Rz. 1
Zum 1.8.2013 sind einige kostenrechtliche Änderungen im Bereich der Beratungshilfe erfolgt, insbesondere wurden die Festbeträge angehoben. Weitere verfahrensrechtliche Änderungen ergaben sich zum 1.1.2014 durch das Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts. Das Gesetz wurde am 6.9.2013 im Bundesgesetzblatt verkündet und ist zum 1.1.2014 in Kraft getreten. Etliche Änderungen wurde sodann zum 1.8.2021 vorgenommen, wobei es sich hier überwiegend um sprachliche Anpassungen handelt und der Begriff der Rechtssuchenden geschlechtsneutral aufgenommen wurde. Die sprachliche Anpassung kann man durchaus als missglückt bezeichnen, da beim Lesen der Vorschriften des BerHG permanent der Eindruck entsteht, es handele sich bei "den Rechtssuchenden" um eine Mehrzahl an Personen.
Rz. 2
Zum 1.1.2014 wurde – um die bestehende Rechtsunsicherheit zu vermeiden – in § 4 Abs. 1 RVG aufgenommen, dass auf einen Vergütungsanspruch verzichtet werden kann, wenn die Voraussetzungen für die Bewilligung der Beratungshilfe vorliegen. Da § 49b Abs. 1 BRAO ein Gebührenunterschreitungsverbot regelt, das Ausnahmen nur im Einzelfall am Ende des Mandats bzw. nach den in § 4 RVG geregelten Sonderfällen vorsieht, ist die klare gesetzliche Regelung grundsätzlich zu begrüßen. Gerade im Beratungsbereich sind die abrechenbaren Gebühren (i.d.R. 38,50 EUR) so niedrig, dass bereits die Aktenanlage mehr Kosten verschlingt, als die Sache einbringt.
Rz. 3
Ein Verzicht auf die Vergütung in solchen Fällen führt aber nicht dazu, dass auch auf etwaige Kostenerstattungsansprüche, die nach § 9 BerHG auf den Anwalt übergehen, verzichtet wird, vgl. dazu § 4 Abs. 1 S. 4 RVG.
Rz. 4
Schons kritisierte seinerzeit diese neue Regelung, weil nach seiner Ansicht der Gesetzgeber die staatliche Daseinsfürsorge (in Form der Gewährung von Beratungshilfe) auf die Anwaltschaft verlagert, indem der Anwalt Rechtssuchende unentgeltlich beraten solle. Es ist zudem davon auszugehen, dass Mandanten diese Regelung als Einladung zur kostenlosen Beratung auffassen werden.
Rz. 5
Praxistipp
Ein Verzicht ist nur zulässig, wenn die Voraussetzungen für die Beratungshilfe vorliegen. Anwälte müssen daher m.E. nicht befürchten, dass solche Mandate überhand nehmen. Das hat die Entwicklung in der Praxis auch nicht gezeigt. Der Auftraggeber ist verpflichtet, dem Anwalt gegenüber seine Leistungsunfähigkeit im Sinne des Beratungshilferechts darzulegen und glaubhaft zu machen. Liegen die Voraussetzungen erkennbar nicht vor, ist ein Verzicht nicht zulässig. Es empfiehlt sich daher, mittels entsprechenden Aktenvermerks festzuhalten, von welchen Einkünften/Vermögen man ausgegangen ist. Um eine Häufung der "kostenlosen" Mandate zu vermeiden, bietet sich auch an, eine entsprechende Selbstauskunft durch den Mandanten ausfüllen und unterschreiben zu lassen. Der Anwalt scheut i.d.R. den Aufwand, der Mandant jedoch noch mehr.
Rz. 6
In § 4a Abs. 1 S. 3 RVG ist im Übrigen geregelt, dass bei der Beurteilung, ob ein Erfolgshonorar zulässig ist, die Möglichkeit, Beratungs- oder Prozesskostenhilfe in Anspruch zu nehmen, außer Betracht bleibt.
Praxistipp
Ein Erfolgshonorar kann somit auch dann zulässig sein, wenn der Auftraggeber über genügend Mittel verfügt und somit nicht BerH- oder VKH-berechtigt wäre; seine vorhandenen Werte jedoch z.B. aus Gründen der notwendigen Altersvorsorge nicht antasten möchte.
Siehe hierzu auch § 3 Rdn 136.
Rz. 7
Geregelt ist zudem, dass ein beigeordneter Rechtsanwalt mit seinem PKH-Auftraggeber keine wirksame Vergütungsvereinbarung, die die gesetzliche Vergütung übersteigt, treffen kann; somit auch kein Erfolgshonorar, § 3a Abs. 4 S. 1 RVG, siehe dazu auch § 3 Rdn 105 ff. Allerdings ist der Auftraggeber auch nicht verpflichtet, einen PKH-Antrag zu stellen. Hier bietet es sich aus Nachweiszwecken (u.a. wg. § 16 Abs. 1 BORA) jedoch an, den ausdrücklichen Wunsch des Mandanten, PKH/VKH oder BerH nicht beantragen zu wollen, nochmals schriftlich zu bestätigen.