Prof. Dr. Christian Döring, Dr. Mario Leggio
Rz. 33
Nach § 439 Abs. 1 BGB kann der Käufer nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen. Dieses dem Käufer zustehende Wahlrecht steht in seinem Belieben. Der Verkäufer kann der gewählten Art der Nacherfüllung vorbehaltlich einer Unmöglichkeit (§ 275 Abs. 1 BGB) lediglich seine Einreden aus § 439 Abs. 4 BGB sowie aus § 275 Abs. 2 und Abs. 3 BGB entgegenhalten.
Rz. 34
Das Wahlrecht selbst bzw. der ihm zugrunde liegende Nacherfüllungsanspruch ist in seiner Ausübung nicht fristgebunden. Es gelten lediglich die allgemeinen Verjährungsfristen des § 438 BGB. Die Ausübung des Wahlrechts geschieht durch empfangsbedürftige Willenserklärung, aus der für den Verkäufer zweifelsfrei die Wahl – mithin die vom Käufer begehrte Art der Nacherfüllung – erkennbar sein muss. Das gilt jedoch nur unter der Voraussetzung, dass der Käufer sich auf eine Art der Nacherfüllung festlegen möchte. Gezwungen ist er hierzu keineswegs, da es ihm freisteht, den Verkäufer im Zusammenhang mit einer Mängelrüge zur Mangelbeseitigung aufzufordern und daher dem Verkäufer die Wahl zwischen Nacherfüllung und Nachlieferung zu überlassen. Auch nach Ausübung durch den Käufer erlischt das Wahlrecht erst dann, wenn der Verkäufer die verlangte Nacherfüllung vorgenommen hat. Selbstverständlich können die Parteien nach bereits erfolgter Ausübung des Wahlrechts jederzeit einvernehmlich eine andere Form der Nacherfüllung vereinbaren.
Rz. 35
Die Nacherfüllung ist für den Käufer unentgeltlich. Alle erforderlichen Aufwendungen zur Nacherfüllung fallen dem Verkäufer zur Last (§ 439 Abs. 2 BGB). Hierzu gehören gem. § 439 Abs. 3 BGB in der seit dem 1.1.2018 geltenden Fassung auch die Kosten für den Aus- und Einbau bestimmungsgemäß eingebauter Bauteile (Parkett u.Ä.), und zwar unabhängig davon, ob der Käufer Verbraucher oder Unternehmer ist. Die mit dem BauVertrRRG eingeführten kaufvertraglichen Änderungen stellen damit in § 439 Abs. 3 BGB klar, dass der verschuldensunabhängige Nacherfüllungsanspruch für jeden Käufer auch die mangelbedingten Baukosten umfasst. Eine Verpflichtung zur Eigendurchführung besteht nicht, weshalb die zunächst durch Eigenleistung des Käufers verbauten Materialien nun durch einen Dritten aus- und wieder eingebaut werden können, was zudem bei Verbraucherverträgen gem. § 475 Abs. 4 BGB vorschussfähig ist. Der Verkäufer kann sich mit den Einreden des § 439 Abs. 4 BGB sowie des § 275 Abs. 2 und Abs. 3 verteidigen, also der Verweigerung der Nacherfüllung wegen unverhältnismäßig hoher Kosten oder einem unzumutbaren Aufwand oder wenn die Leistungen nach ihrer Art dem Schuldner unzumutbar ist.
Rz. 36
Daneben kommt Unmöglichkeit der Nacherfüllung nach § 275 Abs. 1 BGB in Betracht, die zur Folge hat, dass der Nacherfüllungsanspruch insgesamt ausgeschlossen ist. Bei der Unmöglichkeit ist auf eine objektive Unmöglichkeit abzustellen. Diese ist gegeben, wenn beide Arten der Nacherfüllung unmöglich sind, so etwa bei unbehebbaren Mängeln. Bei einem Gattungskauf ist die Ersatzlieferung erst dann unmöglich, wenn die gesamte Gattung untergegangen ist und nicht mehr hergestellt werden kann. Beim Stückkauf ist demgegenüber die Nachbesserung der Regelfall. Ist die Nachbesserung nur in einer bestimmten Weise möglich, sind anderslautende Angebote untauglich und können zurückgewiesen werden. Die Ersatzlieferung ist jedoch nicht von vornherein ausgeschlossen.
Besteht der Mangel in einem Identitätsaliud, so hat die Nacherfüllung regelmäßig durch Lieferung der richtigen Sache zu geschehen.
Rz. 37
Die Verweigerung der möglichen Nacherfüllung durch den Verkäufer erfolgt – ebenso wie die Ausübung des Wahlrechts durch den Käufer – durch empfangsbedürftige Willenserklärung; es handelt sich bei hierbei um eine Einrede. Als Gestaltungsrecht ist sie bedingungsfeindlich und nach Zugang unwiderruflich. Gefordert wird eine eindeutige und unmissverständliche Ablehnung, die in dem Bestreiten des Mangels liegen kann oder in der endgültigen Nacherfüllungsverweigerung. Das bloße Bestreiten eines Mangels jedoch reicht nicht, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass eine Fristsetzung eine Meinungsänderung herbeigeführt hätte. Die Variante der unverhältnismäßig hohen Kosten, die zur Verweigerung der Nacherfüllung berechtigen, ist dann gegeben, wenn der Nacherfüllungsaufwand in keinem Verhältnis zum Wert der Sache im mangelfreien Zustand steht. Hierfür sind der Mangel und seine Auswirkungen auf die Gebrauchsfähigkeit für den Käufer ebenso von Bedeutung wie die Nachteile des Käufers bei der anderen Art der Nacherfüllung. So kann ein erhebliches Interesse an einem sich optisch einfügenden Werk einen größeren Aufwand verhältnismäßig erscheinen lassen. Solche Nachteile bestehen regelmäßig nicht bei Ersatzlieferung einer neuen gleichwertigen und mangelfreien Sache. Nachteile des Käufers sind auch dann nicht gegeben, wenn durch das Nachliefern eines fehlenden geringfügigen Teils eines technischen...