Rz. 48
Für die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind nicht nur die Fristen des § 622 BGB zu beachten, sondern auch die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes.
Rz. 49
Kündigungsfristen
Nachdem früher für Arbeiter und Angestellte unterschiedliche Kündigungsfristen galten, war nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, das diese Ungleichbehandlung als verfassungswidrig angesehen hat, eine Neuregelung notwendig. Diese ist mit § 622 BGB erfolgt. Danach können Arbeitsverhältnisse grundsätzlich mit einer Frist von vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden, § 622 Abs. 1 BGB.
Diese Frist verlängert sich je nach der Länge der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers wie folgt:
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einen Monat zum Ende eines Kalendermonats, wenn das Arbeitsverhältnis zwei Jahre bestanden hat, |
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zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats, wenn das Arbeitsverhältnis fünf Jahre bestanden hat, |
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drei Monate zum Ende eines Kalendermonats, wenn das Arbeitsverhältnis acht Jahre bestanden hat, |
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vier Monate zum Ende eines Kalendermonats, wenn das Arbeitsverhältnis zehn Jahre bestanden hat, |
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fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats, wenn das Arbeitsverhältnis zwölf Jahre bestanden hat, |
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sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats, wenn das Arbeitsverhältnis 15 Jahre bestanden hat, |
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sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats, wenn das Arbeitsverhältnis 20 Jahre bestanden hat. |
Rz. 50
Bei der Berechnung der Betriebszugehörigkeit bleiben Zeiten, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahres des Arbeitnehmers liegen, unberücksichtigt. Diese Besonderheit stellt nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 19.1.2010 eine unzulässige Diskriminierung wegen Alters dar und darf daher nicht mehr angewendet werden.
Zukünftig müssen Arbeitgeber bei der Berechnung der gesetzlichen Kündigungsfristen alle Beschäftigungsjahre des Arbeitnehmers mitrechnen. Bei der Anwendung der vorgenannten Fristen muss unbedingt beachtet werden, dass Tarifverträge häufig andere Fristen vorsehen. Diese gehen den gesetzlichen Fristen vor (§ 622 Abs. 4 BGB).
Rz. 51
Kündigungsschutz
Neben den Fristen des § 622 BGB hat ein Arbeitgeber auch den Kündigungsschutz des Kündigungsschutzgesetzes zu beachten, sofern der Arbeitnehmer dem Betrieb seit mehr als sechs Monaten angehört hat (§ 1 Abs. 1 KSchG). Danach ist eine Kündigung sozial ungerechtfertigt und damit rechtsunwirksam, wenn sie nicht durch die Person oder das Verhalten des Arbeitnehmers oder durch dringende betriebliche Erfordernisse begründet ist (§ 1 Abs. 2 KSchG). An die Darlegung dieser Voraussetzungen, für die der Arbeitgeber beweisbelastet ist, werden schärfste Anforderungen gestellt.
Rz. 52
Hinzu kommt, dass selbst im Fall einer grundsätzlich begründeten betriebsbedingten Kündigung der Arbeitgeber die Auswahl der zu kündigenden Personen nach sozialen Gesichtspunkten zu treffen hat. Im Kündigungsschutzprozess hat er darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass er sich bei der Auswahl des oder der Gekündigten von diesen Gesichtspunkten hat leiten lassen.
Beispiel
A beschäftigt die Arbeitnehmer Y und Z. Bei Z handelt es sich um einen älteren Arbeitnehmer, der schon seit 25 Jahren für A arbeitet, der aber oft krank ist und insgesamt erkennen lässt, dass er zur Arbeit keine Lust mehr hat. Y ist jung, nie krank und begeistert bei der Arbeit.
Als die Aufträge zurückgehen, muss A einen der beiden zum Erhalt seines Betriebes entlassen.
Hier ist eine Kündigung gem. § 1 Abs. 2 KSchG zulässig, allerdings muss der Arbeitgeber gem. § 1 Abs. 3 KSchG eine soziale Auswahl treffen. Danach müsste er den Y entlassen. Zwar erbringt dieser die besseren Arbeitsleistungen, ihn zu behalten entspräche jedoch nicht der geforderten sozialen Auswahl, bei der die Betriebszugehörigkeit, das Alter und die Möglichkeit des entlassenen Arbeitnehmers, eine neue Arbeitsstelle zu finden zu berücksichtigen sind.
Eine Entlassung des Z könnte daher nur auf die in seiner Person selbst liegenden Gründe gestützt werden, wobei außerordentlich fraglich ist, ob diese Gründe hier ausreichen würden.
Rz. 53
Mit § 1a KSchG wurde zum 1.1.2004 dem Arbeitgeber erstmals die Möglichkeit eingeräumt, in einer betriebsbedingten Kündigung darauf hinzuweisen, dass der Arbeitnehmer auf eine Kündigung zugunsten einer Abfindung verzichten kann. Tut dies der Arbeitnehmer, kann er eine Abstandszahlung von 0,5 Monatsverdiensten pro Jahr beanspruchen, in dem das Arbeitsverhältnis bestanden hat.