 10 des Produkthaftungsgesetzes unterscheidet. § 823 BGB erfasst auch eine Haftung für "weiterfressende" Mängel.
Rz. 119
Unter Beweislastgesichtspunkten ist zu berücksichtigen, dass im Produkthaftungsprozess der Kläger die Beweislast für das Vorliegen der Fehlerhaftigkeit des Produkts, den Schaden und der Ursächlichkeit des Fehlers für den Schadenseintritt trägt. Dies ist in § 1 Abs. 4 Produkthaftungsgesetz ausdrücklich beschrieben. Es greifen jedoch die Regeln des Anscheinsbeweises, die dann anzuwenden sind, wenn keinerlei Anhaltspunkte für eine nachträgliche Produktveränderung bestehen.
Rz. 120
Ist nachgewiesen, dass durch einen Produktfehler ein Schaden entstanden ist, so wird das objektiv pflichtwidrige Verhalten des Produzenten, deren Ursächlichkeit für den Fehler sowie das Verschulden des Produzenten vermutet. Es obliegt dann diesem, sich zu entlasten.