a) Bedeutung der Vollmachtsurkunde nach bisherigem Recht
Rz. 11
Enthält die Gemeinschaftsordnung keine der vorerwähnten Spezialregelungen, so gilt für die Teilnahme und für die Vertretung auf Eigentümerversammlungen das dispositive Gesetzesrecht der §§ 164 ff. BGB. Die Entsendung eines Vertreters ist somit jederzeit möglich. Nach dem dispositiven Gesetzesrecht bedarf die Erteilung einer Vollmacht grundsätzlich auch keiner Form. Praktische Probleme ergeben sich aber daraus, dass die Stimmabgabe nach wohl einhelliger Auffassung als einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung anzusehen ist. Folglich kann sie zurückgewiesen werden, wenn die Vollmacht nicht in schriftlicher Form vorliegt. Dies ist umso gravierender, als nach verbreiteter Auffassung jeder andere Versammlungsteilnehmer Empfänger der Stimmrechtsvollmacht sein soll und somit die Zurückweisung aussprechen kann. Dann ist nicht auf die materiell-rechtliche Wirksamkeit der Vollmacht sondern auf ihren Nachweis abzustellen: Dies bedeutet einerseits, dass die Stimmabgabe nach einer solchen Zurückweisung selbst dann unwirksam ist, wenn der Vertreter materiell-rechtlich bevollmächtigt war. Allein die Zurückweisung führt dazu, dass die Stimme nicht gezählt werden darf. Das materiell-rechtliche Bestehen der Vollmacht ist unerheblich.
b) Herabsetzung des Formerfordernisses
Rz. 12
Dieser misslichenNichtberücksichtigung einer kraft wirksamer Vollmacht abgegebenen Stimme will der Gesetzgeber durch Herabsetzung der Formerfordernisse entsprechend § 47 Abs. 3 GmbHG begegnen. Demnach bedürfen Vollmachten gemäß § 25 Abs. 3 WEG nur noch der Textform. Folglich genügt künftig die Übersendung einer E-Mail. Dies kann sogar zur Einholung eines Vollmachtsnachweises noch in der Versammlung führen, wenn der abwesende Wohnungseigentümer dem Verwalter etwa auf entsprechende Aufforderung eine Vollmacht per E-Mail bestätigt.
c) Formlose Vollmachtserteilung
Rz. 13
Ausdrücklich offen lässt der Gesetzgeber die Frage danach, ob eine noch nicht einmal der Textform genügende Vollmachtserteilung nur zurückgewiesen werden kann oder unwirksam ist. Vor dem Hintergrund der wohnungseigentumsrechtlichen Handhabung erscheint ersteres vorzugswürdig. Wenn man den Mangel der Schriftform nach altem Recht nur als Grund zur Zurückweisung ansah, dürfte bei Absenken der Formerfordernisse schwerlich anderes gelten.