Prof. Dr. Christian Döring, Dr. Mario Leggio
Rz. 124
Vorliegend ergibt sich die Haftung der Beklagten aus der Verletzung ihrer Beratungspflichten aus einem selbstständigen Beratungsvertrag. Eine Haftung des Herstellers/Beraters ist dann gegeben, wenn er im Rahmen seiner Beratungsverpflichtung eine schuldhafte Pflichtverletzung begeht. Ein solcher Beratungsvertrag kommt nach einer Entscheidung des OLG Stuttgart bereits dann zu Stande, wenn der Bauherr an den Hersteller den Wunsch heranträgt, ein Produkt für eine bestimmte Baumaßnahme zu empfehlen. Das daraufhin vom Hersteller erarbeitete Leistungsverzeichnis wird i.d.R. vor dem Hintergrund eines mit Rechtsbindungswillen abgeschlossenen Beratungsvertrages gefertigt. Gerade das Fertigen eines Leistungsverzeichnisses dokumentiert, dass die Tätigkeit über die übliche Beratung eines Verkäufers hinsichtlich seines Produktes hinausgeht, weshalb ein selbstständiger Beratungsvertrag anzunehmen ist. Die Annahme eines derartigen Rechtsbindungswillen zum Eingehen von selbstständigen beratungsvertraglichen Pflichten entspricht regelmäßig auch den Interessenlagen der Parteien. Maßgeblich und entscheidend ist jedoch, dass diese aus dem Beratungsvertrag übernommenen Pflichten verletzt worden sein müssen. Hierbei ist zunächst die Auslegung des Beratungsvertrages nach §§ 133, 157 BGB von Bedeutung, um den Inhalt der Beratungspflichten herauszuarbeiten. Hierfür sind die Umstände des Einzelfalles maßgeblich als auch die Bewertung der Informationen, die der Hersteller zur Durchführung seiner Beratungstätigkeit vom Bauherrn erlangt.
Rz. 125
Im Beispielsfall hat der Systemberater nicht nur aufgrund einer Problemschilderung in seinem Verkaufsbüro das maßgebliche untaugliche Material empfohlen, sondern nach vorheriger Untersuchung des Einsatzortes, da aus dem Beratungsvertrag die Pflicht folgt, zu klären, ob das empfohlene Material für das konkrete Bauvorhaben geeignet ist.
Rz. 126
Da die Beratungsleistung regelmäßig unentgeltlich erbracht wird, ist sie auch nicht mit der Beratungstätigkeit eines Sonderfachmanns (Architekt, Ingenieur) vergleichbar. Er kann sich auf ihm erteilte Informationen verlassen und muss ohne Vorliegen von Anhaltspunkten keine eigenen Untersuchungen durchführen.
Rz. 127
Wenn aber – wie vorliegend – Untersuchungen des Einsatzortes vorgenommen werden, müssen die Untersuchungsergebnisse selbstverständlich bei der Materialwahl berücksichtigt werden.
Rz. 128
Darüber hinaus ist im Rahmen der Beraterhaftung bei der Beurteilung der Beraterpflichtigkeiten auch zu berücksichtigen, dass dieser regelmäßig nur ein mittelbares wirtschaftliches Interesse hat, da er zwar seine Produkte empfehlen kann, jedoch keinerlei Gewähr dafür gegeben ist, dass der Handwerker diese Produkte auch einsetzt.
Rz. 129
Auch dies ist im Musterfall von vornherein anders, da der Systemberater vom Handwerker um die Nennung eines konkreten, geeigneten Produktes gebeten wurde. Der daraufhin erteile Rat war falsch.
Rz. 130
Die Verjährung der Ansprüche aus Beraterhaftung folgt den allgemeinen Bestimmungen des Verjährungsrechts. So dass es für den Beginn der Verjährung auf die Entstehung des Anspruchs und Kenntnis von der Person des Schädigers ankommt.