Rz. 7

Im Rahmen der kaufvertraglichen Pflichten ist nun von allen Gewerkeunternehmern/Käufern zu berücksichtigen, dass es sich bei ihren Kaufverträgen um Handelskäufe handelt. Waren vor Novellierung des § 1 Abs. 2 HGB a.F. im Jahr 1998 lediglich die im zweiten Absatz beschriebenen Tätigkeiten kaufmännische Tätigkeiten, nicht jedoch das klassische Bauhandwerk, so unterfallen seit der Gesetzesänderung auch Bauhandwerker dem kaufmännischen Handelsrecht, da § 1 Abs. 2 HGB jetzt auf das Unterhalten eines Gewerbebetriebes abhebt. Diese Voraussetzung ist regelmäßig auch bei kleineren Bauhandwerkern gegeben, sodass auch deren Beschaffungsverträge dem Handelskauf unterliegen.

 

Rz. 8

Wesentlich ist deshalb für die Unternehmer, dass sie die vom Lieferanten oder Hersteller erhaltene Ware nach Lieferung auf ihre Ordnungsgemäßheit hin zu überprüfen haben. Sie unterliegen der Rügepflicht gem. § 377 HGB, die auch für Neulieferungen im Falle der Nacherfüllung gilt.[9] Verstöße gegen die Rügepflicht können nach § 377 Abs. 1 oder Abs. 2 HGB zum Verlust der kaufvertraglichen Gewährleistungsansprüche führen. Sonstige Sanktionen – etwa Schadensersatzansprüche des Verkäufers – sind mit der unterbliebenen Untersuchung der Ware und/oder der Rüge von Mängeln jedoch selbst bei einem Verschulden des Käufers nicht verbunden; anders als es der Wortlaut von § 377 HGB in Abs. 1 (hat der Käufer […] zu untersuchen und […] unverzüglich Anzeige zu machen) und in Abs. 3 (muß […] gemacht werden) nahelegt, handelt es sich – vorbehaltlich einer anderslautenden (wirksamen) Vereinbarung zwischen den Parteien – gerade um keine echten (Rechts-)Pflichten des Käufers,[10] sondern um bloße Obliegenheiten. Die Überprüfungen sind, sofern die Ware in den Betrieb des Unternehmers geliefert wird, dort vorzunehmen. Wird die Ware bestimmungsgemäß auf die Baustelle geliefert, hat es vor Ort zu geschehen. Dies gilt auch für Sukzessivlieferungen mit zumindest stichprobenweiser Untersuchung jeder Lieferung.[11] Die Überprüfung hat gem. § 377 Abs. 1 HBG unverzüglich zu erfolgen.[12] Die erste Grobuntersuchung hat innerhalb Tagesfrist zu geschehen; für erforderliche Sonderuntersuchungen wird auf eine Frist von einer Woche abgestellt.[13] Die Überprüfungs- und Rügepflicht gilt nicht nur für so genannte "Palettenware". Sie betrifft beispielsweise auch Schuttgüter, Betonlieferungen u.Ä. Die Ordnungsgemäßheit der bestellten und gelieferten Ware ist dann im Regelfall durch Sichtkontrolle und anhand der Lieferpapiere zu überprüfen. Dies umfasst auch eine Überprüfung der Begleitpapiere auf Übereinstimmung mit DIN-Normen und ggf. erforderlich werdende Rückfragen.[14] Die Untersuchungspflicht entfällt nicht bei Vorlage von Bescheinigungen über die Kaufsache (Werkzeugnis) durch den Verkäufer.[15]

[9] Grüneberg/Weidenkaff, § 434 Rn 2; Klose, in: Motzke/Bauer/Seewald, § 9 Rn 33.
[10] MüKo-HGB/Grunewald, § 377 Rn 119.
[12] Instruktiv hierzu: OLG Düsseldorf v. 8.5.2015 – 22 U 11/15 – IBR 2015, 691.
[13] OLG Nürnberg v. 11.10.2005 – 9 U 804/05 – BauR 2007, 122; OLG Karlsruhe v. 2.9.2004 – 12 U 144/04 – BauR 2005, 109; Klose, in: Motzke/Bauer/Seewald, § 9 Rn 34.
[15] OLG Hamm v. 25.6.2010 – 19 U 154/09 – BauR 2011, 1013; zu weitgehend: OLG Naumburg v. 27.9.2013 – 10 U 9/13 – zur Vereinbarung von Untersuchungs- und Rügepflichten in AGB mit Verbrauchern IBR 2014, 271.

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