Prof. Dr. Christian Döring, Dr. Mario Leggio
Rz. 58
Die Produkthaftung regelt die Verantwortlichkeit des Herstellers eines Produktes für Schäden, die durch die Benutzung desselben entstehen. Die Produkthaftung ist auf der Grundlage des Produkthaftungsgesetzes als Gefährdungshaftung geregelt. Umfasst werden Personen- und Sachschäden, die als Folge der bestimmungsgemäßen Benutzung dem Verbraucher oder sonstigen Personen außerhalb der Fehlerhaftigkeit des Produktes durch dieses entstehen. Das Produkthaftungsgesetz deckt damit im Unterschied zur vertraglichen Mängelhaftung das Einstehen des Herstellers für Gefahren, die aufgrund Fehler der Sicherheit des Produktes für Personen und Eigentum entstehen können. Geschützt wird somit das Integritätsinteresse. Die (eigenständige) Haftung des Herstellers nach dem Produkthaftungsgesetz, dort insbesondere § 1 Abs. 1 ProdHaftG, wird ergänzt durch eine Delikthaftung gem. § 823 Abs. 1 und Abs. 2 BGB. Diese Ansprüche nach dem Produkthaftungsgesetz und aus Delikt stehen, sofern der Hersteller des Produkts zugleich Verkäufer desselben ist, in echter Konkurrenz zu den vertraglichen Mängelansprüchen. Die Rechtsfolgen derartiger Ansprüche sind jedoch grundsätzlich unterschiedlich. Bei der Produkthaftung als auch bei der deliktischen Haftung wird das Integritätsinteresse des Benutzers sowie jedes Dritten darin geschützt, dass das Produkt so sicher- und risikolos für Leib, Leben, Gesundheit und Sachwerte genutzt werden kann, wie in allgemein berechtigter Weise erwartet werden kann. Demgegenüber schützen die vertraglichen Mängelansprüche das Nutzungs- und Äquivalenzinteresse des Vertragspartners dahingehend, dass der Vertragsgegenstand nicht mit Mängeln behaftet ist, die ihren Wert oder die vertraglich vorgesehene Gebrauchsfähigkeit beeinträchtigen.
I. Delikthaftung
Rz. 59
Wegen der Lieferung mangelhaften Baumaterials oder mangelhafter Bauelemente können dem Gewerkeunternehmer neben den kaufrechtlichen Mängelansprüchen auch deliktische Schadensersatzansprüche zustehen. Diese ein Verschulden erfordernden Ansprüche können sich gegen den Verkäufer, in Konkurrenz mit vertragsrechtlichen Ansprüchen, oder auch gegen Dritte, insoweit namentlich den Hersteller des Materials, richten.
Rz. 60
Derartige Ersatzansprüche stehen dem Gewerkeunternehmer dann zu, wenn eines der in § 823 Abs. 1 BGB erwähnten Rechtsgüter schuldhaft und widerrechtlich verletzt wurde. Für reine Vermögensschäden kann der Gewerkeunternehmer nach § 823 Abs. 1 BGB keinerlei deliktische Ansprüche geltend machen.
Rz. 61
Da auch das Eigentum in § 823 Abs. 1 BGB als geschütztes Rechtsgut erwähnt ist, ist erforderlich, dass durch den Gebrauch der Kaufsache vorher intaktes Eigentum beschädigt wurde. Die Lieferung mangelhaften Eigentums erfüllt somit den Tatbestand des § 823 Abs. 1 BGB nicht. In diesem Zusammenhang ist jedoch auf die Rechtsprechung des sogenannten "weiterfressenden Mangels" hinzuweisen. Mit dieser Rechtsprechung wurde aufgrund der nach alten Schuldrecht stark auseinanderfallenden Verjährungszeiten für deliktische und kaufvertragliche Ansprüche eine Eigentumsverletzung dann bejaht, wenn durch das Einfügen eines eigenständigen, jedoch defekten Bauteils der übrige ursprünglich mangelfreie Kaufgegenstand beschädigt wurde. Ob in Anbetracht der durch die Schuldrechtsreform erheblich verlängerten kaufvertraglichen Verjährungsfristen für dieses Rechtsinstitut des weiterfressenden Mangels noch Bedarf besteht, bleibt in Zukunft abzuwarten. Der BGH scheint hieran festhalten zu wollen.
Rz. 62
Im Regelfall wird der Gewerkeunternehmer Ansprüche gegen seinen Verkäufer aus § 823 Abs. 1 BGB geltend machen, wenn er etwa durch fehlerhafte Bauhilfsgeräte (Gerüste, Schalungen, Geräte u.Ä.) einen eigenen Schaden erleidet.
Rz. 63
Häufig wird jedoch solchen deliktischen Ansprüchen aus § 823 Abs. 1 BGB der Gewerkeunternehmer selbst ausgesetzt sein, weil durch den Einbau mangelhafter Baumaterialien der bereits errichtete und mangelfreie Teil des Bauwerks beschädigt oder unbrauchbar wurde, sodass deshalb dem Auftraggeber des Gewerkeunternehmers ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Eigentumsverletzung zusteht. Ausreichend ist insofern für die Rechtsverletzung bereits eine Beeinträchtigung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs der Sache. Nicht erforderlich ist ein Eingriff in die Sachsubstanz.
Rz. 64
Hinsichtlich des nach § 823 Abs. 1 BGB zu leistenden Schadensersatzes ist auf die §§ 249 ff. BGB zu verweisen. Auf der Grundlage dieser Bestimmungen kann der Geschädigte die Schadensbehebung selbst veranlassen und den hierfür erforderlichen Aufwand einfordern. Wenn es verschiedene Arten der Schadensbeseitigung gibt und eine einen geringeren Aufwand erfordert, ist jedoch der Geschädigte regelmäßig hierauf beschränkt.
Rz. 65
Deliktische Ansprüche des Endkunden sind nicht nur gegen den Gewerkeunternehmer möglich, sondern auch gege...