Dipl.-Kfm. Michael Scherer
Rz. 55
→ Dazu Aufgaben Gruppen 10 und 12
Grundsätzlich kann nach § 15 Abs. 2 RVG jede Gebühr in einer Angelegenheit nur einmal entstehen. Dies gilt natürlich auch für die Terminsgebühr. Trotzdem gibt es Fälle, in denen es unvermeidlich ist, zwei gleiche Gebühren zu berechnen, wenn diese Gebühren nach Wertteilen mit unterschiedlichen Gebührensätzen anfallen, wie dies in § 15 Abs. 3 RVG geregelt ist (vergleiche u. a. § 2 Rdn 135 f.).
Falls nun in einem Prozess in erster Instanz eine 1,2 Terminsgebühr nach einem Teil des Gegenstandswertes und eine 0,5 Terminsgebühr nach dem anderen Teil des Wertes zu berechnen sind, so ist eine Überprüfung nach § 15 Abs. 3 RVG unumgänglich. Dies wird im Prinzip genauso vorgenommen, wie es z. B. für die Verfahrensgebühr bereits in Rdn 27 f. aufgezeigt wurde.
Rz. 56
Das Entstehen einer 1,2 Terminsgebühr (Nr. 3104 VV RVG) und einer 0,5 Terminsgebühr (Nr. 3105 VV RVG) ist beispielsweise möglich, wenn in einer Klage zwei verschiedene Ansprüche eingeklagt worden sind und
▪ |
vor Erlass eines Versäumnisurteils nur über den einen Anspruch eine (außergerichtliche) Besprechung mit dem Ziel einer Einigung stattfindet und sodann über den anderen Anspruch ein Versäumnisurteil ergeht oder |
▪ |
wenn nach Erlass eines Versäumnisurteils Einspruch hinsichtlich nur eines der Ansprüche eingelegt wird. |
Beispiel:
RA Steinmetz reicht Klage wegen Schadenersatz in Höhe von 12.000,00 EUR und Schmerzensgeld in Höhe von 4.000,00 EUR ein. Nur wegen der Schadenersatzforderung findet eine außergerichtliche Besprechung mit der Gegenseite mit dem Ziel einer Einigung statt; zur Einigung kommt es nicht. Im ersten Termin vor dem Landgericht erscheint der Beklagte ohne RA, woraufhin auf Antrag von RA Steinmetz ein Versäumnisurteil ergeht. Da der Beklagte keinen Einspruch einlegt, wird das Versäumnisurteil rechtskräftig.
Zu vorstehendem Sachverhalt wird die folgende Vergütungsrechnung erstellt:
Gegenstandswert: 16.000,00 EUR / 12.000,00 EUR / 4.000,00 EUR
1,3 |
Verfahrensgebühr für den Prozess gem. §§ 2, 13 RVG, Nr. 3100 VV RVG (Wert: 16.000,00 EUR) |
|
933,40 EUR |
1,2 |
Terminsgebühr gem. §§ 2, 13 RVG, Nr. 3104 VV RVG (Wert: 12.000,00 EUR)* |
799,20 EUR |
|
0,5 |
Terminsgebühr gem. §§ 2, 13 RVG, Nrn. 3104, 3105 VV RVG (Wert: 4.000,00 EUR)** |
139,00 EUR |
|
|
|
938,20 EUR |
|
|
Gemäß § 15 Abs. 3 RVG darf höchstens eine 1,2 Terminsgebühr nach der Wertesumme von 16.000,00 EUR berechnet werden, das sind 861,60 EUR. Da diese Gebühr hier überschritten wird, sind als Terminsgebühren nur zulässig: |
|
861,60 EUR |
20 % |
Pauschale für Post- und Telekommunikationsentgelte gem. § 2 Abs. 2 S. 1 RVG, Nr. 7002 VV RVG |
|
20,00 EUR |
|
|
|
1.815,00 EUR |
19 % |
USt. gem. § 2 Abs. 2 S. 1 RVG, Nr. 7008 VV RVG |
|
384,85 EUR |
|
|
|
2.159,85 EUR |
* |
1,2 Terminsgebühr für außergerichtliche die Besprechung nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG. |
** |
0,5 Terminsgebühr für den Termin, in dem das Versäumnisurteil erging. |
Rz. 57
Weitere Fälle für das Entstehen einer 1,2 Terminsgebühr (Nr. 3104 VV RVG) und einer 0,5 Terminsgebühr (Nr. 3105 VV RVG) mit Prüfung nach § 15 Abs. 3 RVG könnten sein:
▪ |
Nach einem Termin wegen einer Klage über 8.000,00 EUR wird nach Klageerweiterung (2.000,00 EUR) im neuen Termin ein Versäumnisurteil erlassen; dann entsteht wegen der 8.000,00 EUR eine 1,2 Terminsgebühr (2 Termine) und wegen der 2.000,00 EUR lediglich eine 0,5 Terminsgebühr (nur ein Termin). |
▪ |
Im Termin wegen einer Klage über zwei Ansprüche (7.000,00 EUR und 3.000,00 EUR) hält das Gericht den Antrag hinsichtlich der 3.000,00 EUR zunächst nicht für schlüssig, lässt sich aber in einer Erörterung nur wegen der 3.000,00 EUR von der Schlüssigkeit überzeugen. Gegen den nicht erschienen Beklagten ergeht auf Antrag des RA des Klägers Versäumnisurteil über 10.000,00 EUR. Bezüglich der 7.000,00 EUR entsteht eine 0,5 Terminsgebühr und bezüglich der 3.000,00 EUR entsteht eine 1,2 Terminsgebühr, da hierfür nicht lediglich ein Antrag auf Versäumnisurteil gestellt wird, sondern erst eine Erörterung mit dem Gericht stattfand. |