Rz. 7
Da der Verkäufer gem. § 433 Abs. 1 S. 2 BGB zur mangelfreien Lieferung verpflichtet ist, ist jede mangelhafte Lieferung eine Pflichtverletzung. In § 437 BGB sind die Rechte und Ansprüche geregelt, die sich daraus für den Käufer ergeben.
Hat also der Verkäufer eine mangelhafte Sache geliefert, so gewährt § 439 Abs. 1 BGB dem Käufer das Recht, als Nacherfüllung "nach seiner Wahl" entweder die Beseitigung des Mangels oder aber die Lieferung einer mangelfreien Sache zu verlangen.
Der Nacherfüllungsanspruch besteht auch, wenn der Verkäufer den Mangel nicht verschuldet hat, da der Verkäufer immer mangelfrei liefern muss. Der Anspruch ist aber ausgeschlossen, wenn der Käufer bei Vertragsschluss den Mangel kannte oder hätte kennen müssen (§ 442 BGB).
Der Verkäufer muss alle Aufwendungen tragen, die bei der Nacherfüllung anfallen, z.B. Transport-, Arbeits- und Materialkosten (§ 439 Abs. 2 BGB). Das Wahlrecht des Käufers wird aber eingeschränkt, wenn durch die Nachbesserung bzw. Neulieferung unverhältnismäßige Kosten anfallen würden. In diesem Fall kann der Verkäufer die gewählte Art der Nacherfüllung verweigern (§ 439 Abs. 4 BGB). Ist der Mangel behebbar, kann der Käufer die Zahlung des Kaufpreises mit der Einrede des nichterfüllten Vertrages vollständig verweigern (§ 320 BGB). Wählt der Käufer Neulieferung, muss er dem Verkäufer ggf. für die Zeit, in der er die Ware benutzt hat, Wertersatz leisten (§ 439 Abs. 4 i.V.m. § 346 Abs. 2 BGB).
Rz. 8
Nach der – zum 1.1.2018 neu eingefügten – Regelung des § 439 Abs. 3 S. 1 BGB ist der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung zudem verpflichtet, dem Käufer die erforderlichen Aufwendungen für den Ausbau und den neuen Einbau zu erstatten. Das heißt, der Käufer muss den Aus- und Einbau selbst veranlassen, kann jedoch die Kosten danach vom Verkäufer erstattet verlangen. Dies gilt übrigens nicht nur bei einem Verbrauchsgüterkauf, sondern auch ein einem sonstigen Kauvertrag!
Beispiel
Kunde K will seine Eigentumswohnung renovieren und hierbei den Wohnzimmerbereich mit Terracotta-Fliesen auslegen lassen. Im Fliesengeschäft des V kauft K daher 80 qm Bodenfliesen. V lässt die Fliesen zur Baustelle des K liefern, wo sie vom Fliesenleger F verlegt werden. Nach ca. vier Monaten zeigen sich erhebliche Risse in fast allen Fliesen, die darauf zurückzuführen sind, dass die Fliesen vom Hersteller H nicht genug gebrannt worden waren. Die Risse waren vorher nicht erkennbar. Da die irreparablen Fliesen nur durch neue Fliesen ersetzt werden können, verlangt K von V, dass dieser die mangelhaften Fliesen entsorge, neue Fliesen liefere und diese auch verlege. V ist jedoch nicht bereit mit der Begründung, dieser Aufwand sei für ihn viel zu hoch.
Im vorliegenden Fall kann K im Rahmen seiner Nacherfüllung gem. §§ 437 Nr. 1 BGB, 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB die Nachlieferung neuer Fliesen verlangen. V ist zudem gem. § 439 Abs. 3 S. 1 BGB im Rahmen der Nacherfüllung verpflichtet, dem K die erforderlichen Aufwendungen für den Ausbau und neuen Einbau zu erstatten. Beim vorliegenden Verbrauchsgüterkauf (siehe Punkt 3: Sonderregelungen für den Verbrauchsgüterkauf) wird eine mögliche Einrede des V gem. § 475 Abs. 4 S. 1 BGB wegen unverhältnismäßig hoher Kosten ausgeschlossen. V kann allenfalls gem. § 475 Abs. 4 S. 2 BGB den Aufwendungsersatzanspruch des K auf einen angemessenen Betrag beschränken (d.h. die Nachlieferung muss er jedenfalls leisten).
Interessant ist, dass beim Verbrauchsgüterkauf der Käufer für seine gem. § 439 Abs. 3 BGB zu ersetzenden Aufwendungen für den Aus- und Einbau einen Kostenvorschuss verlangen kann, § 475 Abs. 6 BGB.
Rz. 9
Neben dem Nacherfüllungsanspruch hat der Käufer ggfs. ein Recht auf Ersatz des Schadens, der durch das mangelhafte Produkt verursacht wurde (Mangelfolgeschaden), sowie des Verzögerungsschadens, der durch die Verzögerung der mangelfreien Leistung entsteht (Bsp. Produktionsausfall), wenn dem Verkäufer ein Verschulden zugerechnet werden kann (§ 280 Abs. 1 S. 1 BGB).
Rz. 10
Der Nacherfüllungsanspruch ist das zentrale Gewährleistungsrecht des Käufers. Der Anspruch ist gegenüber den anderen Mängelrechten (mit Ausnahme des Schadenersatzes neben der Leistung) vorrangig. Denn die kann der Käufer im Normalfall erst geltend machen, wenn der Verkäufer auf eine angemessene Fristsetzung zur Nacherfüllung nicht reagiert hat (vgl. § 281 Abs. 1 und § 323 Abs. 1 BGB) bzw. zwei Nacherfüllungsansprüche fehlgeschlagen sind (vgl. § 440 BGB). Über diese Stufung der Gewährleistungsrechte hat der Verkäufer ein "Recht zur zweiten Andienung".
Aber: Die Setzung der Nachfrist kann nur entfallen, wenn
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die Nacherfüllung verweigert wird, |
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besondere Umstände vorliegen, |
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ein (relatives) Fixgeschäft vorliegt, |
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die Nacherfüllung fehlschlägt (zwei Versuche), |
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die Nacherfüllung nicht möglich ist oder nicht zumutbar ist (§ 440 i.V.m. § 281 Abs. 2 und § 323 Abs. 2 BGB). |
Rz. 11
Wählt der Käufer aus den in § 437 BGB genannten Gewährleistungsrechten den Rücktritt, muss er die empfangene Ware zurückgewähren (Holschuld ...